Ein Sahnebaiser im Horrorladen

Merzig · Henriette Schreiner ist als Musicaldarstellerin und Choreografin viel beschäftigt und kommt nicht mehr allzu oft in die Nähe ihrer Heimatstadt Merzig. Ab Mitte Oktober steht sie jedoch in Kaiserslautern auf der Bühne. SZ-Redakteurin Margit Stark hat mit ihr gesprochen.

 Henriette Schreiner

Henriette Schreiner

Foto: Schreiner

Was war das schönste Erlebnis im Horrorladen?

Henriette Schreiner: Generell eines meiner Lieblingserlebnisse in einer neuen Produktion ist immer der erste Tag. Ein Team, das die nächsten Wochen miteinander verbringen wird, trifft aufeinander, einige kennen sich schon, wieder andere sehen sich zum ersten Mal. Die Energie, die dann im Raum liegt, die Vorfreude auf die Zusammenarbeit, die ersten Gespräche und die Spannung, lassen sich förmlich greifen.

Zum Beispiel?

Schreiner: In dem so genannten Konzeptionsgespräch sitzen dann alle, die an dem Stück beteiligt sind, in einem Raum. Das Creative Team präsentiert das jeweilige Konzept aus dem jeweiligen Bereich. Ein besonderer Moment ist für mich zum Beispiel immer das Lüften des Geheimnisses, wie das Bühnenbild und die Kostüme aussehen werden. Ein kleines Bühnenmodell - liebevoll gestaltet - wird erklärt, gezeigt, bestaunt, betrachtet. Die Pflanze fünf Zentimeter groß, der Sessel zwei? Herrlich!

Und die Kostüme?

Schreiner: Auch auf die Kostüme bin ich immer sehr gespannt. Was hat man sich ausgedacht, wie wird der Style sein, ist es in etwa so, wie ich es mir ausgemalt habe oder doch ganz anders? Bisher hatte ich tatsächlich noch kein Kostüm, das mir überhaupt nicht gefallen hat. Allerdings packen mich die Designer häufig in rosa, das ist sehr auffallend. Bereits bei "Sekretärinnen" nannten meine Kollegen mich immer liebevoll "das kleine Bonbon", auch im Horrorladen gleiche ich mit meinem barbiepinken Petticoat einem rosa Sahnebaiser. Waren Sie am Premierentag aufgeregt?

Schreiner: An Premierentagen liegt einfach immer diese besondere "Premierenspannung" in der Luft. Die Freude, endlich vor Publikum spielen zu können, der bittersüße Abschied von all denen, die mit der Premiere auch ihre Arbeit am Stück beenden, die Hoffnung, dass es den Zuschauern gefallen wird, die Spannung, ob alles gut geht . . . eine Gefühlssuppe der Extraklasse. Da man sich an Premierentagen gegenseitig kleine Geschenke macht, war mein Garderobentisch dieses Mal voll von grünen Pflänzchen in allen möglichen Varianten. Lebendig, gebastelt, essbar, gemalt: Es war alles dabei.

Was war das Besondere in Kaiserslautern?

Schreiner: Die Premiere von "Der kleine Horrorladen" war unglaublich bewegend! Wir bekamen Standing Ovations bis in die letzte Reihe, der Saal tobte und wollte sich gar nicht mehr beruhigen. Das ist ein wunderschönes Gefühl, nach all diesen Wochen harter Arbeit für das Ergebnis so überdeutlich belohnt zu werden. Meine Mutter, die als Lehrerin arbeitet, ist darauf immer ein bisschen neidisch, da sie für das Erklären der Französischvokabeln nur selten Applaus bekommt.

Welches Publikum hat Ihnen besser gefallen? Die Österreicher, als Sie die Fee in Monty Pythons "Spamalot" spielten, oder die Pfälzer?

Schreiner: Das lässt sich schwer sagen, beide Publikums hatten ihren ganz eigenen Charme. Die Österreicher schienen mir insgesamt etwas kontrollierter, sie klatschten und jubelten in einem theatergerechten Rahmen, während man in Kaiserslautern gerade am Ende fast das Gefühl hat, auf einem Rockkonzert zu sein. Das liegt aber natürlich auch an dem Stück an sich. Noch dazu kommt, dass wir durch die Nähe zu Ramstein auch viele amerikanische Zuschauer gewinnen, die ohnehin anders mitfiebern, als das Europäer tun.

Gibt es zwischen den Städten einen Unterschied?

Schreiner: In Kaiserslautern habe ich mich von Anfang an heimisch gefühlt. In der Theaterkantine gab es Brezeln und Rohesser, die Bedienung konnte meinen saarländischen Dialekt verstehen, die Fassaden der Häuser glichen denen in Saarbrücken und am Wochenende konnte ich auch mal nach Merzig fahren. Dieses Gemisch aus Distanz und Nähe hat mir sehr gut gefallen. Innsbruck vermisse ich jedoch sehr. Die Herzlichkeit der Tiroler ist einfach unvergleichlich, außerdem ist das Panorama dort der Wahnsinn! Doch neue Wege einzuschlagen fühlt sich richtig an, daher denke ich ab und zu wehmütig an Innsbruck, spüre jedoch auf der anderen Seite, dass nun Zeit für etwas Neues ist.

