Merzig-Wadern Bäume sollen altern und absterben dürfen

Merzig-Wadern · Die Forstbetriebsgemein- schaft Saar-Hochwald lehnt es ab, in den von ihr betreuten Wäldern kranke oder abgestorbene Bäume zu fällen und zu entfernen.

  In vielen Wäldern gibt es kranke oder abgestorbene Bäume. Die FBG will sie sich selbst überlassen.

In vielen Wäldern gibt es kranke oder abgestorbene Bäume. Die FBG will sie sich selbst überlassen.

Foto: dpa/Matthias Bein

Die Forstbetriebsgemeinschaft Saar-Hochwald (FBG) macht darauf aufmerksam, dass so weit sie in den Privatwäldern mit Arbeiten beauftragt wird, aus Gründen des Biotop- und Artenschutzes kranke und abgestorbene Bäume überwiegend nicht mehr gefällt und entfernt werden. Das hat der FBG-Vorsitzende Klaus Borger mitgeteilt. „Diese Bäume dürfen altern, absterben, sich zersetzen und führen zu einer Verbesserung der ökologischen Qualität des Waldes.“ Deshalb bestehe immer die Gefahr, dass Äste oder Baumteile herabfallen oder auch ganze Bäume umfallen.

Eine Haftung wegen einer möglichen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bestehe nicht, da es sich bei einem natürlichen Absterben von Baumteilen oder ganzer Bäume um eine waldtypische Gefahr handele (siehe Info). „Dies trifft natürlich auch für die überall absterbenden Fichtenwälder zu“, sagt er. „Typische Gefahren des Waldes sind solche, die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben.“ Als Beispiele nennt er Fahrspuren in Wegen, Reisig im Bestand, Trockenzweige in Baumkronen, herabhängende Äste nach Schneebruch oder Sturmschäden.

Atypische Gefahren des Waldes sind nach seinen Worten immer dann anzunehmen, wenn der Waldbesitzer selbst oder ein Dritter Gefahrenquellen gezielt schafft. Ungeachtet dieser eindeutigen rechtlichen Regelung seien die Forstbetriebsgemeinschaft und ihre Mitgliedsbetriebe immer bemüht, den Spaziergängern einen sicheren, erholungs- und erlebnisreichen Waldbesuch zu ermöglichen.

„Immer wieder wird landauf, landab das Argument Verkehrssicherungspflicht bemüht, um die Fällung einzelner Bäume oder ganzer Waldbereiche zu rechtfertigen“, sagt Borger. Insbesondere durch die dramatischen Witterungsverläufe der vergangenen drei Jahre werde das Argument Verkehrssicherungspflicht bemüht, um abgestorbene Nadelbäume oder kränkelnde Buchen teilweise großflächig, abzuholzen. Beim genauen Hinschauen seien die meisten Maßnahmen aber nicht nur vermeidbar, sondern auch ökologisch und betriebswirtschaftlich völlig unsinnig. Paragraf 25 des Landeswaldgesetzes für das Saarland regele, dass das Betreten des Waldes zum Zweck der naturverträglichen Erholung jedermann gestattet sei und die Benutzung des Waldes auf eigene Gefahr erfolge. Besondere Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten seien nicht begründet.

Borger hält fest: „Das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2012 ist eindeutig. Jeder, der den Wald betritt, muss mit waldtypischen Gefahren rechnen und der Waldbesitzer haftet deshalb ausdrücklich nicht. Anders verhält es sich mit waldatypischen Gefährdungslagen, die durch den Waldbesitzer oder beauftragte Dritte geschaffen wurden oder werden.“ Die Tourismuszentrale des Saarlandes habe dieses richtungsweisende Urteil aufgegriffen und einen Leitfaden für Wegebetreiber und Kommunen erarbeitet, sagt der FBG-Chef.

Die FBG betrachtet laut Borger verschiedene Verlautbarungen und Aktionen von verantwortlicher Stelle mit Unverständnis und Sorge, wonach aus FBG-Sicht der Eindruck erweckt werde, Waldbesitzer würden durch Maßnahmen zur Verkehrssicherung Vollschutz garantieren. Dies ist nach Auffassung der FBG ein völlig falscher Ansatz. Der Waldbesucher soll sich sehr wohl im Klaren sein, dass er sich in der Natur bewegt und ein Waldbesuch natürlich auch waldtypische Gefahrenquellen berge. „Die Forstbetriebsgemeinschaft will, dass die Waldbesucher sich nicht nur in den Wäldern erholen, sondern diese auch mit Respekt und der gebotenen Aufmerksamkeit besuchen“, sagt Klaus Borger.

Deshalb würden zurzeit Informationen an prädestinierten Waldeingängen angebracht werden – mit dem Ziel, die Waldbesucher zu informieren „und für die natürlichen Abläufe in unseren Wäldern zu sensibilisieren“.

Dazu zählten auch natürliche Vorgänge wie das Absterben von Ästen oder ganzen Bäumen. „Was die Forstbetriebsgemeinschaft nicht macht, ist unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Verkehrssicherungspflicht Eingriffe in Waldbestände zu tätigen, die nicht nur vermeidbar, sondern auch ökologisch und betriebswirtschaftlich völlig unsinnig sind“, sagt Borger.

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