„Größer ist nicht schlechter“

Merzig · Die Bistumssynode ist Ende April zu Ende gegangen, bis Ende des Jahres soll nun entschieden werden, wie ihre Beschlüsse umgesetzt werden können. SZ-Redaktionsmitglied Jasmin Kohl wollte von den zwei Dechanten im Kreis Merzig-Wadern wissen, wie sie die Beschlüsse einordnen und was sie für ihre Dekanate bedeuten. Im Teil 1 nimmt Hans-Jürgen Bier, Dechant des Dekanats Losheim-Wadern, dazu Stellung.

Aus rund 900 Pfarreien will das Bistum Trier 60 Großpfarreien machen. Wie beurteilen Sie diese Entscheidung?

Bier: Ich halte das für eine große Chance, in der den kleineren Pfarreien die Möglichkeit gegeben wird, all das in der bisherigen Einheit zu leben, was bei ihnen noch gelebt werden kann und in der größeren das leben zu können, was in der kleinen jetzt schon nicht mehr möglich ist. Beispiele dafür gibt es genügend: Ich denke da an Kirchenchöre, die in einem Ort alleine nicht mehr singen können, es aber mit anderen Chören aus mehreren Orten zusammen (noch) können.

Was bedeutet die Zusammenlegung für das Dekanat Losheim-Wadern, das derzeit 19 Pfarreien zählt, konkret?

Bier: Die noch bestehenden rund 900 Pfarreien sind ja jetzt schon zu circa 140 Pfarreiengemeinschaften zusammengefasst. In den funktionierenden Gemeinschaften haben sich die Menschen schon daran gewöhnt, dass größer nicht unbedingt schlechter heißt. Meines Erachtens haben Menschen die Befürchtung, dass die bestehenden Pfarreiengemeinschaften in einem unüberschaubaren und riesigen System aufgehen, dass in der jetzigen Form der Pfarrei aber nicht mehr alles Gewohnte machbar sein wird.

Die Synode versucht, diese Befürchtungen und Ängste zu nehmen, dadurch, dass die neuen Pfarreien auch Pfarreien eines ganz neuen Systems sein werden. Wie dieses aussehen wird, muss allerdings noch erarbeitet werden.

Weniger Pfarreien bedeuten auch längere Anfahrtswege zum Gottesdienst. Gerade im ländlich strukturierten Kreis Merzig-Wadern könnte das dazu führen, dass Personen ohne Auto nicht mehr zum Gottesdienst kommen können. Wie stehen Sie diesem Problem gegenüber?

Bier: Es ist ja nicht daran gedacht, in den einzelnen Orten keine Gottesdienste mehr zu feiern. Allerdings scheint mir in vielen Menschen nicht das Bewusstsein vorhanden zu sein, dass auch nicht-eucharistische Gottesdienste gültige Gottesdienste sind. Hier müssen auch katholische Christen umdenken lernen. Aber ich gebe zu, dass dies nicht einfach sein wird.

Was entgegnen Sie Gemeindemitgliedern, die fürchten, dass durch die Zusammenlegung der Einfluss der Kirche weiter sinkt?

Bier: Ich glaube, nicht die Größe oder die Lautstärke entscheidet darüber, ob die Kirche Einfluss hat oder nicht, sondern die Qualität dessen, was sie sagt und oder tut. Und die ist unabhängig von einer zahlenmäßigen Größe.

Im Übrigen leben wir ja längst in einer vielfältigen Gesellschaft und sind nur ein Anbieter neben vielen anderen Anbietern.

Die Synodalen haben beschlossen, den Ehrenamtlichen in der Kirche mehr Kompetenzen zu erteilen. Künftig könnten sie somit anstelle eines Pfarrers predigen und sogar Bestattungen vornehmen. Verliert damit die Rolle des Pfarrers nicht an Wert?

Bier: Ob ich Priester oder Pfarrer bin, entscheidet sich für mich nicht daran, ob ich predige oder beerdige, sondern daran, ob ich als Priester überzeugend meinen Glauben lebe oder nicht. Stärkung des Ehrenamtes bedeutet weiter, dass mein Berufsbild als Pfarrer sich dahingehend ändern wird, dass ich die Ehrenamtlichen mit meinem theologischen Fachwissen begleite und ihnen dadurch auch helfe, ihre eigene Berufung als getaufte und gefirmte Christen wahrzunehmen. Das halte ich für eine lohnende Aufgabe in der Kirche von heute.

Wie viele Ehrenamtliche engagieren sich derzeit im Dekanat Losheim-Wadern und wie nehmen diese ihre wachsenden Kompetenzen auf?

Bier: Ich staune immer wieder, wie viele Menschen bisher schon bereit sind, bestimmte Aufgaben zu übernehmen. Aber es fällt mir schwer, hier eine Zahl zu nennen. In jedem Fall aber sind es viel mehr als man ahnt. Ich denke hier an die vielen Katechetinnen und Katecheten, an die Besuchsdienste, an die Mitglieder in den Gremien der Gemeinden und so weiter. Bei bestimmten, klar überschaubaren und zeitlich umgrenzten Aufgaben haben wir ja in den letzten Jahren immer schon Männer und Frauen gehabt, die sich dafür engagiert haben und engagieren. Meine Antwort auch hier: Es gab immer schon viele und es wird sie auch weiter geben.

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