Perl/Losheim am See Gähnende Leere an vielen Zapfsäulen

Perl/Losheim · Die Einschränkungen wegen Corona bereiten den Tankstellen kurz hinter der Grenze in Luxemburg heftige Umsatzprobleme.

 Deutlich unter einem Euro kostete zuletzt manche Treibstoffsorte in Luxemburg.

Deutlich unter einem Euro kostete zuletzt manche Treibstoffsorte in Luxemburg.

Foto: a-n

„Schau doch mal, wie es den Tankstellen jenseits der Grenze zu Luxemburg jetzt in Corona-Zeiten geht“: ein interessanter Auftrag der SZ-Redaktion. Klar, dass ich diese Gelegenheit auch nutzen will, den Tank des eigenen Autos bei dieser dienstlichen Angelegenheit gleich mit billigem Diesel aufzufüllen. So rolle ich wenig später über die A 8 in Richtung Luxemburg. Im Kopf rufe ich mir dabei die noch gar nicht so alte Nachricht ins Gedächtnis, wonach als Folge der Corona-Pandemie alle Schengen-Grenzen zunächst mal für 30 Tage geschlossen werden sollten. Schauen wir mal!

Bald passiere ich das bekannte blaue Europaschild mit dem Sternenkranz, und verabschiede mich über die Abfahrt Schengen von der Autobahn. Nichts zu sehen von einer gesperrten Grenze! Vielleicht kommt ja noch eine Kontrolle? Nix da – freie Fahrt. Wenig später biege ich ab zu der Tankstelle mit dem blauen Marken-Signet, die ich vor vielleicht fünf Wochen zum letzten Mal angesteuert hatte. Da sieht’s allerdings völlig anders aus als zu früheren Zeiten. Wo damals ein Einweiser die Autofahrer in Warteschlangen vor den vielen Zapfsäulen „vorsortierte“, wartet diesmal gähnende Leere. Nicht ein einziges tankendes Auto zu sehen. Haben die überhaupt auf?

Doch, doch – die elektrisch betriebene Tür öffnet sich wie von Zauberhand. Und an der Kasse hinter den auch von heimischen Läden inzwischen vertrauten Abstandsstreifen wartet eine freundliche Kassiererin. Auf meine Bitte um einige Antworten zu der für mich ungewohnten Situation verweist sie mich an eine ältere Kollegin, die besser Deutsch spreche und das Geschäft schon seit vielen Jahren kenne. Ihren Namen darf sie auf Anweisung der Geschäftsführung nicht nennen, aber sie teilt mir immerhin mit, als Berufspendlerin im Kreis Merzig-Wadern zu Hause zu sein.

„Diesen massiven Umsatz-Einbruch durch Corona habe ich hier noch nie zuvor erlebt.“ Und sie fährt fort: „Bei uns kommen inzwischen deutlich weniger als die Hälfte der zumeist aus Deutschland stammenden Kunden, um bei uns zu tanken oder Zigaretten sowie Spirituosen zu kaufen.“ Trotz der niedrigen Tankkosten, „hier können sie für 92 Cent pro Liter Superbenzin und Diesel tanken“, blieben die Grenzgänger aus Angst vor dem Virus aus. Außerdem bekämen deutsche Kunden bei der Heimreise an der Grenze Ärger, weil aktuell eigentlich nur Pendler den längst nicht mehr vorhandenen Schlagbaum passieren dürfen.

Die Kassiererin zeigt mir dann ihr Auto mit dem MZG-Kennzeichen, in dessen Windschutzscheibe sie ein behördliches Formular als angemeldete Berufspendlerin ausweist. „An den ersten Tagen nach der Grenzschließung musste ich bei der abendlichen Heimreise zum Teil lange Warteschlangen hinnehmen, aber das hat sich inzwischen längst eingespielt.“ Ansonsten beklagten auch die übrigen Lebensmittelgeschäfte in Luxemburg zum Teil mit verkürzten Öffnungszeiten wie daheim im Saarland die ausbleibenden Kunden. Während wir munter plaudern, rollt plötzlich ein Auto mit einem Kennzeichen aus Baden-Württemberg an eine der vielen Zapfsäulen. „Das ist nur ein Dienstwagen“, versichert mir schmunzelnd der freundliche Fahrer, „ich selber bin Geschäftsmann aus Merzig und fahre tagtäglich zu meiner Niederlassung hier in Luxemburg.“ Die jeweilige Heimreise habe sich an der Grenze mit dem erforderlichen Pendler-Formular längst eingespielt.

Kaum habe ich mich von dem Deutschen verabschiedet, vermittelt ein weiteres Auto, diesmal mit MZG-Kennzeichen, fast die Erinnerung an eine „Rushhour“: Immerhin zwei Autos an nahezu 15 Zapfsäulen! Diesmal handelt es sich um einen jungen Mann aus Perl, der tagsüber seiner Arbeit in der Umgebung von Schengen nachgeht. Auch für ihn hat die neue Grenzsituation eine gewisse Normalität gewonnen: „Warteschlangen bei der Heimreise gibt es kaum noch – solange man die richtigen Papiere mitführt.“ Soweit alles klar – vor meiner Heimreise will ich natürlich schnell noch den eigenen Autotank auffüllen. Dann gibt es plötzlich doch noch ein Problem. Bald 20 Jahre lang funktionierte die Zentralverriegelung dieses Pkw tadellos – aber ausgerechnet diesmal lässt sich die Tankklappe trotz vieler Versuche einfach nicht entriegeln. Hilft alles nichts – dann muss ich halt diesmal auf das Tanken verzichten. Die Begeisterung darüber hält sich in ganz engen Grenzen.

 Der junge Mann aus Perl arbeitet zurzeit im benachbarten Luxemburg und nutzt solche Gelegenheiten, um in Schengen von den niedrigen Spritpreisen zu profitieren. Seine behördliche Pendlerbescheinigung muss er bei der Rückkehr in die Heimat vorzeigen.

Der junge Mann aus Perl arbeitet zurzeit im benachbarten Luxemburg und nutzt solche Gelegenheiten, um in Schengen von den niedrigen Spritpreisen zu profitieren. Seine behördliche Pendlerbescheinigung muss er bei der Rückkehr in die Heimat vorzeigen.

Foto: a-n

Auf dem Heimweg zur Werkstatt meines Vertrauens in Losheim am See muss ich freilich wieder die Grenze passieren. Aber das funktioniert wenig später reibungslos. Auf der A 8 verjüngen sich die Fahrbahnen hinter der Grenze auf eine Spur, die mich hinter einigen Lkw auf einen Parkplatz führt, wo ein großes Aufgebot der Polizei die Corona-bedingte Grenzkontrolle durchführt. Ein junger Mann in Uniform hält mich an. Seine dienstlich korrekte Frage: „Sind Sie deutscher Staatsbürger?“ Meine ebenso korrekte Antwort: „Ja“ – und schon bin ich auf dem Weg nach Losheim am See, zu meiner Werkstatt. Und auch die bekommt die Corona-Krise zu spüren.

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