Auch Flüchtlinge waren Thema

Besseringen · Was den ersten saarländischen Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann betrifft, gibt es viele geteilte Meinungen. Pastor Josef Maas hat den Politiker persönlich gekannt und ihn sehr geschätzt.

 JoHo ist den Saarländern bis heute ein Begriff. Foto: privat

JoHo ist den Saarländern bis heute ein Begriff. Foto: privat

Foto: privat

Er galt als einer der Politiker der Nachkriegsgeschichte, die polarisierten kaum ein anderer. Sein Gedanke, das Saarland zu einer europäischen Modellregion zu machen, spaltete Freunde und Nachbarn, zerriss Familien: der erste saarländische Ministerpräsident Johannes Hoffmann, genannt JoHo. Lieferten sich Ja- und Nein-Sager vor 60 Jahren im Wahlkampf ums Saarstatut 1955 erbitterte Kämpfe, forderten seine Gegner "Der Dicke muss weg", hat Pastor Josef Maas den Politiker der CVP als gütigen und toleranten Mann kennen gelernt - eine Erinnerung, die nicht erst zur Volksabstimmung vor 60 Jahren wach geworden ist.

Die Dokumente, die von Hoffmanns Hilfsbereitschaft bezeugen, hütet der Besseringer Pfarrer im Ruhestand wie einen Augapfel. Denn Hoffmann bewilligte nach Maas' Schilderung 1954 zehn Millionen französische Franken aus der Landeskasse, damit die Caritas in Hohen das ehemalige Tbc-Heim des St. Viti-Krankenhauses nahe der niedersächsischen Stadt Uelzen zur Unterbringung von Flüchtlingen kaufen konnte. "Während meines Studiums der Theologie habe ich 1954 in den Semesterferien in der Notaufnahme im niedersächsischen Uelzen Praktikum gemacht - ein Durchgangslager, das die britische Militärregierung im Herbst 1945 für Menschen aus den Ostgebieten errichtet hatte", erzählt Maas. Ab 1947 strömten nach Worten des Geistlichen mehr und mehr Menschen aus der sowjetisch besetzten Zone in das Lager.

"Wegen des großen Zulaufes kam es im Sommer 1949 zum Abschluss der Uelzener Verträge, die eine Aufnahme und Verteilung der Flüchtlinge , zunächst ohne Beteiligung der französischen Zone, regeln", erzählt er, "die 1950 durch das bundesdeutsche Notaufnahmegesetz abgelöst werden." Uelzen und Gießen wurden nach der Darstellung von Maas zu zentralen Durchgangslagern für Flüchtlinge aus der DDR. Für die Helfer im Lager gab es ein Problem: "Nur der anerkannte politische Flüchtling erhielt eine Arbeits- und Wohnraumzuteilung." Die Leute, die abgelehnt wurden, mussten - sobald der Entscheid ergangen war - innerhalb von 24 Stunden das Lager verlassen."

Ein Aufenthalt in Deutschland war weder strafbar noch konnte der Abgelehnte zur Rückkehr gezwungen werden. "Doch wohin mit diesen Leuten? In Niedersachsen waren die Katholiken in der Diaspora ." Daher habe die Caritas Schwierigkeiten gehabt, diesen Menschen auf die Schnelle Wohnung und Arbeit zu besorgen. "Wieder im Saarland zurück, bemühte ich mich, eine Hilfsaktion für diese Menschen anrollen zu lassen, zumal das Saarland keine Flüchtlinge aufnehmen durfte." Ein Landtagsabgeordneter bereitete ihm den Weg zu JoHo. "Im September 1954 konnte ich ihm anlässlich der 100-Jahr-Feier, zu dem die Borromäerinnen ins Merziger Krankenhaus einluden, meine Idee unterbreiten." Nach einer Festmesse in St. Peter und einem Mittagessen habe Hoffmann den jungen Studenten der Theologie rufen lassen "Ich berichtete ihm, dass die abgelehnte Flüchtlinge auf sich selbst gestellt waren und bat ihn, diesen Menschen zu helfen." An die Antwort erinnert sich Maas noch genau: "Das Saarland darf keine Flüchtlinge aufnehmen." Doch der damals 24-Jährige habe sich nicht beirren lassen und forderte drei Häuser für die Menschen. "Und was soll das kosten?", habe sein Gesprächspartner wissen wollen. "In meinem jugendlichen Eifer habe ich geantwortet: ‚Was drei Häuser so kosten.'" Joho habe sich erweichen lassen. "Zehn Millionen französischer Franken, rund 121 000 Mark, hat die Saar-Genossenschaftsbank Saarbrücken 1955 von der Präsidialkanzlei überwiesen." Der Adressat: der Caritasverband der Diözese Hildesheim. Auch an den Vermerk, der beigefügt war, erinnert sich Maas genau:

"Der Betrag ist als Zuschuss für den Bau eines Hauses zur Aufnahme von Heimvertriebenen und Flüchtlingen bestimmt." Das ehemalige TbC-Heim, das die Caritas mit dem Geld kaufte, dient laut Maas dem Verband mittlerweile als Jugendgästehaus. "Geblieben ist der Name: Maria Rast."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort