„Auf rohe Eier sollte man ganz verzichten“

Merzig · Über „Feiern ohne Folgen – Hygienische Anforderungen bei Vereins-, Dorf- und Straßenfesten“ spricht Volker Franz öfter bei Infoabenden. Er ist Sachgebietsleiter für Lebensmittelüberwachung der Regionalstelle West, die zuständig ist für die Landkreise Saarlouis und Merzig. Im Interview erklärt er SZ-Redakteurin Nicole Bastong, welche Erfahrungen er als Kontrolleur gemacht hat, worauf Vereine achten müssen und was die neue Lebensmittelkennzeichnungspflicht für sie bedeutet.

 Der beliebte Schwenker darf auf kaum einem saarländischen Vereinsfest fehlen. Leider verstoßen auch hier die Vereine oft gegen Hygieneregeln, schon bei der Lagerung des Fleisches. Archivfoto: Thomas Seeber

Der beliebte Schwenker darf auf kaum einem saarländischen Vereinsfest fehlen. Leider verstoßen auch hier die Vereine oft gegen Hygieneregeln, schon bei der Lagerung des Fleisches. Archivfoto: Thomas Seeber

Herr Franz, das Thema Hygiene bei Lebensmitteln betrifft jeden Verein bei seinen Veranstaltungen. Bei Kuchen- oder Salatbüffets sind oft viele Hände am Werk. Wer ist verantwortlich, wenn sich ein Besucher den Magen verdirbt?

Volker Franz: Zunächst einmal wurden uns als Lebensmittelüberwachung in diesem und im vergangenen Jahr keine Schadensfälle angezeigt. Aber, daran sollte man immer denken: Die Vereinsvorsitzenden sind mitverantwortlich, wenn es zu Erkrankungen durch mangelnde Hygiene oder verdorbenes Essen kommt. Da drohen zum Teil hohe Geldstrafen, denn eine Schädigung gilt als Körperverletzung.

Sie kontrollieren auch regelmäßig bei Festen. Aus Ihrer Erfahrung: Auf welches Speisenangebot sollte ein Verein am besten gleich ganz verzichten?

Franz: Was wirklich tabu sein sollte, sind alle Speisen mit rohen Eiern, also auch Salate mit Mayonnaise, dann natürlich rohes Hackfleisch, roher Fisch, wie zum Beispiel Sushi und ähnliches. Die Vereine sollten das schon bei der Planung des Festes beachten. Natürlich will man sich abheben und den Gästen mal was anderes bieten als immer nur Schwenker. Aber das birgt eben ein Risiko.

Welchen Rat haben Sie für die beliebten Kuchentheken?

Franz: Auf Sahnekuchen sollte man am besten verzichten. Es sei denn, man hat eine geeignete Kühltheke oder einen Kühlschrank. Und dann ist es ratsam, eine gewisse Wareneingangskontrolle zu machen: Also aufschreiben, wer welchen Kuchen abgegeben hat. Dann ist eine Panne wenigstens nachvollziehbar.

Warum ist das wichtig?

Franz: Weil letzten Endes immer der Verein die Verantwortung hat für die Ware, die er in den Verkehr bringt. Man sollte an einer zentralen Stelle Kuchenspenden annehmen und sich die Kuchen auch ansehen: Ist die Torte gekühlt oder kommt die schon warm aus dem Auto? Und wenn man keine Kühltheke hat, sollte man auch keine Sahnekuchen annehmen. Aber das trauen viele sich nicht, man will ja auch keinen Spender verprellen.

Ist eine optische Kontrolle denn ausreichend?

Franz: Natürlich nicht. Denn die Keime sieht man ja nicht. Zum Beispiel den Campylobacter, der ist inzwischen in Deutschland der häufigste Erreger von Brechdurchfall. Er ist für 60 Prozent aller Erkrankungen mit Lebensmittelbezug verantwortlich und hat sogar die Salmonellen verdrängt. Den bemerkt man leider erst, wenn es zu spät ist.

Aber wie kann sich ein Verein beim Fest davor schützen?

Franz: Eben durch genaue Vorgaben, was gespendet werden darf, und das sollte man auch kontrollieren, im eigenen Interesse. Einen Kartoffelsalat mit rohen Eiern würde ich nicht annehmen. Man muss sich im Vorfeld überlegen: Wofür können wir die Garantie übernehmen? Jedes Lebensmittel birgt eine Gefahr, man muss richtig damit umgehen.

Sie kontrollieren mit Ihren Mitarbeitern auch Feste. Wie oft sind Sie da unterwegs?

Franz: Wir machen etwa 1500 Kontrollen landweitesweit auf Veranstaltungen im Jahr. Natürlich können wir nicht überall sein, das geht nur stichprobenartig. Bei den großen Festen sind wir aber immer mit dabei.

Worauf achten Sie, was sind typische Kontrollpnkte?

Franz: Wir achten zunächst einmal darauf, dass der Stand groß genug ist für das, was darin gemacht werden soll. Dann natürlich darauf, dass alle Gerätschaften da sind, zum Beispiel genügend Kühlschränke. Die Einhaltung der Kühlkette ist das A und O, gerade bei diesen sommerlichen Temperaturen. Dann schauen wir auf die Hygiene : Ist der Kühlschrank auch sauber? Und was ist mit den Lebensmittelbehältnissen? Ist alles richtig gelagert, zum Beispiel Wurst und Fleisch in geeigneten Behältnissen?

