Interview „Die Jugendlichen müssen den Weg ins Jugendcafé finden“

Ruth Staudt von der Losheimer Arbeitsmarktinitiative (LAI) über Entstehung, Sinn und Zweck des Projekts „Jugendcafé Losheim“.

Wie kam die Idee zum Jugendcafé?

RUTH STAUDT Es gab im letzten Jahr eine Ausschreibung vom Jobcenter über den Paragraphen 16h, sprich für die Förderung von schwer zu erreichenden jungen Menschen. Das Jobcenter wollte herausfinden, ob es solch schwer zu erreichende Jugendliche gibt, die dort nicht gemeldet sind oder auf der Straße leben, und so herausfinden, wie groß der Bedarf für diese Hilfe ist. Daraufhin gab es eine Ausschreibung für Jugendcafés in Wadern, Losheim und Merzig, von denen nur noch das in Losheim weitergeführt wird.

Das Jugendcafé gibt es nun seit einem Jahr mit einer wachsenden Teilnehmerzahl. Welche Herausforderungen hatten Sie zu bewältigen?

LISA AKTUN Die größte Herausforderung ist, dass die Jugendlichen den Weg ins Jugendcafé finden. Ich kenne von meiner vorherigen Arbeit in einer Wohngruppe viele Regeln, die für eine gewisse Struktur sorgten. Kam ein Jugendlicher eine halbe Stunde zu spät, musste er sein Handy abgeben oder bekam Ausgangssperre. Im Jugendcafé funktioniert das Ganze anders. Die Jugendlichen sind teilweise überhaupt nicht greifbar und in ihrem Alltag strukturlos, wissen nicht, wann sie aufstehen sollen, können keine Termine einhalten. Dann ist es wichtig für sie zu lernen, wie sie ihren Alltag strukturieren können. Dabei helfen wir ihnen.

Und was lief besser als geplant?

AKTUN Dass die Jugendlichen so offen über ihre Probleme reden und erkennen, dass ein Problem vorliegt. Sie wissen ganz genau, dass sie irgendetwas ändern müssen, wenn sie ihren Hauptschulabschluss nicht schaffen. Dann kommen sie zu uns.

Sie gehen an soziale Brennpunkte wie die Stadtparks in Merzig und Wadern und sprechen dort gezielt Jugendliche an. Wie bringt man diese dazu, die Hilfe anzunehmen?

AKTUN Über diese Frage habe ich ehrlich gesagt anfangs auch nachgedacht. Zunächst einmal habe ich die Jugendlichen angesprochen. Vielen sieht man an, dass ein Problem existiert, einige waren auch angetrunken, als ich sie angesprochen habe. Ich frage einfach: „Kennt ihr das Jugendcafé in Losheim?“ Dann erkläre ich die Inhalte und Ziele und frage, ob sie jemanden kennen, der Hilfe braucht. Wenn man sie direkt auf ihr Problem anspricht, rennen sie weg. Das ist der falsche Weg.

Warum läuft das Projekt jetzt aus?

STAUDT Das Projekt „Jugendcafé Losheim – Aktivierung und Coaching U25 – LAI“ wurde ein Jahr vom Europäischen Sozialfonds, dem Landkreis, vom Jobcenter durch Bildungsgutscheine sowie durch das Ministerium und die Gemeinde Losheim finanziert. Wir werden jetzt wieder einen Antrag für eine Verlängerung um ein Jahr stellen. Die Förderperiode des Europäischen Sozialfonds läuft bis 2020, und ich hoffe, dass bis dahin das Projekt auch weiter bestehen kann. Wie es danach weitergeht, weiß man noch nicht.

Wenn das Projekt auch 2019 weiterlaufen kann, was würden Sie gerne noch tun?

AKTUN Ich würde mir wünschen, dass die Eltern besser mitwirken und mit uns zusammenarbeiten. Ich habe selten Kontakt zu den Familien. Viele möchten auch ihren schönen Schein zuhause wahren oder sehen wirklich das Problem nicht. Meinem Eindruck nach ist es ihnen auch relativ egal, was mit ihren Kindern passiert. Wenn die Eltern Hartz IV beziehen, kennen sie es nicht anders. Es gibt Fälle, bei denen man sich als Außenstehender denkt: „Das gibt es es nicht“. Und doch gibt es sie.

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