Die Chrystal zu spielen und als rechte Hand von Christopher Tölle zu agieren - war diese doppelte Arbeit stressig?

Schreiner: Christopher ist ein wunderbarer Regisseur und Choreograph, dessen choreographische Arbeit man schon im Zeltpalast bei "Cabaret" und "La Cage aux Folles" bewundern konnte. Er nimmt sich für alles genügend Zeit, bespricht, erklärt, probiert, entwickelt, geht noch mal auf Anfang, entwickelt neu - die Arbeit mit ihm ist sehr vielfältig! Daher hatte ich nie das Gefühl, in eine Stresssituation zu geraten. Die Choreographien standen lange vor der Premiere, so blieb genügend Zeit, sie zu putzen, zu verfeinern und wachsen zu lassen.

Mit welcher Konsequenz?

Schreiner: Wir schafften es sogar, in der Hauptprobenzeit eine neue Kollegin einzuarbeiten, die als Swing für die Rolle der Chiffon tätig sein wird. Diese Genauigkeit hilft mir auch bei Gastspielen, da ich nun, da Christopher nicht mehr da ist, alleine für die Choreographie verantwortlich bin.

Wie wird auf Tournee gearbeitet?

Schreiner: Wenn wir außerhalb spielen, hat man es oft mit einer komplett neuen Bühnensituation zu tun. Das Bühnenbild steht anders, Requisiten sind an anderen Stellen, man kann nicht von rechts auftreten, Formationen bei den Choreographien funktionieren nicht, die Couch ist plötzlich keine Couch mehr, sondern eine Handvoll Bierkästen - da muss man sich schonmal blitzschnell etwas einfallen lassen. Aber auch das funktioniert in Zusammenarbeit mit der Regieassistentin wunderbar. Die Doppelarbeit auf und vor der Bühne macht mir weiter großen Spaß. Mit der Zeit gewöhnt man sich immer mehr an diesen Spagat.

Waren viele Freunde und Bekannte in der Vorstellung?

Schreiner: Viele meiner Bekannte und Freunde wollten eine der Vorstellungen besuchen, allerdings waren diese so schnell ausverkauft, dass es unmöglich war, gute Sitzplätze für beispielsweise eine Sechsergruppe zu bekommen. Daher haben sie ihren Besuch auf den Herbst verlegt. Nur mein Mann hatte sich vorsorglich eine Karte zur Premiere reserviert.

Wie viele Vorstellungen gab es?

Schreiner: Das Stück lief von Anfang Mai bis Anfang Juli, etwa zwei bis drei Mal pro Woche. Ab Oktober wird es eine Wiederaufnahme geben, das Stück wird bis Januar gespielt werden. Soweit ich weiß, gibt es im November sogar ein Gastspiel in Dillingen. Dort werde ich allerdings nicht mit von der Partie sein, da ich in dieser Zeit mit der Addams Family in Wien spiele.

Zum Thema:

Zur Person Henriette Schreiner wurde am 3. April 1988 in Merzig geboren. Nach der Grundschule St. Josef besuchte sie das Peter-Wust-Gymnasium. Sie studierte an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig Popularmusik - Jazz/ Musical . Schon während des Studiums wirkte sie an diversen Theaterproduktionen mit, etwa in "Der kleine Horrorladen", an der Komödie Leipzig, in "City of Angels", am Centraltheater Leipzig, in der Tanzshow "Shall We Dance?" sowie an der Staatsoperette Dresden . 2010 brachte sie in Leipzig ihre One-Woman-Show "Gleich komm ich, aber wie?!" auf die Bühne, 2013 folgte: "Das Leben ist (k)ein Ponyhof - aber geritten wird trotzdem". Die junge Künstlerin war 2013 und 2014 als Solistin auf den Kreuzfahrtschiffen Aida Bella und Aida Diva engagiert. Im Anschluss bekam sie am Tiroler Landestheater eine Hauptrolle in der Musicalrevue "Sekretärinnen". Im vergangenen Jahr war sie erstmals als Choreografin für das Musical "Spamalot" zuständig und spielt die weibliche Hauptrolle am Tiroler Landestheater . mst

Zum Thema:

 Der pinkfarbene Petticoat ist ihr Markenzeichen, . . .

Der pinkfarbene Petticoat ist ihr Markenzeichen, . . .

Foto: Pfalztheater
 . . . Henriette Schreiner spielt in „Der kleine Horrorladen“ die Chrystal.

. . . Henriette Schreiner spielt in „Der kleine Horrorladen“ die Chrystal.

Foto: Pfalztheater

Auf einen Blick Für das Musical "Der kleine Horrorladen" im Pfalztheater Kaiserslautern hebt sich der Vorhang am Freitag, 14. Oktober, Freitag, 21. Oktober, jeweils 19.30 Uhr, am Sonntag, 23. Oktober, Sonntag, 4. Dezember, jeweils 18 Uhr, am Donnerstag, 5. Januar, um 19.30 Uhr. red Karten gibt es unter Tel. (06 31) 3 67 52 09, E-Mail: vorverkauf@ pfalztheater.bv-pfalz.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort