Ernte Wo Welt und Dorf zusammentreffen

Hausbach · Es ist bereits dunkel, 22 Uhr: Schwere Maschinen rollen durch die Hausbacher Straßen, in denen noch die Hitze steht. Der letzte Großbauer aus dem Ort macht sich mit seinen Helfern auf den Weg zur Getreideernte.

 Wenn der Mähdrescher fertig ist, ziehen sich Bahnen aus Stroh wie Tischläufer über die sanften Hügel von Hausbach.

Wenn der Mähdrescher fertig ist, ziehen sich Bahnen aus Stroh wie Tischläufer über die sanften Hügel von Hausbach.

Foto: Alexander Manderscheid

„Morgen um elf Uhr regnet es", ruft Stefan Jacobs, und wenn die Ähren nass werden, sind sie kaum noch etwas wert. Darum drängt die Zeit.

Die Bauern ernten natürlich nicht nur nachts, aber die Arbeit zieht sich eben hin. Um 22 Uhr ist eines der letzten Felder dran. Hier wartet Triticale, ein Weizen-Roggen-Gemisch. Der aus Luxemburg georderte Mähdrescher stampft vorne weg. So schwer er ist, so filigran arbeitet er beim Trennen von Korn und Halm, um die Körner später in den riesigen Traktor-Hänger zu spucken. 500 PS bringt er mit, „und die braucht er auch, um hier durchzukommen".

An Bord sitzt neben dem Fahrer auch einer der beiden Söhne. Der zweite hilft an anderer Stelle mit. Alex, der jüngere, ist die Zukunft des Hofes, was den Vater natürlich mächtig freut, ihn aber auch zweifeln lässt: „Die sinkenden Milchpreise , der Druck der Discounter, und dann die Leute, denen wir zu laut sind oder zu sehr stinken - früher war das nicht so. Das raubt einem den Spaß an der Sache!"

Auch diesmal gibt es wieder Ärger. Ein Anwohner will die Bauern stoppen. Seine Kinder könnten wegen des Krachs nicht schlafen. Könnte er sich durchsetzen, wäre der Mähdrescher, der unter extremen Termindruck steht, weg und Jacobs hätte einen enormen Verlust zu beklagen, der ans Eingemachte gehen kann. Immer wieder muss sich der Bauer mit solchen Beschwerden auseinander setzen - nicht, dass der Druck der Arbeit ohnehin schon groß genug wäre. Aber spätestens vor Gericht haben diese Leute keine Chance. Was Jacobs macht, ist saisonale, witterungsbedingte Arbeit und vom Gesetz geschützt. Manche versuchen es trotzdem, aber scheitern spätestens am Oberlandesgericht. „Die Leute wollen alles möglichst billig haben und sauber abgepackt. Aber davon, wo es herkommt, wollen sie nichts wissen."

Dabei verpassen sie in ihrem Ärger, wie dicht in dieser Nacht Dorfleben und Weltwirtschaft beeinander liegen - genau auf dem Feld in Sichtweite ihres Hauses. Während der Mähdrescher hinten am Waldrand aufbraust, reichen Jacobs Gedanken bis nach Brüssel. Das Freihandelsabkommen mit der USA lässt ihn an der EU zweifeln: „Wenn TTIP kommt, haben wir den ganzen genmanipulierten Mist bei uns, und wir in Deutschland werden platt gemacht!" Dann muss er sich beeilen, um den vollen Hänger zum Entleeren zu fahren.

Zwei Stunden später ist das Feld abgemäht. Lange Bahnen an Stroh ziehen sich jetzt wie Tischläufer über die sanften Hügel. Zwei Tage später wird der Bauer sie zu Ballen pressen und zu seinem Hof am Ortsausgang bringen.

“Wie oft macht Ihr das hier?"- „Nur einmal im Jahr!"

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