Das wechselvolle Schicksal einer Glocke

Bietzen. Die Glocke der Bietzer Pfarrkirche St. Martin wurde nach Angaben aus dem Trierer Bistumsarchiv schon 1388 gegossen. Mit ihren 620 Jahren dürfte sie eine der ältesten Glocken im Saarland sein. Die Glocke hatte insbesondere im vergangenen Jahrhundert einen guten Schutzengel und überstand die Wirren zweier Weltkriege unbeschadet

Bietzen. Die Glocke der Bietzer Pfarrkirche St. Martin wurde nach Angaben aus dem Trierer Bistumsarchiv schon 1388 gegossen. Mit ihren 620 Jahren dürfte sie eine der ältesten Glocken im Saarland sein. Die Glocke hatte insbesondere im vergangenen Jahrhundert einen guten Schutzengel und überstand die Wirren zweier Weltkriege unbeschadet. Kurioserweise kehrte die so genannte Marienglocke dabei von ihrem eigentlichen Standort Beckingen über Bietzen wieder nach Beckingen zurück.Aber zunächst zu den Anfängen der Geschichte: Im Jahr 1924 trat Pastor Jäger sein Amt in der Pfarrei St. Martin Bietzen an. Kurz nach seinem Amtsantritt bemühte sich Pastor Jäger um ein wirksameres Geläut in der "Alten Pfarrkirche" in der Ortsmitte. Dort gab es nur noch die besagte kleine e-Glocke, da die größere in den Kriegsjahren 1914 bis 1918 für Kriegszwecke abgenommen wurde. Die Glocke, auch bekannt als Marienglocke, wurde 1913 von Pfarrer Matthias Flesch aus der Beckinger Pfarrei St. Johannes und Paulus seinem Freund, Pfarrer Johann Georg Amling, in Bietzen abgegeben, da dieser dringend eine Glocke brauchte.Aus Bronze gegossenDiese wurde im Jahre 1388 gegossen, wovon ihre Inschrift Zeugnis ablegt: "Mych macht Johan von Frunde MCCCLXXXVIII Ave Maria." Die Glocke hat ein Gewicht von 125 Kilo und ist aus Bronze gegossen. Die Höhe beträgt 50, der Durchmesser 59 Zentimeter. Pastor Jäger kaufte eine weitere von der Pfarrgemeinde Beckingen, die dort frei wurde durch Neubeschaffung von vier Glocken, für 5000 Franken. Diese zweite Neuanschaffung für St. Martin wurde 1913 von der Glockengießerei in Hemelingen bei Bremen gegossen. Jäger beschaffte auch das notwendige Geld zum Kauf einer weiteren Glocke, die dem Kirchenpatron, dem heiligen Martinus, geweiht wurde. Sie wurde von der Glockengießerei Mabilon in Saarburg gegossen und rollte am 10. Januar 1925 über die Grenze ins Saargebiet. Ab dem 18. Januar 1925 hingen sie im Chor der kleinen Pfarrkirche in der Ortsmitte. Diese wurde wenige Jahre später durch einen Neubau ersetzt: Aus dem mächtigen Turm der neuen Kirche St. Martin drang das vertraute Geläut über den Bietzerberg und rief am vierten Adventssonntag des Jahres 1932 die Pfarrgemeinde zur ersten Messfeier ins neue Gotteshaus.Einige Jahre später gerieten die Bietzer Kirchenglocken in die Wirren des Zweiten Weltkrieges: 1940 wurde die Pfarrei zur Abgabe der Glocken aufgefordert, da diese für die Herstellung von Kriegsgerät eingeschmolzen werden sollten. Die beiden großen Glocken konnten diesem Schicksal nicht entgehen. Anders die kleine alte Glocke aus dem Jahre 1387, die als besonders schützenswert eingestuft wurde. Diese durfte zunächst in der Pfarrkirche verbleiben, bis auch für sie am 20. August 1941 die Abnahme angeordnet wurde. Die Glocke kam ins bischöfliche Generalvikariat nach Trier in Verwahrung und konnte dort der drohenden Einschmelzung entgehen: Nach Kriegsende tauchte die alte Glocke wieder in Bietzen auf; auf welchem Wege sie dorthin gelangt war, ist nicht bekannt.Rettung vom GlockenfriedhofAls im Jahre 1955 vom damaligen Bietzer Pfarrer Viktor Wagner drei neue Glocken für die Pfarrkirche St. Martin angeschafft wurden, gab dieser die alte Glocke bei der Glockengießerei Otto in Saarlouis in Zahlung, die e-Glocke schien für immer verloren.Doch auf Initiative des damaligen Landeskonservators Martin Klewitz und des Beckinger Pastors Stammer wurde sie 1961 auf einem "Glockenfriedhof" einer Gießerei in Bremen-Hemelingen ausfindig gemacht. Nach der Reparatur eines Risses konnte die Glocke 1962 ihre "Heimreise" antreten, die Gesamtkosten beliefen sich auf 4000 Mark. Noch heute ist die Marienglocke aus dem Turm der Beckinger Pfarrkirche heraus zu hören. red

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