Als die Italiener zu den Kriegsgegnern übertraten

Merzig · Kein Thema bewegt in diesen Tagen die Gemüter im Land so sehr wie die durch die Flüchtlingskrise bedingte Masseneinwanderung nach Deutschland. In diesem Beitrag soll die Zuwanderung in die Merziger Region während der vergangenen 200 Jahre auch als eine Geschichte der auf vielfache Weise stattgefundenen Begegnung mit dem Fremden dargestellt werden.

 1914 war in Deutschland die Kriegsbegeisterung groß, doch am Ende war das Deutsche Reich geschlagen. Foto: dpa

1914 war in Deutschland die Kriegsbegeisterung groß, doch am Ende war das Deutsche Reich geschlagen. Foto: dpa

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Am 23. Mai 1915 erklärte Italien Österreich-Ungarn schließlich sogar den Krieg, worauf das Deutsche Reich die Beziehungen zu Italien abbrach. Eine Kriegserklärung Italiens gegenüber dem Deutschen Reich erfolgte allerdings erst am 28. August 1916.

Der Austritt Italiens aus dem sogenannten Dreibund und die anschließende Kriegserklärung an Österreich-Ungarn im Mai 1915 waren für viele der hier verbliebenen Italiener dann doch ein Grund, in einer zweiten großen Welle in ihre Heimat zurückzukehren. Im Hinblick auf die Situation in Dillingen findet sich unter dem 25. Mai 1915 in der Dillinger Schulchronik folgende Anmerkung: "Die Italiener traten zu unseren Gegnern über. Alles ist empört über diesen Treuebruch. Viele italienische Arbeiter, welche schon längere Zeit hier beschäftigt sind, bleiben hier; es sind 150 an der Zahl. Auch eine Anzahl Familien von Italienern ist hier ansässig geblieben und alle bleiben unbehelligt. Täglich haben sich die Italiener der Polizei-Kontrolle zu unterwerfen, im Übrigen können sie sich frei und nach Belieben bewegen. Die Bevölkerung benimmt sich wohlwollend und duldend ihnen gegenüber und die Italiener selbst geben durch ihr Verhalten zu Klagen keinen Anlass."

Darüber hinaus blieb auch den Kindern der in Dillingen lebenden italienischen Familien der Besuch der Schule weiterhin gestattet, wie dem Schulleiter der Volksschule in Dillingen auf seine Anfrage hin vom Regierungspräsidium in Trier am 10. Juni 1915 mitgeteilt wurde.

Es bleibt also festzuhalten, dass die hier verbliebenen Italiener während der gesamten Dauer des Krieges nur geringen Restriktionen ausgesetzt waren. Das wirtschaftliche Interesse an den italienischen Arbeitskräften überwog stets dasjenige an Repressalien politischer Art.

Schon gleich zu Kriegsbeginn hatten die deutschen Armeen vor allem im Westen aufgrund ihres schnellen Vormarsches viele Gefangene gemacht. Diese stellten im weiteren Verlauf des Krieges ein großes Reservoir an Arbeitskräften dar, wenngleich die Beschäftigungsmöglichkeiten von Kriegsgefangenen durch die "Haager Landkriegsordnung" von 1907 auf solche Bereiche beschränkt waren, die in keinem direkten Zusammenhang, etwa zur Kriegsrüstung, standen. Gleichwohl war eine Verwendung von Kriegsgefangenen als Arbeitskräfte in der Privatindustrie vor Kriegsbeginn nicht ins Auge gefasst worden. Die deutsche Führung war bei ihren Planungen von einem eher kurzen Feldzug als einem langen Krieg ausgegangen, was eine wesentlich aufwendigere Organisation eines umfassenden Arbeitseinsatzes der Gefangenen erforderlich gemacht hätte.

Aufgrund der vielen Einberufungen von wehrpflichtigen Männern zum Militär blieb es natürlich nicht aus, dass schon recht bald ein Mangel an Arbeitskräften in vielen Bereichen gegeben war. So wurde deshalb schon frühzeitig auch der Einsatz von Kriegsgefangenen in Betracht gezogen.

Nach den Bestimmungen der "Haager Landkriegsordnung" sollten Gefangene mit Menschlichkeit behandelt werden und in Bezug auf Nahrung und Unterkunft den eigenen Truppen gleichgestellt sein. Gleichzeitig war es jedoch erlaubt, Kriegsgefangene bei Arbeiten einzusetzen, die nicht unmittelbar dem Krieg dienten.

Bereits 1914 waren von der deutschen Heeresleitung "Allgemeine Grundsätze", was die Behandlung der Kriegsgefangenen betraf, erlassen worden. Diese Grundsätze sahen vor, dass die Arbeit dem "schlechten Einfluss der Untätigkeit" gegensteuern und die "nutzlose Ernährung durch den Staat" verhindern solle. Eine amtliche Bekanntmachung informierte Kriegsgefangene auf Englisch, Französisch und Russisch, dass sie nach der Haager Landkriegsordnung zum Arbeitseinsatz verpflichtet werden konnten. < Wird fortgesetzt.

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