Unsere Woche Wo blieb der Respekt voreinander?

Nein, es soll in den folgenden Zeilen nicht darum gehen, worüber am Donnerstagabend in der Villa Fuchs diskutiert wurde. Denn in dieser Hinsicht brachte der Abend keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse.

Unsere Woche: Wo blieb der Respekt voreinander?
Foto: SZ/Robby Lorenz

Dass die Mitglieder der Bürgerinitiative „Seffersbach Stadtmitte“ kein Gebäude auf dem Platz errichtet sehen wollen und dass sie bei der künftigen Gestaltung des Platzes und seines Umfeldes beteiligt werden wollen, das ist sattsam bekannt.

Vielmehr soll es darum gehen, wie an diesem Abend diskutiert worden ist. Denn das war zeitweise erschreckend. Offenkundig ist es im Zeitalter von Trump & Co. salonfähig geworden, in der politischen Diskussion jegliche Regeln des Anstands zu ignorieren. Das stellte mancher, der sich an der hitzigen Debatte beteiligte, unter Beweis. Wo blieb an diesem Abend der Respekt voreinander, wo die Bereitschaft, den Argumenten eines anderen in einer strittigen Frage zumindest einmal zuzuhören – und ihn  ausreden zu lassen? Was statt dessen insbesondere in der ersten Hälfte der Veranstaltung von vielen Diskutanten zu erleben war: Lautstarke Polemik, undifferenziertes Herumpoltern, das Verächtlichmachen des Gegenübers und das Um-Sich-Werfen mit halbgaren Unterstellungen und unwahren Behauptungen – das alles beklatscht von einer johlenden Menge, für die offenkundig jeder, der politische Verantwortung übernimmt, unter Generalverdacht steht. Unter dem Generalverdacht nämlich, nicht die Interessen der Allgemeinheit im Sinn zu haben, sondern vorrangig seine eigenen oder die interessierter Personen oder Grüppchen. Davon will man sich auch durch argumentative Gegenrede nicht abbringen lassen.

Wie tief diese Denkhaltung verwurzelt ist, zeigte sich, als am Ende einer zweieinhalbstündigen Debatte der BI-Vorsitzende den Wunsch äußere, der Stadtrat möge seinen Beschluss, auf den Regler-Platz ein mehrgeschossiges Gebäude mit Tiefgarage zu errichten, wieder kippen. Einen solchen Beschluss hat es nicht gegeben. Das haben im Laufe des Abends mehrere Vertreter der Ratsfraktionen und auch der Bürgermeister betont. Aber die Merziger Wutbürger wollten dem keinen Glauben schenken. Vielmehr wollten einige ganz offenkundig Dampf ablassen. Und so tauchten ganz unvermittelt das leer stehende Haus Sonnenwald, die Umgestaltung des Stadtparks, der Kaufland-Kreisel, der Fellenberg-Park und die Klosterkuppe in der Diskussion auf – wo sie nicht wirklich hingehörten.

Schade ist, dass in der Kakophonie manches Argument, was sehr bedenkenswert ist, nahezu untergegangen ist: etwa die Hinweise auf die wichtige ökologische Funktion eines begrünten Seffersbachlaufes für das Mikroklima der Stadt; oder die Anmerkungen zur Bedeutung zentraler Plätze als soziale Treffpunkte – was im Übrigen der Regler-Platz, allen anderslautenden Aussagen zum Trotz, nie gewesen ist. Es ist ein Platz, der in seiner jetzigen Gestalt von den meisten Menschen in Merzig nicht wahr- und angenommen wird.

Auch die Politik muss sich allerdings fragen, was da von ihrer Seite falsch gelaufen ist, dass sich solch eine aufgeheizte Stimmung in der Bevölkerung breit machen konnte. Ganz gewiss war es mehr als ungeschickt, eine fix und fertige, ziemlich  überdimensionierte und zudem alles andere als attraktive Planung öffentlich zu präsentieren, statt ergebnisoffen in einen Diskussionsprozess mit der Bevölkerung zu gehen. Mit diesem Vorgehen haben die Verantwortlichen das Gefühl bei den Bürgern verstärkt, von der Politik hintergangen und überrumpelt zu werden. Das Porzellan, das hier in den vergangenen Wochen zerschlagen worden ist, es wird kaum wieder zu einem stimmigen Ganzen zusammenzusetzen sein.

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