Brutaler Überfall sorgte für Schlagzeilen

Merzig · Kein Thema bewegt in diesen Tagen die Gemüter im Land so sehr wie die durch die Flüchtlingskrise bedingte Masseneinwanderung nach Deutschland. In diesem Beitrag soll die Zuwanderung in die Merziger Region während der vergangenen 200 Jahre auch als eine Geschichte der auf vielfache Weise stattgefundenen Begegnung mit dem Fremden dargestellt werden.

Die Verstorbene war eine Schulkameradin des im April vorigen Jahres hier durch die Hand eines montenegrinischen Arbeiters ermordeten, ebenfalls dreißigjährigen Landwirts Nikolaus Peter, von hier. Sie war in den ersten Tagen voriger Woche bei ihrer Schwester in Fickingen zu Besuch, wo sie als Taufpatin fungierte. Am Donnerstagabend wollte sie nach hier zurückkehren, verspätete in Beckingen den um 7.47 Uhr nach Merzig abgehenden Zug, traf deshalb erst um 9.18 Uhr in Merzig ein und begab sich vom Bahnhof in Merzig aus allein zu Fuß auf den Heimweg nach hier. In der Nähe des Monbaches wurde sie rücklings überfallen, in ein nahes Kornfeld geschleppt und dort bis zur Bewusstlosigkeit misshandelt. Vergeblich hat die Unglückliche nach Hilfe gerufen, vergeblich ihrem Peiniger ihre gesamte Barschaft von einigen zwanzig Mark angeboten. Der in der Dunkelheit leider nicht erkannte Unmensch strangulierte, schlug und trat sie solange, bis sie das Bewusstsein verlor. Dann nahm er ihr die Barschaft ab und ließ sie für tot liegen. Aus der Betäubung erwacht, schleppte sich die Unglückliche bis nach Mondorf zu ihren Verwandten, wo sie gleich mit den heiligen Sterbesakramenten versehen wurde. Als der Tat verdächtig, wurde am folgenden Tag ein die Gegend bereisender Schirmflicker verhaftet; dieser musste jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Nach den Schilderungen der auf so schreckliche Weise ums Leben Gekommenen hat der Täter zwei Schirme und einen Rucksack bei sich getragen. Aufgrund dieser Schilderungen fahndet man jetzt nach einem kroatischen Arbeiter. Die Verhaftung desselben soll unmittelbar bevorstehen. - Begreiflicherweise ist ob der Untat die ganze Gegend in Aufregung. Mit der Teilnahme an dem schweren Leid der betroffenen Familie verbindet sich das Verlangen nach Sühne. Die der Behörde gegebenen Anhaltspunkte sind zwar recht dürftig. Hoffentlich wird es ihr dennoch gelingen, den Richtigen zu fassen und seiner verdienten Strafe zu überantworten."

Bei dem Täter handelte es sich um den kroatischen Erdarbeiter Paul Strapko, der bei Wasserbillig festgenommen und ins Landgerichtsgefängnis nach Trier überführt wurde. Er musste lebenslänglich ins Zuchthaus.

Die Arbeiten am Bahnbau machten gute Fortschritte. Welche Herausforderungen gemeistert werden mussten, verdeutlicht der Artikel der Merziger Zeitung vom 7. Januar 1912: "Mit der Inbetriebnahme der Notbahn von der Saar bis nach Silwingen hat sich eine außergewöhnliche Bautätigkeit am Tunnel entwickelt. Die Seitenwände, die aus Beton ausgeführt werden, erfordern eine Unmenge Kies und Zement, so dass schon jetzt fast jede halbe Stunde ein beladener Bauzug hier ankommt. Manchmal glaubt man einem größeren Güterbahnhof gegenüberzustehen, indem 4 bis 5 Lokomotiven vor dem Tunnel rangieren. - Ein seltener Transport einer Lokomotive von Waldwiese wurde diese Woche ausgeführt. Weil die Notbahn über den Berg noch nicht fertig ist, wurde die Lok mittels Dampf über die Straße geführt, indem immer Schienen vorn vorgeschoben und hinten weggenommen wurden. In anderthalb Tagen war sie langsam nach hier gedampft." < wird fortgesetzt.

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