Kelten in Scheiden Im Wald opferten Kelten einst ihren Göttern

Scheiden · Kelten im Wald begegnen: Wer sich auf den Felsenweg begibt, reist auch in die Vergangenheit. Viele Spuren haben sie hinterlassen.

 Die Felsengruppe im Buchwald bei Scheiden mit dem keltischen Opferstein.

Die Felsengruppe im Buchwald bei Scheiden mit dem keltischen Opferstein.

Foto: Hans Peter Schneider

Scheiden ist der höchstgelegene Ort des Saarlandes. Doch dass er einen grausigen Fund aus längst vergangenen Tagen beherbergt, wissen vielleicht die wenigsten. Dieser zeigt sich noch heute auf dem Felsenweg, einem Premiumwanderweg bei der Felsgruppe im Buchwald. Diese befindet sich auf einer Felserhebung und zeigt Ausläufer des Taunusquarzitgebirges. Die Felsenreste, die zur linken Seite stehen, lassen eine mächtige Steinwand erahnen. Sie steht wahrscheinlich in enger Verbindung mit den monumentalen monolithischen Felsen der „Wißveltz“-Gruppe (Weißfels-Gruppe) oberhalb des Ortsteils „Grünstadt“ von Waldhölzbach. An einer hohen Steinsäule zieht sich eine sitzbankartige Abstufung entlang, durch die eine Rinne in gleicher Länge verläuft. Der Volksmund betitelt sie als Blutrinne. Hier vermutet man eine keltische Kultstätte, auf der wahrscheinlich auch Menschenopfer dargebracht wurden. In unmittelbarer Nähe wurden jedoch keine Funde geborgen, die diese Annahme bestätigen.

Dennoch gibt es Berichte darüber, dass die Kelten sich hier aufhielten, wofür beispielsweise die Siedlung „Nolscheid itzo Hascheid“, auch „Hascheid“ genannt, bei Losheim spricht. Die Gemarkung „Hascheid“, bei der es sich um einen Nadelwald handelt, bildet im Nordosten von Losheim ein Dreieck zwischen den Orten Losheim-Mitlosheim und Waldhölzbach. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg legten Grabungen dort keltische Hügelgräber frei. Diese Tumuli wurden durch Raubgrabungen und Artilleriestellungen im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört. Rund 250 Meter südlich entdeckte man auf einer Fläche von etwa 15 Ar eine Nekropole mit 21 Hügeln, wo man etwa 20 Gräber gefunden hat. Zwölf davon sind Erdbestattungsgräber, vier Gräber Brandnachbestattungen, weitere vier sind reine Brandgräber. Ein Hügel barg ein gut erhaltenes Krematorium.

Die Ausgrabungen, die von Pastor Groß und zahlreichen Helfern unterstützt wurden, starteten in den Jahren 1963 bis 1967. Bei der Freilegung der Gräber stieß man auf eine große Steinsetzung aus Eisengallsteinen, die mit Eisengallsteinplatten abgedeckt war. In diesem Grab fanden die Archäologen Schwerter, Ringe und Gürtelschnallen, doch manches davon war so stark verfallen, dass eine Restaurierung chancenlos war. Die gefundenen Dolche und Speerspitzen werden heute noch im Saarbrücker Museum ausgestellt. Aufgrund der Beigaben und der Größe des Grabes wird vermutet, dass im ersten Tumulus der Sippenälteste begraben wurde.

In der zweiten Grabanlage entdeckten die Archäologen neben Dolchen und Urnen eine bronzene Schlangenfibel, die eine kulturelle Einordnung zuließ: Sie stammt zirka aus dem Jahr 450 vor Christus. Außerdem fand man Knochensplitter, und in manchen Gräbern geben Funde Hinweise darauf, dass die Kelten bereits wussten, wie man lötet und schweißt. Manche der Gräber zeigten jedoch Zerstörung durch die Natur und Wild, wie ein Grab, das sich ein Fuchs für seinen Bau ausgesucht hatte.

