Merziger Innenstadt Ehemalige Kaffeerösterei wird abgerissen

Merzig · An die Stelle des Traditionsgeschäftes kommt ein viergeschossiger Wohn- und Geschäftskomplex.

 Wird abgerissen: das Gebäude der früheren Kaffeerösterei Zimmer in Merzig (rechts neben dem Deichmann-Gebäude).

Wird abgerissen: das Gebäude der früheren Kaffeerösterei Zimmer in Merzig (rechts neben dem Deichmann-Gebäude).

Foto: Dieter Kettenhofen

In der Innenstadt von Merzig wird ein weiteres Gebäude verschwinden, das für viele Menschen in der Kreisstadt mit besonderen Erinnerungen verknüpft ist: Am Montagabend billigte der Bauausschuss des Merziger Stadtrates einen Bauantrag, der das Gebäude der ehemaligen Kaffeerösterei und Confiserie Zimmer in der Poststraße 55 betrifft. Dort war bis zum vergangenen Jahr eines der großen Traditionsgeschäfte Merzigs untergebracht. Weil kein Nachfolger gefunden werden konnte, mussten die langjährigen Betreiberinnen des Pralinerie- und Kaffeeladens ihr Geschäft für immer schließen. Seit Montag steht nun fest: Das Gebäude wird abgerissen und durch einen viergeschossigen Wohn- und Geschäftsbau ersetzt, in dem insgesamt acht Wohneinheiten vorgesehen sind. Das neue Gebäude wird etwa die Höhe des links daneben stehenden Hauses haben. In diesem befindet sich eine Filiale der Schuhhandelskette Deichmann.

Beantragt hat dieses Projekt bei der Unteren Bauaufsicht des Landkreises das Unternehmen Fertigbau Laux aus Hausbach, das schon an zahlreichen anderen Stellen in der Stadt ähnliche Wohnkomplexe errichtet hat. Zwar war in der Ankündigung der Ausschusssitzung von einer „Erweiterung“ des Anwesens in der Poststraße die Rede. In der Sitzung wurde jedoch rasch deutlich, dass es vielmehr um den Abriss des bestehenden Gebäudes und einen Neubau an gleicher Stelle geht. Da der geplante Neubau in zwei Punkten vom geltenden Bebauungsplan für die Innenstadt von Merzig abweicht, hatte der Ausschuss darüber zu befinden, ob das Vorhaben dennoch zulässig ist. Eine dieser Abweichungen erläuterte der Merziger Bauamtsleiter Christian Bies: „Die vordere Gebäudekante zur Poststraße hin rückt gegenüber der bisherigen Kante etwas zurück und greift dann die Flucht des benachbarten Deichmann-Gebäudes auf.“ Die zweite Abweichung betrifft die schmale Gasse zwischen dem Zimmer-Haus und dem rechts daneben liegenden Gebäude. Dieser knapp ein Meter breite Weg, eine historische Brandgasse, soll nach den Vorgaben des Bebauungsplanes (B-Plan) erhalten bleiben. Die Investoren beabsichtigen nun, ab dem zweiten Obergeschoss die Gasse zu überbauen, so dass diese quasi überdacht wird. Nach den Worten von Bies entspreche der Antrag der Investoren „genau dem, was im B-Plan als zulässig definiert ist“. Gäbe es die erwähnten geringfügigen Abweichungen nicht, dann wäre der Ausschuss nicht einmal mit dem Antrag befasst worden.

Dennoch sorgte das Vorhaben für Diskussionen in dem Gremium. Grünen-Vertreter Klaus Borger sagte: „Ich gehe davon aus, dass wir irgendwann den B-Plan neu beschließen müssen.“ Manches, was sich seit der jüngsten Verabschiedung dieses Rahmenplanes 2016 in Merzig entwickelt habe, sei damals nicht absehbar gewesen. „Da kommt einem das Grausen“, urteilte Borger zu den Plänen für das Haus Zimmer. Und: „Wir lassen zu, dass unsere Stadt gezielt verschandelt wird.“

Bauamtsleiter Bies gab zu bedenken, dass die Gremien verpflichtet seien, nach Recht und Gesetz zu handeln und nicht nach ästehtischen Gesichtspunkten. Ähnlich äußerte sich Mathias Görgen (CDU): „Über die Frage, was schön ist, lässt sich trefflich streiten.“ Der Ausschuss oder der Stadtrat könnten an diesem Vorhaben gar nichts verhindern, „selbst wenn wir es wollten“. Giuseppe D’Auria (SPD) wies darauf hin, dass das Gebäude nicht denkmalgeschützt sei – und das habe seinen Grund: „Dieses Traditionshaus hat mit dem zu tun, was darin stattgefunden hat.“ Viele in Merzig hingen an dem kleinen Häuschen – aber weniger wegen seines architektonischen Wertes. Thomas Klein (CDU) sagte: „Man muss den gesamten Verlauf der Fußgängerzone betrachten, da finden sich einige ganz ähnlich gestaltet Gebäude.“ Bauamtsleiter Bies sprach in dem Zusammenhang von einem „Sammelsurium verschiedener Baustile“ in der Innenstadt. Paolino Mangione (SPD) fand, der geplante Neubau füge sich durchaus homogen an das angrenzende Deichmann-Gebäude an. Michael Schettle (Freie Alternative) erklärte: „Solange ich keine echte historische Bausubstanz vernichte, kann es nur besser werden.“ Den geplanten Neubau bewertete er als „Aufwertung gegenüber dem jetzigen Zustand“. Die vorgesehene Nutzung sei eine innerörtliche Nachverdichtung, wie sie in den meisten Städten zur Schaffung neuen  Wohnraumes praktiziert werde. Bei einer Nein-Stimme (durch Klaus Borger) billigte der Ausschuss den Bauantrag.

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