Aufschwung Dillingens macht Merzig immer mehr zu schaffen

Merzig · Kein Thema bewegt in diesen Tagen die Gemüter im Land so sehr wie die durch die Flüchtlingskrise bedingte Masseneinwanderung nach Deutschland. In diesem Beitrag soll die Zuwanderung in die Merziger Region während der letzten 200 Jahre als eine Geschichte der auf vielfache Weise stattgefundenen Begegnung mit dem Fremden dargestellt werden.

Die Zeitung weiter: "So haben in der letzten Zeit wieder die Firmen Herz Weil, Blumenhalle Koen und Louis Weil Filialen in der Stummstraße errichtet. In dem kurzen Zeitraum von zehn bis zwölf Jahren hat aber auch wohl selten ein Ort eine so rasch fortschreitende Entwicklung durchgemacht wie Dillingen. Die Bevölkerungsziffer ist in den wenigen Jahren um über 3000 gewachsen. Die Zahl der Arbeiter in den industriellen Betrieben hat sich mehr als verdoppelt. Entsprechend dieser Bevölkerungszunahme hat auch das geschäftliche Leben einen ganz gewaltigen Aufschwung genommen; so die Stummstraße und Hüttenwerkstraße, die heute zusammen annähernd 100 Geschäftslokale der verschiedensten und modernsten Art aufzuweisen haben, besaßen vor zehn bis zwölf Jahren noch deren keine 20; dasselbe sieht man in anderen Straßen. Eine große Anzahl von Geschäftszweigen ist neu entstanden. Das Straßenbild hat durch die vielen Neubauten, durch den Neu- und Ausbau der Straßen, Anlage von Trottoirs, elektrisches Licht, Kanalisation etc. ein ganz anderes Aussehen erhalten. Das äußere Gesamtbild erfuhr durch öffentliche Neubauten in den letzten Jahren, wie Gymnasium, Rathaus, Postgebäude, Krankenhaus, evangelische Kirche, zweite katholische Kirche, Hüttenkasino etc., Anlegung und Ausbau des Feldherrenviertels eine namhafte Verschönerung. Auch einige Anlagen, wie Kaiser-Wilhelm-Park etc. gereichen dem Ort zur Zierde. Ebenso haben die Bahnhofs- und Fabrikanlagen durch Umbau und Erweiterung wesentliche Änderungen erfahren. Jetzt kommt noch die neue elektrische Kreisbahn, die auch bald dem Betriebe übergeben werden kann, und die ‚Stadt‘ ist fertig. - Man ersieht aus dieser schnellen Entwicklung Dillingens, dass Merzig tatsächlich alle Hebel in Bewegung setzen muss, um sich seine bisherige günstige wirtschaftliche Situation auch fernerhin zu erhalten. Die vorteilhafte geografische Lage Merzigs in der Mitte zwischen den beiden nächstgelegenen größeren Städten Trier und Saarbrücken sowie nicht minder die außergewöhnlich guten Verkehrsverhältnisse nach vier Richtungen begünstigen ja in gewissem Maße ebenfalls den zwar langsamen, aber stetigen Aufschwung unseres Geschäftslebens. Kommt dazu noch die verständnisvolle Förderung durch alle maßgebenden Instanzen, so kann der Erfolg nicht ausbleiben. An Unternehmungsgeist in unserer Geschäftswelt fehlt es, wie man sieht, sicherlich nicht."

Was die vorstehend erwähnte vorteilhafte geografische Lage und die guten Verkehrsverhältnisse nach vier Richtungen angeht, lässt sich sagen, dass man zu diesem Zeitpunkt Merzig ebenso wie Dillingen schon als Eisenbahnknotenpunkt sah. Man ging davon aus, dass sich in Merzig in absehbarer Zeit die Strecke von Saarbrücken nach Trier mit der Querverbindung der Hochwaldbahn und der sich zu diesem Zeitpunkt erst im Bau befindlichen Bahn von Merzig Richtung Waldwiese nach Lothringen hinein kreuzen würde. Durch den Bau dieser Bahnstrecke erhofften sich die Merziger Kaufleute natürlich eine Erweiterung ihrer Geschäftstätigkeit durch neue und zahlreiche Kundschaft aus dem lothringischen Hinterland, die bis dahin keine Anbindung an Merzig hatte.

In einem Artikel der Merziger Zeitung vom 9. Juli 1911 kommt dies treffend zum Ausdruck: "Bahnbau Merzig-Bettsdorf. Diese im Bau begriffene Bahnstrecke leitet das Interesse der weitesten Kreise auf sich, und dies mit Recht. Wird doch durch diese neue Bahn ein sehr bevölkertes Gebiet erschlossen, dessen Bewohner die Vorteile einer Eisenbahn nur dem Namen nach kannten. In Betracht kommen hauptsächlich die beiden Landstriche Merzig-Waldwiese und Kedingen-Waldweisdorf. (…) Die neue Strecke bedeutet eine direkte Weiterführung der Strecke Merzig-Büschfeld und weiter nach dem Hochwald und Hunsrück. Für die Bewohner des Hochwaldes und Hunsrücks ist daher die Strecke nach ihrer Inbetriebnahme von großer Bedeutung. Arbeiten doch aus dieser Gegend (hauptsächlich im Winter) viele Leute auf den Gruben und Hüttenwerken in Lothringen. Neben dieser wirtschaftlichen Bedeutung hat die neue Bahn auch eine große strategische Bedeutung, indem sie eine weitere Seitenverbindung aus dem Saartal nach den Garnisonsstädten Metz und Diedenhofen darstellt."

Im Juni 1909 hatten die Bauarbeiten an dieser Neubaustrecke, die von Merzig über Waldwiese nach Bettsdorf führen und dort Anschluss nach Metz finden sollte, offiziell begonnen. Zwischen Silwingen und Büdingen war ein Tunnel geplant, der eine Länge von 1,6 km aufwies. Der Bau dieser Strecke brachte auch etwa 400 italienische, serbische und kroatische Arbeitskräfte in den Kreis Merzig. < wird fortgesetzt.

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