Musical Sein Harry ist reifer geworden

Köln/Primsweiler · Detlef Leistenschneider aus dem Saarland spielt derzeit in „Mamma Mia“ in Köln.

 Detlef Leistenschneider (rechts) singt auf humorvolle und dennoch gefühlvolle Art „Danke für die Lieder“.

Detlef Leistenschneider (rechts) singt auf humorvolle und dennoch gefühlvolle Art „Danke für die Lieder“.

Foto: Brinkhoff/Mögenburg

Zum dritten Mal in seiner Karriere gibt Detlef Leistenschneider, geboren in Wadern und bis 1993 in Primsweiler zu Hause, den Harry Beck in „Mamma Mia“. Nach Hamburg und Berlin nun in Köln. Eine halbe Stunde vor der Mittagsvorstellung plaudert der 45-Jährige noch gemütlich am Bühneneingang des Musical-Domes mit Fans, die an diesem Samstag aus dem Saarland angereist sind. Von Nervosität keine Spur.

So kurz vor Vorstellungsbeginn können Sie sich noch so entspannt mit Fans unterhalten – ist schon Routine eingekehrt?

Detlef Leistenschneider Ja, irgendwie schon. Vor den ersten drei, vier Vorstellungen in einer neuen Stadt bin ich schon nervös. Aber dann geht es. Und außerdem: Wir Väter kommen ja erst nach einer Viertelstunde auf die Bühne; da habe ich ja noch etwas mehr Zeit. Und groß in die Maske muss ich auch nicht.

2002 spielten Sie das erste Mal die Rolle des Harry Beck in „Mamma Mia“. Was ist anders an Ihrer Figur, ist sie mit Ihnen auch reifer geworden?

Leistenschneider Ich glaube schon, dass Harry mit mir reifer geworden ist. Damals war ich 29, und ich habe immer versucht, das richtige Alter zu spielen. Harry ist ja schließlich in den Vierzigern. Mittlerweile brauche ich nicht mehr zu spielen, da ich selbst in dem richtigen Alter bin. Das ist sehr angenehm. Denn ich kann einfach Detlef Leistenschneider sein, der sich ganz auf den Charakter der Figur konzentrieren kann. Ich denke, mein Harry von heute ist ehrlicher und persönlicher. Und hat mehr Erfahrung.

In der Zeit der Hamburger Mamma-Mia-Aufführungen sind auch Ihre beiden Kinder geboren. Sie sind also mit Donna, Sophie und Co. aufgewachsen. Was halten sie von dem Stück? Oder kennen Sie es doch eher aus dem Kino?

Leistenschneider Nein, aus dem Kino kennen sie das Stück nicht. Meine Tochter ist jetzt elf, sie war in Linz bei der Premiere dabei. Und hat das Stück sehr oft, fünf oder sechs Mal, gesehen. Und sie ist begeistert. Mein Sohn ist 15. Trotzdem findet er es auch super. Er war eines der ersten Mamma-Mia-Kinder in Hamburg. Wir waren ja alle in dem Alter, in dem man Mutter oder Vater wird. Und es kamen einige Kinder in dieser Zeit auf die Welt, mein Sohn war das zweite Kind, das während der Mamma-Mia-Laufzeit geboren wurde. Und er hat Mamma-Mia quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Denn seine Mutter war damals eigentlich auch für Mamma-Mia engagiert, dann wurde sie schwanger. Aber die Musik steckte sozusagen im Mutterbauch.

Jetzt also Mamma Mia in Köln. Was unterscheidet diese Inszenierung von den Aufführungen in Hamburg und Berlin?

Leistenschneider Von der Inszenierung her gibt es keine Unterschiede. Weltweit läuft die gleiche Show. Für mich und meine Kollegen ist es was Besonderes, weil wir alle vorher schon einmal unsere jeweiligen Rollen gespielt haben. Und mit dieser Erfahrung werden wir wieder zusammengesetzt. Wir haben das Gefühl, das Stück wurde dadurch dichter.

Rührt eine Szene Sie besonders zu Herzen?

Leistenschneider Früher fand ich die Ankunft der Väter sehr lang und langwierig. Vielleicht, weil ich zu viel wollte. Es war alles sehr bedeutungsschwanger für mich. Heute nehme ich es etwas leichter. Und es ist meine Lieblingsszene.