Was sind Fehler, die Sie immer wieder sehen?

Franz: Nicht lebensmittelechte Behältnisse; typisch ist der Salat, der in der Waschwanne gesäubert wird. Oder Lachs, der in der Mörtelwanne gebeizt wird - das habe ich selbst gesehen. Oder der gelbe Müllsack, der für alles verwendet wird: Als Brotsack oder als Abdeckfolie beim Grillgut. Wir haben den gelben Sack mal untersuchen lassen: Er gibt 30 Prozent mehr Schadstoffe ab als für Lebensmittel geeignete Folie. Und dann der berühmte Küchenlappen, mit dem zwei Tage lang alles abgewischt wird. Grundsätzlich gilt: Was man nicht in der eigenen Küche machen würde, sollte man bei einem Fest erst recht nicht machen. Aber es gibt ja auch positive Beispiele: Manche Hausfrau hat da mehr Sachverstand als ein Fachmann.

Weitere typische Baustellen?

Franz: Handschuhe zum Beispiel. Die müsste man eigentlich alle 20 Minuten wechseln, damit sie noch hygienisch einwandfrei sind. Macht natürlich niemand. Aber: Manche gehen sogar damit aufs Klo und danach wieder an die Theke. Immer wieder erlebt man auch, dass sich Leute krank in den Verkauf stellen, weil sonst niemand aushelfen kann. An Spülanlagen im Bierwagen erleben wir auch manchmal abenteuerliche Konstruktionen, etwa mit Gartenschläuchen. Oder die Kühlung: Man will natürlich möglichst wenig Kühlschränke anschleppen. Nur halten die die Temperatur natürlich nicht, wenn die Tür ständig geöffntet wird oder sie vollgestopft werden. Wir messen das öfter nach.

Damit machen Sie sich sicher nicht immer beliebt.

Franz: Wir wollen ja nicht die Spaßbremsen ein. Und oft kriegen wir auch zu hören: Das haben wir immer so gemacht, da ist noch nie was passiert. Wir wollen den Vereinen ja nicht schaden, es ist ja oft deren einzige Einnahmequelle. Deshalb gehen wir meistens zu Beginn eines Festes hin, sehen uns alles an und geben damit die Möglichkeit, nachzubessern. Auch im Vorfeld kann man jederzeit bei uns anrufen und nachfragen, wie man was am besten macht - wir beraten da gerne.

Vereine werden nicht so streng kontrolliert wie gewerbliche Anbieter. Stimmt das?

Franz: Das ist immer ein Spannungsfeld, dass die Gastronomen beklagen, dass sie immer strenger kontrolliert werden und die Vereine machen würden, was sie wollen. Das stimmt so natürlich nicht ganz. Aber für kleine Feste, die nur ein oder zwei Mal im Jahr stattfinden, gilt die zum Beispiel die neue EU-Lebensmittelkennzeichnungspflicht für allergene Zutaten nicht.

Was besagt diese Verordnung?

Franz: Seit Dezember 2014 ist damit vorgeschrieben, dass auch bei Abgabe von losen Lebensmitteln 14 Hauptallergene gekennzeichnet werden müssen. Das kann über die Fußnotenregelung geschehen, die Allergene dürfen aber auch mündlich erfragt werden. Als nicht anwendbar gilt dies bisher bei kleinen Festen wie dem jährlichen Kindergartenfest oder bei karitativen Veranstaltungen. Die Grenze ist die Regelmäßigkeit: Macht ein Verein ein oder zwei Feste im Jahr, gilt das noch nicht als regelmäßig, verkauft ein Abiturjahrgang aber alle zwei Wochen in der Schule Kuchen , schon. Problematisch wird es bei Mischfesten, wie der Emmes, wenn Vereine und gewerbliche Anbieter verkaufen. Da sollten einheitliche Regeln gelten.

Was raten Sie den Vereinen: Worauf sollten Sie unbedingt schon bei der Planung achten?

Franz: Das vorgeschriebene Handwaschbecken ist immer wieder Thema. Ein Kanister oder ein Eimer reicht nicht. Das regelmäßige Reinigen der Hände ist die wichtigste Hygieneregel. Auch ein Waschbecken auf dem Klo reicht nicht - denn auf dem Weg zurück muss man ja mindestens eine Türklinke anfassen und dann war das Händewaschen umsonst. Dann der Spuckschutz: Das Essen muss immer möglichst weit weg von den Gästen gelagert werden. Bei der Kühlung von Speisen sollte man keine Kompromisse eingehen: Keime im Essen verdoppeln sich ohne Kühlung alle 20 Minuten! Wenn die Vereine sich an den gewerblichen Standards orientieren, machen sie nichts falsch. Merkblätter gibt es übrigens auf unserer Internetseite zum Herunterladen.

Welche Grundausstattung empfehlen Sie Vereinen für ihre Feste?

Franz: Es muss nicht immer teuer sein. Investieren sollte man in ein mobiles Handwaschbecken. Das kann man auch aus einer alten Spüle und einem fahrbaren Gestell selbst bauen. Es sollten außerdem immer ausreichend Kühlgeräte vorhanden sein. Und ein paar Thermometer, um die Temperatur zu kontrollieren. Auch einen Spuckschutz kann man aus einer Plexiglasscheibe und ein paar Dachlatten einfach selbst zimmern.

www.saarland.de/lav

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