Jüdischer Maler zu Gast Itzhak Shalhevet nimmt Abschied auf Raten

HILBRINGEN · Der jüdische Maler Itzhak Shalhevet erzählt aus seinem Leben, von der Kunst und dem Alter. Von seinen Freunden an der Saar verabschiedet er sich nun. „Das ist meine Finissage“ sagt er.

 Der jüdische Maler Itzhak Shalhevet (rechts) verabschiedet sich nach einem dreiwöchigen Besuch von seinem Gastgeber und Freund, CEB-Geschäftsführer Gisbert Eisenbarth.

Der jüdische Maler Itzhak Shalhevet (rechts) verabschiedet sich nach einem dreiwöchigen Besuch von seinem Gastgeber und Freund, CEB-Geschäftsführer Gisbert Eisenbarth.

Foto: Ruth Hien/CEB/Ruth Hien

„Sprechen kann ich viel, aber das ist nicht wichtig. Wenn ich mit meiner echten Sprache spreche, mit Linien und Flecken, das ist viel wichtiger“, sinniert Itzhak Shalhevet. Doch zum Malen ist der jüdische Künstler, 1933 in Israel geboren, dieses Mal nicht nach Merzig gekommen. Es heißt, wie schon im vergangenen Jahr, in Etappen Abschied zu nehmen. Von den Freunden bei der CEB, Familien und Gastgebern aus vielen Jahren, Malschülern und Malfreunden – auch von seinem kleinen Sommeratelier in der CEB Akademie in Hilbringen. Bereits bei seinem letzten Besuch hat Shalhevet begonnen, seine Arbeiten nach Hause, in die israelische Hafenstadt Haifa, zu bringen. „Es ist schwer, wenn man weiß, dass man alles zumacht. Das macht ein bisschen traurig, aber ist ein Muss“, sagt er, und weiter: „Das ist meine Finissage.“ In einem lichtdurchfluteten Raum in der CEB Akademie sortiert und verpackt er seine Arbeiten. Landschaften, Städte, Figuren und Akte. In den knapp 40 Jahren, die Shalhevet schon regelmäßig nach Merzig reist, haben sich einige Motive angesammelt.

1982 kam Shalhevet durch einen Lehreraustausch erstmals in die Kreisstadt. Er lehrte damals an der Wizo-College-Kunsthochschule in Haifa. Georg Hasenmüller, zu dieser Zeit pädagogischer Leiter der CEB, organisierte die Austauschprogramme zwischen Israel und dem Saarland. Dahinter stand unter anderem die Idee einer Versöhnung von Juden und Deutschen. Shalhevet blieb Merzig treu, schloss Freundschaften, leitete Malkurse.

„Ich bin in Merzig stets gut aufgenommen worden, habe viel Wertschätzung erfahren und viele Freunde kennengelernt. Das Saarland ist meine zweite Heimat geworden“, sagt er. Von hier aus organisierte er auch zahlreiche Ausstellungen in der Region und darüber hinaus. In Saarbrücken, Luxemburg, Berlin. 2008 im EU-Parlament in Brüssel. Die letzte aber vor fünf Jahren, anlässlich seines 80. Geburtstages, in der Merziger Stadthalle: „Itzhak Shalhevet – Ein Leben für die Malerei“.

Ausstellen will Shalhevet nicht mehr. Malen schon. „Ich male bis zu meinem Tod“, sagt er. Einen Moment lang verklären sich seine braunen Augen und er erzählt: „Ich hoffe, wenn ich sterbe, sterbe ich mit meinen Malsachen in der Hand und einer guten Musik im Ohr. Dann wird es ein schöner Tod.“ Doch bis dahin hat Shalhevet noch einiges vor. Zuhause habe er noch etwa 70 leere Leinwände, die er selbst gespannt und gerahmt hat. Erst, wenn er diese bemalt hat, kann er gehen, so sagt er.

Zuhause in Haifa lebt er alleine, kümmert sich selbst um alles. „Dreimal in der Woche gehe ich raus“, erzählt er. Das tue ihm gut, er richte sich her „und ich fühle mich nicht so wie ein ganz alter Mann.“ Einmal in der Woche gibt er noch Unterricht, einmal zeichnet er Akte und einmal geht er abends in seine Stammbar. Dort widmet er sich einer weiteren Leidenschaft, die sich in vielen seiner Bilder widerspiegelt: die Musik. Die wechselnden Bands und Formationen in der Bar spielen meist Jazz und Rock. Auch Klassik liebt Shalhevet. Und Tanz – Tango, Bauchtanz, Ballett und Modern Ballett. All die Eindrücke nimmt Shalhevet in sich auf – „und dann zeichne ich alles“.

Auf die Frage, ob er selbst ein Instrument zu spielen gelernt hat, lacht er und sagt: „Ich kann auf den Nerven spielen.“ Als er noch klein war, hätte er gerne Geige gelernt, aber dafür hatte seine Familie, mitten im Zweiten Weltkrieg, kein Geld. „Aber als Kind habe ich auf die Wände gemalt, überall.“ Und nun, nun sei er alt. „Ich hatte Angst davor, alt zu werden. Davor, dass ich dann nicht mehr malen kann“, verrät Shalhevet. Aber diese Angst habe sich nicht erfüllt. „Meine Finger laufen auf dem Papier für sich.“ Für seine Bilder benötige er viel weniger Zeit. „Ich bin jetzt konzentrierter. Und erfahrener.“

Wenn er so erzähle, habe er schon Sehnsucht nach seinem Arbeitszimmer. Weil er bei seinem Besuch hier nicht malen kann, sondern aufräumen und Abschied nehmen muss, wie Shalhevet es ausdrückt. „Ich kann nicht sein ohne zu zeichnen.“ Unterwegs habe er stets einen Block und einen kleinen Kasten mit Aquarellfarben und Pinseln dabei. „Ich will in das Weltmuseum sehen. Wissen Sie, was das Weltmuseum ist?“, sagt er und erklärt: „Das Museum ist auf der Straße. Der eine geht so, der andere geht so. Das interessiert mich.“ Manchmal fühle er sich wie ein Jäger, auf der Jagd nach Motiven.

 Bei einem Aufenthalt im Jahr 2003 besuchte Itzhak Shalhevet auch den SR auf dem Halberg, wo Live vor den Fernsehkameras das Bild rechts entstand.

Bei einem Aufenthalt im Jahr 2003 besuchte Itzhak Shalhevet auch den SR auf dem Halberg, wo Live vor den Fernsehkameras das Bild rechts entstand.

Foto: Reiner oettinger/Oettinger
 Israelischer Künstler malt im SR-Fernsehstudio   copyright by: Reiner Oettinger 66119 Saarbrücken, Rodenhoferdell 1 Tel. 0681/56259 Sparkasse Saarbrücken Kto.Nr. 681122 BLZ.     59050101

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Foto: Reiner oettinger/Oettinger

Und hier, inmitten seiner Trophäen, umgeben von Zeichnungen klassischer Konzerte, Straßenmusikern und Akten, blüht Shalhevet auf. „Diese drei Musiker, das war bei einem Konzert in der Alten Abtei in Mettlach“, zeigt er auf einem seiner Bilder und blättert weiter in einem der vielen Papierstapel. „Ein Konzert in Israel. Das hier waren Straßenmusiker in Berlin.“ Bei den meisten Bildern erinnere er sich an die Gegebenheiten. Die Stile wechseln wie die Motive, auf Tusche folgt ein farbenfrohes Aquarell. Darauf angesprochen zuckt er mit den Schultern und sagt: „Man kann nicht jeden Tag Kartoffeln essen.“

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