Hommage an die Musikszene im Kreis

Merzig · Wiedersehensfreude pur, Erinnerungsstücke von Fender bis Gibson und Musik: Riesen-Resonanz auf die Ausstellung „MZG rockt“ im Fellenberg-Museum, die noch viel zu bieten hat in den kommenden Wochen.

 Riesen-Andrang bei der Eröffnung der Ausstellung „MZG rockt“, die SZ-Redakteur Wolf Porz (2.v.l.) moderierte. Links Organisator Reinhold Busch. Foto: Rolf Ruppenthal

Riesen-Andrang bei der Eröffnung der Ausstellung „MZG rockt“, die SZ-Redakteur Wolf Porz (2.v.l.) moderierte. Links Organisator Reinhold Busch. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

"Weißt du noch, damals im Rosencafé?", sagt einer der Besucher der Ausstellung "MZG rockt" im Museum Schloss Fellenberg . Die Gäste fühlen sich 30 bis 50 Jahre in ihre Vergangenheit versetzt. Die Ausstellung, die am Sonntag eröffnet wurde, ist eine Hommage an die Musikszene im Kreis Merzig-Wadern, die sich in den 1950er und 1960er Jahren mit der ersten Welle britischer und amerikanischer Musik, der Beat-Musik, entwickelte.

Viele Musiker und Konzertgänger von damals haben sich mit der Zeit aus den Augen verloren und an diesem Abend zum ersten Mal seither wiedergesehen. "Kennste mich noch?", fragen einige. Andere fallen sich gleich um den Hals. "Die Ausstellung hat viele Menschen wieder zusammengebracht", sagt Reinhold Busch, Musiker und Organisator der Ausstellung. Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich bringt es auf den Punkt: "Es ist Museum mal anders." In der Tat: Hinter dem Eingang wird man von einer glitzernden Discokugel begrüßt. Eine Jukebox, bestückt mit den Beatles, Black Sabbath und ACDC steht darunter. Einen Raum weiter rocken die Musiker von BBWN. Die Gäste tanzen, klatschen und trinken Bier statt Wein - Partystimmung im Museum.

"Man hat damals mit der Musik ein Stück Protest zum Ausdruck gebracht", sagt Schlegel-Friedrich. Die Ausstellung zeige ein Stück Zeitgeschichte, das noch lebendig sei und habe deswegen viele Merziger angezogen: "Wir haben damit gerechnet, das viele kommen", betont Busch: "Aber dass es so viele werden, hat niemand geahnt."

Die Veranstaltung versprüht ein besonderes Flair von Nostalgie und lässt die Anwesenden in Erinnerungen schwelgen. Plakate mit Bands, die es im Kreis gegeben hat, hängen an den Wänden. The Hurricanes, Lovin' Sleepers, The Cool Cats sind nur einige der 80 Bands, die Busch ausfindig gemacht hat. Einige bestanden nur wenige Monate, andere blieben über Jahre zusammen, und wieder andere gibt es noch heute. Die Besucher entdecken sich oder Freunde und Verwandte auf den Bildern. Jörg Bühler zeigt auf ein Plakat der Phoenix Dance and Showband: "Das bin ich. Da war ich gerade 17", sagt der Altrocker. Angefangen hat alles damals im Alter von sieben Jahren mit einer Blockflöte. "Das war mir aber zu langweilig." Er wollte Gitarre spielen. "Erich Bickel und Reinhold Busch haben in meiner Nachbarschaft gewohnt und oft im Garten geprobt. Ich bin dann zu Hause ausgebüchst und hab' von der Hollywood-Schaukel aus zugeguckt. Den ersten Auftritt hatte ich dann im Gasthaus Wilhelm in Schwemlingen. Die Bühne war ein Billardtisch, Gitarre und Verstärker waren ausgeliehen.

Aber man konnte den Klassenkameradinnen schon imponieren", lacht Bühler. Teile seines Equipments aus der damaligen Zeit hat er dem Museum zur Verfügung gestellt: "Die Exponate sind Instrumente, die im Kreis gespielt wurden. Viele Musiker haben uns ihre Ausstattung zur Verfügung gestellt. Ohne deren Hilfe wär die Ausstellung so nicht möglich gewesen", erklärt Busch: "Wir haben damals versucht, nachzuahmen, was uns die großen Bands vorgelebt haben, und daher auch versucht, deren Equipment nachzukaufen." Deshalb findet man in der Sammlung einige Schätze wie einen 68er Fender-Jazzbass oder den Gibson Thunderbird. Auch Manfred "Manne" Meiers entdeckt sich auf Plakaten wieder: "Mit 14 bin ich in Wahlen zum Musikverein gegangen und hab' mich zum Schlagzeuger hochgearbeitet." Im Januar spielt er mit seiner Band The Silver auf der Abschlussveranstaltung von "MZG rockt". Yvonne Puppe aus Merzig hat sich spontan zum Museum aufgemacht: "Es ist irre interessant, und die Resonanz der Leute ist richtig gut. Man hat die Zeit damals zusammen erlebt, diesen Zusammenhalt spürt man jetzt."

