Einander Stütze sein

Merzig · Wenn sich das Leben von heute auf morgen durch einen Schlaganfall, den Ausbruch einer schweren Krankheit, den Tod eines Angehörigen oder einen Unfall schlagartig verändert, sind Betroffene und Angehörige oftmals mit vielen Problemen konfrontiert. Ärzte, Therapeuten, Freunde und Familie können zwar helfen. Doch darüber hinaus können Selbsthilfe-Gruppen Menschen auffangen, Mut machen und durch Erfahrungen wichtige Tipps weitergeben. Die SZ stellt in den kommenden Wochen im Rahmen einer Serie stellvertretend einige Selbsthilfe-Gruppen im Landkreis vor.

 In der Gruppe sind die Frauen gegenseitig füreinander da, was für alle eine große Hilfe ist. Foto: Sylvie Rauch

In der Gruppe sind die Frauen gegenseitig füreinander da, was für alle eine große Hilfe ist. Foto: Sylvie Rauch

Foto: Sylvie Rauch

Die bisher in der SZ-Serie vorgestellten Selbsthilfegruppen sind Anlaufstelle für Menschen mit einem speziellen gesundheitlichen oder psychischen Problem. Doch darüber hinaus gibt es zahlreiche Gruppen, die sich mit sozialen Problemstellungen beschäftigen, sei es Trauer, Verlust oder schwere Lebenskrise.

In Merzig trifft sich regelmäßig eine solche Gruppe, in der sich russischsprachige Frauen gegenseitig unterstützen und helfen. Sie sind in der Mehrzahl über 60 Jahre, manche sind bereits über 70. Die meisten sind verwitwet. Schnell entsteht aus einer solchen Lebenslage eine Isolation oder es fällt schwer, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Fragt man in die Runde der etwa 13 teilnehmenden Frauen , welche Probleme sie haben, so antworten sie zwar offen, wollen aber eigentlich lieber über das reden, was positiv ist in ihrem Leben.

Doch ähnlich wie andere Menschen in derselben Situation haben auch diese Frauen beispielsweise gesundheitliche Probleme oder leiden unter Depressionen. Auch Gefühle von Angst und Unsicherheit kennen sie. Aber sie wollen gegen diese Dinge kämpfen und versuchen sich in der Gemeinschaft aufzubauen, zu trösten oder zu unterstützen. Eine der Teilnehmerinnen war beispielsweise länger im Krankenhaus und die übrigen Frauen waren in dieser Zeit abwechselnd für sie da. Nicht alleine oder einsam zuhause sitzen, das wünschen sie sich alle.

"Wir treffen hier offene Menschen mit ähnlichen Lebenssituationen, mit denen wir uns austauschen können. Wir besprechen unsere Probleme und stehen uns mit Rat und Tat zur Seite. Wir lassen uns gegenseitig nicht alleine, im Gegenteil, wir unternehmen sehr viel miteinander und haben jede Menge Spaß", sagen die Frauen . Denn eines wissen sie aus Erfahrung: "Wenn man immer nur alleine zuhause sitzt, kommt man schwerer mit der Situation oder Erkrankungen klar. Ohne die Gruppe fällt einem schnell die Decke daheim auf den Kopf."

Doch die Frauen besprechen nicht nur ihre Probleme und Sorgen während der Treffen. Sie tauschen sich aus über die Zeit in ihrer alten Heimat. Sie kommen alle aus verschiedenen Teilen der ehemaligen UdSSR, haben unterschiedliche Lebensläufe.

Doch eines verbindet sie: Sie alle wollen Neues sehen, Neues lernen und sich nicht alleine zuhause langweilen. Deshalb machen sie während der wöchentlichen Treffen auch Gymnastik, Entspannungsübungen, sie tanzen und überlegen, wo der nächste Ausflug mit der Gruppe hingehen soll. Sie waren schon mehrfach auf Tour: in Museen nach Saarbrücken, zur Springprozession nach Echternach in Luxemburg, zum Stadtbummel nach Trier. Auch in Merzig sind sie aktiv, besuchen Feste und Veranstaltungen.

Derzeit machen die Frauen einen mehrmonatigen Deutschkurs, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. "Wir wollen unseren kulturellen Horizont erweitern und gerne noch weitere Städte kennen lernen. Ein großer Traum von uns allen ist eine Fahrt nach Berlin", erzählt die Leiterin der Gruppe, Tatjana Stauber.

Alle Teilnehmerinnen sehen die Selbsthilfegruppe nicht nur als Möglichkeit der Problembewältigung oder des Austauschs. Sie hat darüber hinaus auch eine präventive Wirkung.

Dort wird gelacht, geredet und vor allem ist es ein guter Grund sich aufzurappeln und das Haus zu verlassen. "Für mich ist es manchmal so schwer rauszugehen. Aber wenn man weiß, dass jemand auf einen wartet, geht man leichter aus dem Haus. Ich bin wirklich sehr froh, dass es die Gruppe gibt", betont eine der Frauen .

< In der nächsten Folge geht es um die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe im Saarland.

Zum Thema:

Auf einen blickAnsprechpartnerin für die Selbsthilfegruppe "Zweiter Atem" für russischsprachige Frauen in Merzig ist Tatjana Stauber, Tel. (0 68 61) 82 64 01. Die Gruppe trifft sich jeden Montag von 15 bis 17 Uhr im Mehrgenerationenhaus des SOS-Kinderdorfs Saar Jung hilft Alt in Merzig . Wer Infos zu Selbsthilfe-Gruppen im Grünen Kreis sucht oder Unterstützung bei der Gründung neuer Gruppen braucht, kann sich an die Ehrenamtbörse des Kreises, Bahnhofstraße 44 in Merzig , Tel. (0 68 61) 8 02 65, E-Mail: ehrenamt@merzig-wadern.de oder an die Kontakt- und Infostelle für Selbsthilfe im Saarland, Futterstraße 27 in Saarbrücken, Tel. (06 81) 9 60 21 30, E-Mail: kontakt@selbsthilfe-saar.de. wenden. syr

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