Kolumne Apropos Brennnesseln sind ein Gefühl
Brennnesseln sind auch eine Frage der Garderobe. Und unser Autor kam mit kurzen Hosen an.
Wenn ich manchmal abends allein am Waldrand Basketball spiele und nach einer Weile keine Lust mehr habe, glüht mir schon der Kopf ganz heiß. Weil neben dem Basketballkorb aber auch ein Fußballtor steht, laufe ich trotzdem noch mal los und trete den schweren Ball mit meinen müden Füßen ins Netz, so dass es sich, aus dem Schlaf aufgeschreckt, nach hinten zerrt und gähnt. Doch diesmal schieße ich vorbei.
Brennnesseln sind keine Pflanzen, sondern ein Gefühl, eine Frage des Stoffs. Und ich komme in kurzer Hose zum Feld, dessen Blätter sich schon zittrig freuen. Oh, sieh! Sie fassen nach mir, streicheln mich bei jedem Schritt, hätscheln und umarmen, ach, so einen wie dich haben wir hier so sehr vermisst. Reiben sich wie Katzen ihre Köpfe an meinen Waden, mmmh, ganz schmusig um mich herum, während ich wie ein Storch die Füße hebe und suche, mit dem Gesicht nach unten, gefährlich nah. Wangen! Und wir kommen nicht ran. Lass sehen, du kriegst einen Kuss von mir. Der Ball so braun wie das Unterholz, die einen heuchelnd ihre Blätter über ihn, die anderen nesselnd am Knie. Ein Stängel wagt sich ganz langsam von hinten hoch zum Hosensaum.
Hab Ihn! Das rufe ich, den Ball, und raus. Drei Schritte noch, sie lassen mich nicht ziehen. Morgen kommst du wieder, gell? Der Abschied tut uns allen weh.