Viele der Gäste haben 2011 bereits die Ausstellung "Saar Rock History" in Saarbrücken besucht und waren enttäuscht, sogar wütend darüber, dass das nördliche Saarland viel zu kurz kam. Deshalb ist die Begeisterung jetzt umso größer. "Damit hat auch alles angefangen", erklärt Busch. Zusammen mit Museumschefin Dr. Ingrid Jakobs war er sich damals einig: "Da geht mehr." Zwei Jahre hat er recherchiert, alte Kollegen aufgesucht und Bilder zusammengetragen: "Das war gar nicht so einfach. Damals hat man Fotos ja entwickelt und in Alben geklebt. Viele haben mir ganze Alben vorbeigebracht, ich musste die Bilder dann mühsam einscannen." Meistens sei es eine schöne Arbeit gewesen, erzählt er, weil er alte Kumpels wiedergetroffen habe. Aber es gab auch wenig erfreuliche Momente: "Ich bin erschrocken, weil einige der Kollegen schon gar nicht mehr leben."

"Die Rock-Musik ist erwachsen geworden", stellt Frank Jakobs fest, Vorstandschef der Sparkasse Merzig-Wadern, denn "die Rolling Stones bringen im 56. Jahr ihres Bestehens ein neues Album auf den Markt und Bob Dylan erhält den Literatur Nobelpreis." In alte Zeiten kann man sich noch bis 29. Januar im Schloss Fellenberg zurück versetzen lassen. Neben der Ausstellung stehen auch noch einige Konzerte und eine große Abschlussveranstaltung auf dem Programm.Was hat denn die Musikszene damals ausgemacht?

Busch: Damals war ja noch Nachkriegszeit. Man hat die Musik aus England oder Amerika im Radio gehört. "Mach die Negermusik aus", haben die Eltern dann gesagt. Für die Jugend war es das Nonplusultra. Es war alles Neuland. Es gab keine Noten, keine Texte. Wir haben uns das alles rausgehört und versucht nachzuspielen.

Wie hat die Musikkarriere bei Ihnen angefangen?

Busch: Ich hatte einen Gitarrenlehrer. Der wollte mit mir "Am Brunnen vor dem Tore" spielen. Dann hab ich geschmissen und gesagt: "Ich will Beat spielen."

Wo hat man denn Beat gespielt?

Busch: Geprobt haben wir, wo wir durften. Im Keller, im Wohnzimmer, eben da, wo es die Eltern erlaubt haben. Aufgetreten sind wir in Tanzlokalen, im Schweizer Hof in Brotdorf, im Rosencafé in Losheim, im Stadtrestaurant in Merzig , im Hof in Beckingen und so weiter. Viele hatten noch keinen Führerschein. Wir sind deswegen überall zu Fuß hin gelaufen. Aber es gab ja nichts anderes.

Wo kam die Inspiration her?

Busch: Man hat Radio auf Mittelwelle gehört. Es standen auch schon die ersten Fernseher in Schaufenstern. Dort hat man die ein oder andere Nachrichtensendung gesehen. Später kam die Beatle-Mania auf. Da wollte man einfach dabei sein. Dann wurden die Haare länger und der Ärger mit den Eltern größer. Viele der Freiheiten, die man heute hat, haben wir damals erkämpft.

Konnte man seine Vorbilder auch live miterleben?

Busch: Im Café Wilhelmshöhe in Trier sind manchmal englische Bands aufgetreten. Da sind wir Jugendlichen dann hingepilgert. Das war unser Mekka. Ich erinnere mich noch gut an Brian Diamonds & The Cutters. Ihren Hit "Big Bad Wolf" haben die damals gespielt.

Wollten Sie Profimusiker werden?

Busch: Man musste sich irgendwann entscheiden. Man stand ja noch unter dem Einfluss der Eltern , und die wollten natürlich, dass man was Anständiges lernt. Ich hab dann 1969 bei Ford angefangen. Aber die Musik zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben.

Gehen Sie irgendwann in Musiker-Rente?

 „Schaut her, das bin ich!“ – Jörn Bühler hat sich selbst auf einem alten Plakat entdeckt. Foto: Nina Drokur

„Schaut her, das bin ich!“ – Jörn Bühler hat sich selbst auf einem alten Plakat entdeckt. Foto: Nina Drokur

Foto: Nina Drokur
 Legenden im Schaukasten: Von Fender bis Gibson ist im Schloss Fellenberg alles zu sehen. Foto: Rolf Ruppenthal

Legenden im Schaukasten: Von Fender bis Gibson ist im Schloss Fellenberg alles zu sehen. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal
 Yvonne Puppe schwelgte, wie alle Besucher der Vernissage, in Erinnerungen. Foto: Drokur

Yvonne Puppe schwelgte, wie alle Besucher der Vernissage, in Erinnerungen. Foto: Drokur

Foto: Drokur
 Auch Frank Jakobs und Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich hatten ihren Spaß. Foto: rup

Auch Frank Jakobs und Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich hatten ihren Spaß. Foto: rup

Foto: rup

Busch: Ich kann es nicht lassen. Einfach auf der Bühne umfallen wäre ein schöner Tod. Ich mache so lange weiter, wie es geht.

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