2,5 Tonnen schwerer Stein mit Dynamik und doppelter Erinnerung

Saarbrücken. Die Absicht ist ehrenvoll. Seit einigen Tagen steht ein Gedenkstein im Garten des Saarlandtags. An der Franz-Josef-Röder-Straße fand der grün-gelbe Granitwürfel seinen Platz. Ausgesucht und bearbeitet hat ihn der in Merzig-Bietzen lebende Bildhauer Paul Schneider

Saarbrücken. Die Absicht ist ehrenvoll. Seit einigen Tagen steht ein Gedenkstein im Garten des Saarlandtags. An der Franz-Josef-Röder-Straße fand der grün-gelbe Granitwürfel seinen Platz. Ausgesucht und bearbeitet hat ihn der in Merzig-Bietzen lebende Bildhauer Paul Schneider. Dessen Skulpturen prägen nicht nur das Bild der Stadt Saarbrücken, sondern haben im ganzen Land ihren Platz gefunden. Sie sind Teil unserer jüngeren Kunstgeschichte, die Schneider immer auch mit einem gesellschaftlichen Anspruch verband. Das gilt auch für seinen Stein für den Landtag: "Der Stein ist quasi ein Zeitzeuge." Schneider verweist auf dessen Herkunft: "Der Stein kommt aus Flossenbürg." Flossenbürg war der Steinbruch, in dem die SS Häftlinge des gleichnamigen Konzentrationslagers in Zwangsarbeit geschunden hat. Der Stein trägt daher für Paul Schneider eine doppelte Erinnerung. Mit ihm gedenkt der Landtag der vom Nazi-Regime verfolgten Parlamentarier. Darauf verweist ein langer, umständlich formulierter Satz auf der Oberseite des Steins. Aber erschließt er sich dem daran Vorübergehenden? Ein Passant nimmt wohlmöglich den Gedenkstein eher als eine weitere Skulptur im Stadtbild wahr. Auch dieser wohnt Dynamik inne. "Der Stein hat eine leichte Drehung", erklärt Paul Schneider. Damit wolle er zeigen, dass sich alles bewegt, so Schneider weiter über die Gestalt des 2,5 Tonnen schweren, mit Wölbungen und Vertiefungen versehenen Granitwürfels. Bei Regen verwässert die Botschaft in den leichten Senken der Oberfläche. Dann erinnert der schöne Stein an die Quellsteine, die Schneider so trefflich formte. Daran zeigt sich das Dilemma des Steins zwischen Kunstwerk und Mahnmal. Sein Standort verstärkt diesen Eindruck des Unentschiedenen noch. Der Stein wirkt neben einem Rest der Berliner Mauer wahllos abgestellt. Das ist soweit ungeschickt, weil derzeit in Saarbrücken eine Diskussion um die Kunst im öffentlichen Raum läuft, worin zwei Ansätze unversöhnlich gegeneinander stehen: Zeitlich begrenzte und ortsbezogene Aktionen und auf Dauer an öffentlichen Orten platzierte Kunst, die in der Kritik steht. Der Stein vor dem Landtag jedenfalls vermag diese nicht zu entkräften. Zudem hat man in Saarbrücken seit Jochen Gerz und seinem auf dem nahen Schlossplatz geschaffenen "Platz des unsichtbaren Mahnmals" oder mit der Gedenkstätte "Neue Bremm" bereits andere Formen des Gedenkens gefunden.

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