„Das kirchliche Leben vor Ort wird absterben“

Merzig-Wadern · Die Strukturreform im Bistum Trier will größere Pfarreien schaffen. Wie wird der Plan bewertet? Die SZ fragte im Grünen Kreis nach.

 Das Kreuz mit dem Kreuz: Weil die katholische Kirche sparen muss, will sie Pfarreien zu großen Einheiten zusammenfassen. Symbolfoto: C. Seidel/dpa

Das Kreuz mit dem Kreuz: Weil die katholische Kirche sparen muss, will sie Pfarreien zu großen Einheiten zusammenfassen. Symbolfoto: C. Seidel/dpa

Durch die Strukturreform des Bistums Trier kommen auf die Pfarreien im Saarland große Änderungen zu. Kern dieser Änderungen ist die Unterteilung des Bistums in so genannte "Pfarreien der Zukunft", die deutlich größer sind als die bisherigen Pfarreien. Der Landkreis Merzig-Wadern soll sich danach aus den beiden Großpfarreien Merzig und Wadern zusammensetzen, deren Grenzen weitestgehend den bisherigen Dekanaten Merzig und Losheim-Wadern entsprechen.

Eine Stelle, an der die Dekanatsgrenzen nicht den neuen Grenzen entsprechen, ist die Pfarrei Beckingen. Diese soll nach der Strukturreform zu Dillingen gehören. Georg Fey vom Pfarrgemeinderat Haustadt macht sich aufgrund dieser Änderung Sorgen um die Finanzen. "In der Vergangenheit haben wir Zuschüsse von der Kreisstadt bekommen", erklärt er - und ist sich nicht sicher, ob die Stadt Saarlouis bereit sein wird, ebenfalls Zuschüsse zu bezahlen.

Auch ansonsten blickt er der Reform mit einer "gehörigen Portion Skepsis" entgegen. Die Glaubenskrise sei ein Problem. Er ist überzeugt: "Das kirchliche Leben vor Ort wird absterben." Ehrenamtliche und Laien seien motiviert, kämen aber schon an ihre Grenzen. Er stellt infrage, ob genug Laien gefunden werden, die Aufgaben übernehmen können beziehungsweise wollen. Laien können beispielsweise Krankenkommunionen oder Beerdigungen durchführen, aber, findet er: "Ob das immer angezeigt ist, ist ein anderes Thema."

Auch Christine Mang, Mitglied des Pfarrgemeinderates in Wadrill, findet die Veränderungen schwierig: "Es will ja keiner mehr etwas machen", räumt sie ein: In Wadrill sei es schon schwierig gewesen, überhaupt einen Pfarrgemeinderat zusammenzubekommen. Sie habe nichts gegen den Einsatz von Laien, aber in manchen Fällen habe sie "bei einem geschulten Pfarrer ein besseres Gefühl". Gut vorstellen kann sie sich, dass Laien sich verstärkt um Familiengottesdienste oder Jugendarbeit kümmern. Dass das kirchliche Leben ausstirbt, glaubt sie nicht, aber man müsse auf die Leute zugehen und sie ansprechen. "Die Leute kommen nicht von selbst", betont sie.

Dabei gelinge in Wadrill die Arbeit mit Ehrenamtlichen bereits sehr gut, erzählt Jörg Mang, Gemeindereferent in Weiskirchen. Beim Ostergarten hätten sich über 30 Menschen beteiligt, berichtet er. Die Skepsis gegenüber Laien bei Aufgaben wie Beerdigungen müsse abgebaut werden, aber das dauere. "Es braucht eine gewisse Zeit, bis das bei den Leuten im Kopf und im Herzen ankommt", betont er, und: Eine durch einen Laien vorgenommene Beerdigung sei keine Beerdigung zweiter Klasse. Der Priestermangel sei grundsätzlich ein Problem, langfristig sei die Einbeziehung von Ehrenamtlichen und Laien aber eine Chance, dass diese die Gemeinde lebendig mitgestalten könnten. Die neuen Strukturen müssten geklärt werden - und dann vor Ort mit Leben gefüllt werden. Ob das funktioniere, "hängt von den Menschen ab", sagt er. Dass es erfolgsversprechende Konzepte gebe, zeige die Jugendkirche Mia. Dort sehen die Beteiligten: "Wir können gemeinsam etwas bewegen."

Auf mehr Gemeinsamkeit setzt auch Bernhard Schneider, Dechant in Merzig. "Kirche vor Ort wird es geben, wenn es Leute gibt, die sich engagieren", betont er. Einen Rückgang kirchlichen Lebens gebe es bereits jetzt ohne Zweifel, die Strukturreform sei also eine Reaktion auf das, was sowieso passiere. Es bedürfe Motivation und "es muss mehr miteinander gearbeitet werden".

Im Gespräch zu bleiben und nicht zuletzt Ängste zu nehmen hält auch Hans-Jürgen Bier, Dechant in Losheim-Wadern, für wichtig. Denn Ängste gebe es in der Bevölkerung, dass es in den einzelnen Gemeinden weniger Angebote gebe. "Das ist nicht so", zeigt er sich optimistisch. Gut findet er, dass es eine zentrale Anlaufstelle in jeder Großpfarrei geben soll, die dann stets besetzt sei. Was dann in den einzelnen Gemeinden stattfinde, hänge auch davon ab, was gewünscht sei. Es sei notwendig, neue Wege zu gehen - "darauf freue ich mich", betont er.

Hoffnung setzt er in regelmäßige Treffen, gerade in der ersten Phase. Außerdem habe jeder die Möglichkeit, sich beim Bistum zu melden. Vorschläge und Ideen würden dann eingearbeitet. "Wir werden auch Fehler machen", räumt er ein - und ergänzt, dass er am Anfang selbst sehr skeptisch gewesen sei.

Doch jetzt denkt er: "Das wird gelingen."

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