Senioren-WG Merzig An Heilig Abend gibt’s in der WG Würstchen

Merzig · Bei „Eigenständig Wohnen im Alter“ leben Senioren gemeinsam in Merzig in einer Wohngemeinschaft. Dort feiern sie auch Weihnachten.

 Die handgestrickte Krippe mit den aus Wolle gehäkelten Figuren ist ein echtes Highlight.

Die handgestrickte Krippe mit den aus Wolle gehäkelten Figuren ist ein echtes Highlight.

Foto: Ruppenthal

In der Küche der Wohngemeinschaft (WG) herrscht reger Betrieb. Die Einwohner der Senioren-WG „Eigenständig Wohnen im Alter“ (EWA, siehe Info) sind um einen großen Tisch versammelt. Sie helfen der Köchin Silvia Meiers bei der Zubereitung des Mittagessens. Sie schälen Kartoffeln, die wenig später in der Pfanne brutzeln – zusammen mit Lyoner. Dazu wird Salat serviert. Ein typischer Tag in der WG.

Etwas festlicher soll es an den jetzigen Feiertagen zugehen. Weihnachten wird in der WG groß gefeiert, wie Bänsch erzählt: „Normalerweise gibt es nur Wurst und Käse am Abend – an den Feiertagen wird aber etwas Besonderes geboten.“ So wird es laut EWA-Leiterin Maria Bänsch an Heiligabend auf Wunsch der Senioren Wiener Würstchen und Kartoffelsalat geben.

Am ersten Weihnachtstag stehen Königinnenpastete, Rindfleischsuppe und Salat auf dem Speiseplan. Für den zweiten Weihnachtstag ist laut Bänsch ein Wildmenü geplant. Die WG verbringt die Weihnachtsfeiertage wie eine echte Familie. Die Senioren machen sich gegenseitig Geschenke und werden auch von der WG-Leitung beschenkt – „so wie es sich gehört“, fügt Bänsch hinzu. Am ersten Weihnachtstag gehen die Bewohner zusammen in die Messe. Zudem werden die Senioren von ihren Angehörigen besucht und können beim Kaffeetrinken gemeinsame Zeit mit ihrer Familie verbringen.

Die Angehörigen haben dann die Gelegenheit, einen Blick auf die Krippe zu werfen. Josef Burkert hat zusammen mit anderen Bewohnern sowie der EWA-Leiterin Bänsch gemeinsam an dieser herumgewerkelt. Der 89-Jährige Burkert ist ebenso wie Maria Nilles ein Bewohner der ersten Stunde. Er ist das älteste Mitglied der Gemeinschaft. Als gelernter Schmied brachte er seine handwerklichen Kenntnisse in den Aufbau der Krippe ein. Die Figuren, die dort zu sehen sind, stellen ein echtes Highlight dar. Maria, Josef, das Jesuskind, die Heiligen Drei Könige, Schafe, Ochs und Esel – sie alle wurden von Burkerts mittlerweile verstorbener Schwester aus Wolle von Hand gehäkelt. Nilles ist begeistert: „Die Figuren sind wirklich super.“ Die WG beteiligte sich auch an der Aktion „Lebendiger Adventskalender“. In der Senioren-WG wird Selbstständigkeit bis ins hohe Alter großgeschrieben. EWA-Leiterin Maria Bänsch beschreibt das Konzept wie folgt: „Wir geben den Senioren das, was sie brauchen, aber nicht mehr. Ziel ist die Förderung der Selbständigkeit, solange es geht.“ So bereiten die zumeist aus dem Raum Merzig stammenden WG-Bewohner das Frühstück selbst vor und helfen auch bei der Zubereitung des Mittagessens.

Für Bänsch ist es wichtig, dass die Senioren die Möglichkeit haben, in Würde zu altern. Das Konzept kommt bei den Bewohnern gut an. Stellvertretend für alle betont Friedrich Albermann: „Hier habe ich Gesellschaft. Hier wird für mich gesorgt. Ich bin glücklich.“ Der 88 Jahre alte Albermann ist Mitte des vergangenen Jahres in die WG eingezogen und hat hier nach dem Tod seiner Ehefrau ein neues Zuhause gefunden und die Einsamkeit überwunden.

