„Eine Bereicherung für das gesamte Team“

Merzig · Wo besser Deutsch lernen als auf der Arbeit? Das dachte sich auch der 25-jährige Hani Naser aus Eritrea. Drei Monate war er ein Teil des siebenköpfigen Teams der Werbeagentur Dekoba. Nicht nur Praxis, sondern auch Freunde gewann er in dieser Zeit hinzu.

 Hani Naser und Dekoba-Chef Konrad Bauer bei der Arbeit. Foto: Rolf Ruppenthal

Hani Naser und Dekoba-Chef Konrad Bauer bei der Arbeit. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Gemeinsam mit seinem Chef Konrad Bauer legt Hani Naser das Lineal an. "Er ist bei der Arbeit sehr genau", sagt Bauer und schmunzelt, als der 25-Jährige aus Eritrea das Lineal noch ein Stück nach oben verschiebt. Dann beginnt er, mit einer Art Teppichmesser, ein Werbeplakat auszuschneiden. Drei Monate gehörte diese Aufgabe - neben T-Shirts bedrucken, Schilder bekleben und bei der Montage zu helfen - zu Nasers alltäglichen Aufgaben in der Werbeagentur Dekoba in Merzig .

Unterwegs mit dem Block

Der Flüchtling sei als Praktikant ein fester Bestandteil des siebenköpfigen Teams der Agentur gewesen, sagt Bauer. "Ich wurde um Neujahr von einer Ehrenamtlerin gefragt, ob ich nicht ein Praktikum für einen Flüchtling anbieten könnte", erinnert er sich. "Wenn man irgendwie den Leuten helfen kann, warum nicht?" Anfangs sei es natürlich schwierig gewesen zu kommunizieren, aber man habe sich einfach mit Händen und Füßen unterhalten. "Hani spricht sehr gut englisch. Meine Englischkenntnisse sind dagegen leider kaum vorhanden", verrät Bauer. Aber Naser hätte schnell im Betrieb gelernt. In den ersten Tagen und Wochen sei er immer mit einem Schreibblock unterwegs gewesen und habe sich jedes Wort, das er nicht kannte, notiert. Jetzt gehören Begriffe wie Lineal, Besen und Hammer zu seinem festen Vokabular.

"Die sprachlichen Barrieren waren zwar schon ein kleines Hindernis, aber er war eine Bereicherung für das gesamte Team", erklärt Dekoba-Geschäftsführer Bauer. Er empfehle, auch anderen Betrieben, einen Flüchtling als Praktikanten einzustellen. "Hani wollte lernen und war neugierig, und das sind die meisten Flüchtlinge , die hier herkommen", sagt Bauer. So könnten Vorurteile abgebaut werden, erläutert er.

In Eritrea hat Naser über zehn Jahre als Schreiner gearbeitet. "Mein Onkel hat einen eigenen Betrieb, dort habe ich am Nachmittag nach dem Schulunterricht mitgeholfen", erzählt er. Bis zur zehnten Klasse besuchte er in Eritrea die Schule. Ein Zertifikat über seine schulische Laufbahn und seine Arbeit als Schreiner hat er nicht mit auf den fünfmonatigen Weg nach Deutschland genommen. Von Eritrea hat ihn seine Flucht über Äthiopien, Sudan, Libyen, Italien und Frankreich geführt, bis er Ende Juli 2014 nach Deutschland kam. 7000 Dollar habe ihn die Flucht gekostet. Geld, das ihm seine Eltern zur Verfügung gestellt hatten. "Sie wohnen jetzt in Saudi-Arabien und arbeiten, um mir und meinen Geschwistern, die Flucht zu ermöglichen", sagt Naser traurig. Er könne nur alle paar Wochen mit seiner Familie telefonieren. Auch Oma und Opa sind, erzählt der 25-Jährige, noch in Eritrea und bekommen finanzielle Unterstützung von Nasers Eltern.

Asylantrag genehmigt

"In Eritrea habe ich schon sieben Monate einen Deutschkurs besucht", erzählt Naser. Daher sei auch von Anfang an sein Ziel Deutschland gewesen. Das Praktikum bei der Werbeagentur Dekoba habe Naser als Chance gesehen. "Ich wollte Deutsch lernen, Deutsche kennenlernen und mit diesen kommunizieren", berichtet er. Vor etwa einem Monat hat der 25-Jährige endlich sein Asylantrag genehmigt bekommen. "Ich bin jetzt auf Wohnungs- und Arbeitssuche ", sagt Naser. Gerne würde er wieder in seinem alten Beruf als Schreiner arbeiten. Der Flüchtling will in Merzig bleiben, hier fühle er sich wohl. Derzeit besuche Naser auch einen Deutschsprachkurs in Brotdorf, der von Ehrenamtlern geleitet wird. "Ich habe hier schon einige Freunde gefunden", sagt Naser glücklich. Ab Oktober darf er an einem anerkannten Deutschkurs teilnehmen. Dann fehle nur noch, sagt der 25-Jährige, Arbeit und Wohnung.

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