Gibt es auch ein Lied, das Sie besonders mögen?

Leistenschneider Das wechselt immer. Manchmal finde ich „Dancing Queen“ total klasse, dann die leiseren Töne von „Durch meine Finger rinnt die Zeit“.

Mit Mamma-Mia startete der Boom der Jukebox-Musicals. In den nächsten Monaten haben Musicals mit der Musik von Tina Turner, Meat Loaf oder Take That Premiere. Was halten Sie davon, dass immer mehr Künstler Ihre eigenen Musicals bekommen?

Leistenschneider Sie bekommen ja nicht ihr eigenes Musical. Irgendjemand kommt auf sie zu mit der Idee, etwas aus der Musik zu machen. Und das finde ich ganz gut. Wenn jemand so viel Musik geschrieben hat, dass man diese in einer Geschichte verpacken kann, dann ist das doch eine schöne Sache. Die Musik ist da, warum soll man sie nicht in einen neuen Kontext stellen. Es wäre natürlich schade, wenn es jetzt nur noch solche Stücke geben würde. Aber ich denke, das wird nicht passieren. Es werden immer wieder neue Stücke geschrieben. Auch hier in Deutschland gibt es viele Menschen, die sich damit beschäftigen. Es gibt beispielsweise den Creators-Wettbewerb in Hamburg. bei dem ich in der Jury sitze. Und wir bekommen zahlreiche neue Musicals zugeschickt. Es tut sich also immer etwas.

Gibt es einen Künstler, dessen Musik Sie sich in einem Musical wünschen würden?

Leistenschneider Sting finde ich klasse.

Eine Ihrer Paraderollen war die des Richard Lubanski in „Das Wunder von Bern“. Bei unserem letzten Gespräch 2016 meinten Sie, das Musical würde in zwei, drei Jahren wieder ausgepackt. Was denken Sie: Stimmt Ihre Theorie?

Leistenschneider Ich glaube, diese Theorie stimmt nicht. „Das Wunder von Bern“ wird wohl nicht mehr ausgepackt. Aber wer weiß? Stage Entertainment wurde ja von einem amerikanischen Unternehmen gekauft. Und es weiß niemand, was passieren wird. Welche Theater vielleicht wieder geöffnet werden. Oder welche Stücke ausgegraben werden. Vielleicht ja doch wieder dieses schöne Musical „Das Wunder von Bern“.

Und Sie stünden bereit?

Leistenschneider Wenn es passt, gerne. Es war eine tolle Rolle.

Warum haben es solche eher schweren Musicals nicht so leicht in Deutschland?

Leistenschneider Das kann ich nicht so genau sagen. Vielleicht ist es der Zeitgeist. Wenn man in die Welt schaut, deprimiert das. Und man will lieber etwas Leichtes sehen. Sich unterhalten lassen, statt zu grübeln. Vielleicht ist das deutsche Publikum auch eher etwas resistent, was neue Sachen angeht. In England oder New York sind die Menschen offener für neue Stücke. Dort gibt es aber auch eine ganz andere Musical-Historie als in Deutschland.

Sie wohnen in Hamburg, spielen jetzt in Köln. Damit sind Sie ein ganzes Stück näher an die Heimat gerückt. Besteht nun öfter die Möglichkeit, die Familie zu besuchen? Oder für Ihre Familie, Sie auf der Bühne zu sehen?

Leistenschneider Tatsächlich war ich erst vor gut einer Woche für zwei Tage im Saarland. Hab meine ganze Familie besucht und schön zu Abend gegessen. Und meine Familie kommt auch nach Köln, um sich eine Vorstellung anzusehen.

Wie geht es nach Mamma Mia weiter?

 Im Musical-Dome in Köln wird derzeit „Mamma Mia“ gespielt.

Im Musical-Dome in Köln wird derzeit „Mamma Mia“ gespielt.

Foto: Melanie Mai
 Detlef Leistenschneider vor dem Musical-Dome in Köln.

Detlef Leistenschneider vor dem Musical-Dome in Köln.

Foto: Melanie Mai

Leistenschneider Das steht noch in den Sternen. Bis Ende Mai steht erst mal noch „Mamma Mia“ auf dem Programm. Mal schauen, was der Sommer bringt.

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