Italienische Gastarbeiter bringen Belebung für Dillingen

Merzig · Kein Thema bewegt in diesen Tagen die Gemüter im Land so sehr wie die durch die Flüchtlingskrise bedingte Masseneinwanderung nach Deutschland. In diesem Beitrag soll die Zuwanderung in die Merziger Region während der letzten 200 Jahre als eine Geschichte der auf vielfache Weise stattgefundenen Begegnung mit dem Fremden dargestellt werden.

 Dillingen um 1903 vom Heiligenberg aus gesehen. Foto: Archiv Dillinger Hütte

Dillingen um 1903 vom Heiligenberg aus gesehen. Foto: Archiv Dillinger Hütte

Foto: Archiv Dillinger Hütte

Die Merziger Zeitung berichtete am 6. Oktober 1903 über die benachbarte Hüttenstadt folgendes: "Dillingen einst und jetzt! Dieses tritt an keinem Orte an der Saar so grell zutage als gerade hier. Was war Dillingen vor noch nicht 10 Jahren? Ein kleines Dorf von 3000 Einwohnern mit 10 Schulklassen - und heute? Ein viele Städte übertreffender Ort mit schönen breiten Straßen, prächtigen Häusern und schönen Läden, in denen alles zu haben ist, wie in der Stadt. Und die Einwohnerzahl hat sich mehr als verdoppelt, da es gegenwärtig an 7500 Einwohner zählen dürfte. Diese auffallende Entwicklung und Belebung hat Dillingen neben dem guten Geschäftsgang der Hütte, die sich immer vergrößert und so immer mehr Arbeiter heranzieht, der ruhigen energischen und zielbewussten Arbeit des Bürgermeisters Schuh zu verdanken. Dillingen hat jetzt eine Apotheke, eine Höhere Schule und die Zahl der Volksschulklassen ist von 10 auf 16 gestiegen; Wasserleitung und elektrische Lichtanlagen wurden geschaffen und so manches andere gefördert und verbessert. Auch die beiden neuen Bahnen Dillingen-Primsweiler und Dillingen-Busendorf bringen dem Orte vielen Verkehr. Die Hütte baut gegenwärtig drei Hochöfen, zu denen später noch zwei hinzukommen, erweitert und vergrößert die anderen Fabrikanlagen. Eine neue Eisengießerei wird zwischen Dillingen und Pachten gebaut und die neuen Häuser steigen zu Dutzenden jährlich empor."

In dem vorstehenden Bericht ist die Rede davon, dass sich die Einwohnerzahl von Dillingen in den zurückliegenden 10 Jahren mehr als verdoppelt hatte. Dies war sicherlich nicht zuletzt auch auf den Zuzug von italienischen Arbeitskräften zurückzuführen, denn am 26. Januar 1908 berichtet die Merziger Zeitung folgendes aus Dillingen: "Die Italiener haben so zahlreich hier Arbeit gefunden, dass man ihrer jetzt an 2000 Mann zählt. Die meisten sind auf der Hütte beschäftigt. Teils in Schlafhäusern, teils in Mietwohnungen haben sie sich untergebracht und man muss gestehen, dass ihr Betragen wenig zu Beanstandungen Anlass gibt. Italienische Predigten in ihrer Landessprache sind eingerichtet. Viele Frauen und ganze Familien sind mit hierher gesiedelt."

Mit dem Bau der Eisenbahnlinien über die Alpen war eine wichtige Voraussetzung für die massenhafte Wanderung italienischer Arbeiter nach Deutschland geschaffen worden. Die Italiener reisten häufig im Familienverband oder in Gruppen zur Arbeit nach Deutschland. Das entsprach der langen Tradition, in geschlossenen Verbänden aus einem Dorf oder einem Tal auf Wanderschaft zu gehen.

Die italienischen Zuwanderer arbeiteten, trotz regionaler Schwerpunkte in Süd- und Westdeutschland, weit über Deutschland verstreut. < Wird fortgesetzt.

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