Die gefundenen Bernsteinplättchen stellten die Forscher vor ein Rätsel, da es hier in der Region kein Bernsteinvorkommen gibt. Bernstein wurde auf der Bernsteinstraße zwischen Hamburg, Köln, Metz und Marseille transportiert. Die Altertumsforscher nahmen daher an, dass ein Schmied in einem der Gräber beerdigt wurde, der die Steine verarbeiten wollte. Diese wurden ihm als Beigabe überlassen.

Darüber hinaus entdeckte man eine Braubacher Schüssel, die ihren Namen vom Ort Braubach bei Koblenz hat, sowie Gräber von Kriegern, die mit Schild und Schwert begraben wurden. Die Ausgrabungen ergaben, dass die Kelten Merksteine mit vergruben, damit sie bestehende Gräber nicht störten. So war ihnen bekannt, wo jemand beerdigt lag. Außerdem bargen die Forscher sechs Milchzähne und Teile eines Oberkiefers eines acht Jahre alten Jungen.

Die beiden Gemarkungen „Wolfsborn“, die am Rande der Straße Losheim-Niederlosheim bis zum „Rennpfad“ – einer alten Römerstraße, die nach Trier führte – bei Scheiden verläuft, sowie der „Herkeswald“ kommen als Siedlungsorte der Kelten in Frage. Im „Wolfsborn“ entdeckten Kiesgrubenarbeiter eine tiefe Grube mit Scherben keltischen Ursprungs, ähnlich wie den Gräbern von „Hascheid“. Der Grund, wieso man im „Wolfsborn“ keine weiteren Funde aufdecken konnte, ist jahrelangen landwirtschaftlichen Nutzungen geschuldet. Daher waren weitere Grabungen erfolglos. In der nahegelegenen Kiesgrube wurde das Plateau abgetragen, auf dem die Siedlung vermutlich stand.

Eine Verbindung der Orte legen die alten Wege von der Nekropole zum „Wolfsborn“ und zum Rennpfad nahe, deren Kreuzung als „keltische Drehscheibe“ bezeichnet wird. Der kleine Bach am Fuße des Plateaus, die klimatisch günstige Lage, der Wild- und Fischreichtum sowie die Ebenen boten beste Ansiedlungsmöglichkeiten für die Kelten, die von den Römern Gallier genannt wurden.

In Losheim entdeckte man 1947 unter dem „Kirchenhügel“ in und außerhalb der Pfarrkirche einen kleinen keltisch-römischen Friedhof. All diese Funde, darunter Urnen, Waffen und Schmuck, helfen bei der Einordnung der Kelten. Losheim gilt als einer der wenigen Orte innerhalb der Hunsrück-Eifel-Kultur, der die Hochblüte der keltischen Kultur und deren Niedergang unter der Vorherrschaft der Römer erlebte. Berichten zufolge waren Losheim und seine umliegenden Orte Heimat von freien keltischen Wehrbauern und Kriegern, die unseren Raum kulturell und wirtschaftlich prägten. Die Funde aus Losheim sind in Saarbrücken, Trier und im Heimatmuseum in Merzig zu sehen.

Zuletzt wird davon ausgegangen, dass hier der keltische Stamm der Treverer angesiedelt war, der aus der südlichen Eifel und dem nördlichen Hunsrück stammt. In seiner Furcht vor den Germanen bat er die Römer um Unterstützung. Wegen dieses Hilferufes erwähnte der Schreiber des römischen Feldherrn Julius Cäsar erstmals in der Geschichte den Namen des Stammes. Dadurch waren die Treverer geschützt, standen aber unter ihrer Herrschaft und übernahmen die Gepflogenheiten der Römer.

 Eine Infotafel beschreibt die historischen Sehenswürdigkeiten auf der Traumschleife.

Eine Infotafel beschreibt die historischen Sehenswürdigkeiten auf der Traumschleife.

Foto: Hans Peter Schneider

Im übrigen wurde Trier vor etwa 2000 Jahren als Augusta Treverorum betitelt, was „Stadt des Augustus im Land der Treverer“ bedeutet. Wenngleich Trier noch nicht zu Zeiten der „Hascheider“ Kelten existierte, stieg die Stadt in der provinzialrömischen Zeit zur Hauptstadt der Treverer auf.

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