Wort zum Alltag „Singt dem Herrn ein neues Lied ...“

Kantate“ heißt der kommende Sonntag in der evangelischen Kirche und nimmt damit das erste Wort des lateinischen Verses aus Psalm 98, Vers 1 auf: „Cantate Domino canticum novum“: Singt dem Herrn ein neues Lied.

Den neuen, wunderbaren Taten Gottes sollen wir mit neuen, wunderbaren Liedern antworten. Lieder, die nicht nur sein vergangenes Handeln loben und preisen, sondern auch hinweisen sollen auf das, was noch kommt, was wir erwarten dürfen: das neue Jerusalem, Gottes Reich auf Erden. Ja, Musik ist ein Medium, das uns Altes über Jahrhunderte hinweg bewahren hilft, aber es kann uns auch träumen lassen von der Zukunft. Viele Lieder beschäftigen sich mit zeitlosen Themen wie Liebe oder Tod und Leben. Andere nehmen gesellschaftliche Fragen der Gegenwart auf, mal kritisch, mal spielerisch, mal unterhaltend, mal warnend. Lieder haben blutige Revolutionen und Kriege befeuert, aber auch dem Frieden und der Völkerverständigung gedient. So wie alles, was der Mensch an Kulturellem hervorgebracht hat, können sie konstruktiv oder destruktiv, heilend oder verletzend, aufbauend oder zerstörerisch, motivierend oder niederschmetternd wirken.

„Kantate“ heißt der kommende Sonntag also. „Singt dem Herrn ein neues Lied …“ Die Strophe geht bekanntermaßen so weiter: „denn er hat Wunder vollbracht!“ Als Christen singen wir – nicht nur – im Gottesdienst aus einem bestimmten Grund: Gott durchbricht den allzu menschlichen Lauf der Welt und setzt neue Maßstäbe: Solidarität, Barmherzigkeit, Liebe… Seine Aufmerksamkeit gilt gerade jenen, die wir zu schnell übersehen oder aufs Abstellgleis schieben. Er sorgt sich und kümmert sich um das, was in uns gebrochen und verletzt ist. Dem dürfen wir auch in unserem Gesang Ausdruck verleihen – auf ganz vielfältige Weise. Es ist gerade der Reichtum der Musik, die den Reichtum unseres Glaubens erfassen kann. Wichtig ist, dass wir den Grund des Singens, den Psalm 98 nennt, nicht vergessen: die Wunder, die Gott für uns bereit hält. Christliche Musik hat darum immer etwas Revolutionäres. In Stunden der Verzweiflung singen wir von Hoffnung, in Zeiten des Krieges vom Frieden und im Angesichts des Todes singen wir auch vom Leben. Weil wir daran festhalten, dass Gottes Wort wirkt, auch heute noch, mitten in unserer Gesellschaft. Weil wir dafür Sorge tragen wollen, dass niemand davon ausgeschlossen bleibt und jeder willkommen ist. Weil wir darauf bauen dürfen, dass unser Glaube nicht nach weltlichen Maßstäben funktioniert, sondern seinen Grund im Evangelium hat. Insofern dürfen unsere Lieder ruhig ein Ärgernis sein für jene, die sich die Schöpfung und ihre Geschöpfe untertan machen. Sie sollen wissen, dass in unseren Herzen ein anderer das Sagen hat. Und auf dessen Wort auch Taten folgen.

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