Das Projekt ist vor über einem Jahr gestartet. Bänsch ist sehr zufrieden mit dem bisher Erreichten. Alles sei „viel schöner als vorher erwartet“. In ihren Augen ist Einsamkeit das Schlimmste im Alter. Umso mehr freut sie sich über den Gemeinschaftsgeist: „Wir feiern viel, wir lachen viel – bei uns ist echt eine gute Stimmung!“ Der Standort in der Hochwaldstraße 52 erlaubt den Bewohnern die Teilnahme am sozialen Leben. So können sie ein Café besuchen, sich beim Frisör die Haare schneiden lassen oder einkaufen gehen. Bänsch betont: „Die zentrale Lage ist sehr wichtig.“ Außerdem verweist Bänsch auf den Preisfaktor: „Hier ist es nur halb so teuer wie in einem normalen Altenheim.“ Laut einer Studie des Verbandes der Privaten Krankenversicherung aus dem März 2018 kostet ein Platz in einem Pflegeheim im Schnitt etwa 1700 Euro pro Monat.

Bänsch ergänzt, dass es beim Projekt EWA menschlich und familiär zugehe. Das hat sich offenbar herumgesprochen, denn die drei neuen Plätze im Bereich des betreuten Wohnens waren Anfang Dezember rasch belegt. Das betreute Wohnen ist an die WG angegliedert. Zwei Plätze sind dort noch zu vergeben. Die WG selbst hat elf Plätze, die im Moment alle belegt sind. Zusätzlich lebt der Ehemann einer Bewohnerin in der WG. Potenzielle Neuzugänge müssen kommunikativ und umgänglich sein. Für Bänsch ist wichtig, dass die Senioren „kommen, solange sie noch am Leben teilnehmen können“.

In der WG können sich die Bewohner ihre Einzelzimmer selbst einrichten und ihren Hobbys nachgehen – so ist beispielsweise Friedrich Albermann ein leidenschaftlicher Fotograf. Er macht Bilder von Landschaften und Tieren, die er in seinem Appartement bearbeitet. EWA-Mitarbeiterin Andrea Grünewald lobt die Qualität seiner Fotos: „Er macht wunderbare Bilder. Da kann sich mancher eine Scheibe abschneiden.“ Und abends können es sich die Bewohner im Eingangsbereich in den Sesseln gemütlich machen und gemeinsam fernsehen.

Zu den Höhepunkten unter der Woche zählen die gemeinsamen Spielenachmittage. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich Würfelspiele wie „Mensch ärgere dich nicht“ – das Lieblingsspiel der Bewohnerin Maria Nilles. Mitbewohner Günter Lehnen ergänzt mit einem Augenzwinkern: „Ich wusste nicht, dass Mensch ärgere dich nicht so spannend sein kann.“ Der 79 Jahre alte Lehnen ist erst Ende Oktober eingezogen und somit noch ein „Frischling“ in der WG. Nilles hingegen ist von Anfang an dabei. Im April des vergangenen Jahres zählte die 85-Jährige zu den ersten Bewohnern. Vor kurzem hat sie Geburtstag gefeiert – natürlich in der WG. Bänsch betont, dass die Senioren gerne und viel feiern – schließlich lautet das Motto der WG „Gemeinsam statt einsam“. Insbesondere an den Weihnachtsfeiertagen steht das Gemeinschaftsgefühl im Mittelpunkt.

Informationen und die Möglichkeit zur Terminvereinbarung gibt es bei EWA-Leiterin Maria Bänsch unter Tel. (0 68 61) 99 26 32. Weitere Informationen gibt es auch im Internet.

 In der Senioren-WG „Eigenständig Wohnen im Alter“ (EWA) bleiben die Bewohner bis ins hohe Alter aktiv – hier schälen sie Kartoffeln für das Mittagessen.

In der Senioren-WG „Eigenständig Wohnen im Alter“ (EWA) bleiben die Bewohner bis ins hohe Alter aktiv – hier schälen sie Kartoffeln für das Mittagessen.

Foto: Ruppenthal
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