„Die Leute wollen gute Produkte“

Merzig · Während vielerorts über die Konkurrenz aus dem Internet geklagt wird, hat sich im Merziger Geschäft „Kaffee Zimmer“ seit den 1950ern kaum etwas getan. Und genau das ist heute seine Stärke.

 Ursula Geimer und Marlies Gleser in ihrem Laden. Foto: R. Ruppenthal

Ursula Geimer und Marlies Gleser in ihrem Laden. Foto: R. Ruppenthal

Foto: R. Ruppenthal

"Guten Tag, Herr Schneider." Ursula Geimer blickt kurz auf und wischt weiter über den Marmortresen. "Natürlich kennen wir viele Kunden. Aber längst nicht alle", sagt ihre Schwester Marlies Gleser. Süße liegt in der Luft. Kaffeebohnen, Tee und Zucker vermischen sich zu einem Duft aus Kindertagen, als man kaum an die Theke heranreichte und ehrfürchtig auf die eine Tafel Schokolade wies, in der Hoffnung, die Mutter kaufe sie. Ein wenig wirkt es so, als sei hier im "Kaffee Zimmer" die Zeit stehen geblieben, hätte irgendwann einfach aufgehört, etwas zu verändern.

"Naja, ein bisschen was hat sich schon verändert", sagt Gleser, "früher hatten wir die eine Packung Messmer-Tee, und das hat den Leuten gereicht. Heute wollen sie nur noch losen Tee." Heute heißen die Sorten "Bambus Tee" oder "Lady Power". Gleser zuckt mit den Schultern - so ist das eben. Nur bei der Schokolade sei sie ein wenig traurig: "Wir haben keine Lindt-Schokolade mehr. Das hat nicht mehr gepasst." Wer zu viel Zusatzstoffe in sein Produkt packt, fliegt aus dem Sortiment. "Unsere Kunden zahlen gerne fünf Euro für eine gute Tafel Schokolade. Wer doch lieber beim Discounter kauft, dem bin ich aber nicht böse", sagt Gleser.

In Zeiten, in denen Geschäfte in den deutschen Fußgänger-Zonen schneller schließen, als sie eröffnet haben, sind die beiden mit ihrem Laden so etwas wie ein lebendes Fossil unter den Geschäften der Merziger Innenstadt. "Ich bin ja schon seit 60 Jahren hier im Geschäft", ruft Geimer durch den Laden. 1935 hatte ihr Vater das Geschäft gegründet, seit ihrer Jugend arbeiten die beiden Schwestern im Laden, vor wenigen Jahren, nach dem Tod der Mutter, haben sie das Geschäft übernommen. Mittlerweile sind beide über 70, auch wenn es ihnen nicht anzusehen ist.

Damals, als beide anfingen, steckte die Marktforschung noch in den Kinderschuhen. Und doch wirkt dieses kleine Kaffee Zimmer wie der Traum eines jeden Marketingstrategen. Ein kleines, aber hochwertiges Sortiment, viel Stammkundschaft, aber auch jüngere Kunden, die das Angebot schätzen. "Man merkt schon, dass mehr Leute gute Produkte kaufen wollen und nicht irgendetwas", sagt Gleser.

Nur mit der Nachfolge sieht es nicht gut aus. Die eigenen Kinder haben selbst längst Berufe und Familien, und den Enkeln sei es einfach zu viel Arbeit, von Montag bis Samstag zu arbeiten. Und wenn es beiden einmal zu viel wird? "Dann hören wir einfach auf. Vielleicht in zwei Jahren, vielleicht auch erst später", sagt Gleser und zuckt wie ihre Schwester einige Augenblicke zuvor mit den Schultern. In dem Moment geht die Tür auf, und ein junges Paar kommt herein, sucht sich eine Packung Kekse aus und fragt auf Englisch nach dem Preis. Ursula Geimer zählt im Kopf nach und sagt "four Euro". Also ein Kundenstamm aus aller Welt? Geimer lacht. "Das kommt dann doch eher selten vor."

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