Der immense Verkehr bleibt draußen Bürger strömen in Scharen an die Wahlurnen

Der Regen hat an den Wahlplakaten entlang der L 170 seine Spuren hinterlassen - Runzeln auf bislang glatten Konterfeis, verwaschene Schriften. Während sich Sonne und Schauer miteinander abwechseln, rollen auf der Straße rollen die Autos: Tanktouristen und Luxemburger mit dem Ziel Großherzogtum. Zumindest reiht sich kein Lkw an diesem Nachmittag in die Blechlawine ein

Der Regen hat an den Wahlplakaten entlang der L 170 seine Spuren hinterlassen - Runzeln auf bislang glatten Konterfeis, verwaschene Schriften. Während sich Sonne und Schauer miteinander abwechseln, rollen auf der Straße rollen die Autos: Tanktouristen und Luxemburger mit dem Ziel Großherzogtum. Zumindest reiht sich kein Lkw an diesem Nachmittag in die Blechlawine ein. Die meisten Brummis haben Fahrverbot - und das nicht nur an dem Wahltag. Für die Anlieger der L 170 ist es eine kurze Verschnaufpause, bevor es am Montag wieder in die Vollen geht. "Dann kommen die Autofahrer aus allen Feldwegen auf die Hauptstraße", wissen Silvia Hurth, Frank Thiel und Ortsvorsteher Karl-Josef Fixemer aus fast zweimonatiger, leidvoller Erfahrung. Seit dem frühen Nachmittag nehmen die Drei in der ehemaligen Grundschule Wahlzettel entgegen - für Gemeinde-, Ortsrat-, Kreis- und Europawahl. "Im Wahllokal ist es kein Thema", sagen sie unisono. Aber es vergehe kein Tag, an dem sich nicht die Beschwerden über die rücksichtslosen Auto- und Brummifahrer häuften - brenzlige, riskante Situationen, nicht nur für Kinder. Seit der Pellinger Tunnel Richtung Luxemburg wegen Sanierung gesperrt ist, schlagen Anwohner entlang der L 170 Alarm, fürchten wegen des unerträglichen Verkehr um Sicherheit und Gesundheit. "Vielleicht bringt der gemeinsame Vorstoß der Politiker etwas und der Pellinger Tunnel wird für den Gegenverkehr ausgebaut", hofft Ortsvorsteher Fixemer mit Blick auf die Zusagen der Podiumsteilnehmer am vergangenen Donnerstag. In der Tünsdorfer Mehrzweckhalle hatten CDU, SPD, FDP, Grüne und Linke versprochen, für diesen Ausbau gemeinsam Druck auf Bundesverkehrs- und Bundesfinanzministerium zu machen. "Wir jedenfalls hoffen auf den entsprechenden Ausbau", meint Fixemer. Für den CDU-Mann ist es die letzte Wahl als Ortsvorsteher. "Nach gut 20 Jahren Kommunalpolitik ist es Zeit, jungen Leuten Platz zu machen. Ich habe gute Nachfolger", meint er. Etwa die Hälfte der 243 Wähler haben ihr Kreuzchen am frühen Nachmittag schon gemacht. "Von vielen weiß ich, dass sie noch kommen", ergänzt der CDU-Mann. Neu bei diesem Mal: Statt der Mehrheitswahl wie in den gut 20 Jahren zuvor, treten nun sechs Parteien an. Ein paar Kilometer weiter in Büschdorf, ebenfalls vom Umleitungsverkehr arg gebeutelt, warten vier Wahlhelfer im Bürgerhaus auf Stimmabgaben. 120 Wähler haben ihre Wahlzettel bis zum frühen Nachmittag in die Urnen geworfen - mehr als die Hälfte von den insgesamt 238. "Der Verkehr verfolgt uns Tag und Nacht", sagen Egon Höhn, Stefan Stefan Backes und Rene Moussong. Dass sich während der Bauarbeiten etwas ändert, glauben die drei Männer nicht. "Das wird so weiter laufen wie bisher." Was sie ärgert: Erst auf Druck der Bevölkerung sei eine Ampel installiert worden. Und der Teerbelag der Straße, vor der Sperrung in einem Top-Zustand, sei mittlerweile in Mitleidenschaft gezogen worden. "Wenn die Baustelle fertig ist, muss die Straße wohl neu gemacht werden", argwöhnen die drei Wahlhelfer. "Bis zum Bau der Autobahn waren wir den Autoverkehr gewöhnt." Allerdings seien damals die Lkw nicht auf dieser Route gerollt - derzeit ein Haupt-Beschwerdepunkt der Anlieger. Und im Vergleich zu früher habe sich der Verkehr immens erhöht. Die seien bis zum Bau der Autobahn über Trier umgeleitet worden. Derweil hofft Andreas Hoffmann auf die Zusage der Podiumsteilnehmer am vergangenen Donnerstag. "Ich denke, dass nur eine große Koalition aller Parteien durchsetzen kann, dass der Tunnel so ausgebaut wird, dass er künftig auch gegenläufig befahrbar sein wird", meint er, während Michael Leuck Anweisungen zum Einwurf der Wahlzettel gibt. Dass die Politiker-Phalanx in Berlin Druck machen wolle, stimme ihn zuversichtlich. "Ich hoffe, dass dies etwas nützt." Die Podiumsdiskussion sei sachlich gewesen, ohne parteipolitisches Gezänk - eine Aussage, die die Tünsdorfer Wahlhelfer nur unterstreichen können. Die Ampelanlage bringe ein wenig Sicherheit - obwohl der ein oder andere Autofahrer auch bei Rot drüberbrettert. Was sie ärgert: Erst nach dem tödlichen Unfall bei Büschdorf habe man reagiert, Ampelanlagen installiert und provisorische, gelbe Fußgängerüberwege auf die Straßen aufgeklebt. "Warum wartet man, bis etwas passiert ist?", fragen sie. "Es gibt jeden Tag Situationen, dass sich einem der Magen rumdreht", weiß Helmut Dillmann, der mit Werner Uder und Thomas Hoffmann-Resch die Morgenschicht im Feuerwehrgerätehaus abgelöst hat. Derweil steht für Bernhard Schatz, der am frühen Nachmittag seine Stimme abgibt, fest: Eine andere Möglichkeit, als den Verkehr durch die Orte zu leiten, gebe es derzeit nicht. Auf die drei Wahlhelfer kommt noch eine Menge Arbeit zu. Erst 250 der 674 Wahlberechtigten haben bis zum frühen Nachmittag erst ihr Kreuzchen gemacht. "Für diese Anzahl sind zwei Wahllokale zu klein, für ein Wahllokal ein bisschen zu groß, meinen sie unisono. "Die geringe Wahlbeteiligung liegt nur am Wetter", meint das Trio. "Wir haben einen guten Platz und können die Wolken, die aus Richtung Westen Regen bringen, wunderbar beobachten." Während der Autoverkehr im Laufe des Nachmittags weiter Richtung Luxemburg rollt, gewinnt die Sonne mehr und mehr die Oberhand. Nicht nur die Wahlhelfer im Feuerwehrgerätehaus kriegen mehr Arbeit, sondern auch die Musiker in unmittelbarer Nähe am Tünsdorfer Sportplatz. Denn das Ensemble feiert sein Sommerfest - mit jeder Menge Kulinarischem und bunten Melodien. Und die Tünsdorfer haben die Möglichkeit, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden - die Wahl, die Bürgerflicht sein sollte, mit dem Besuch des Festes nach Noten. Das Wetter jedenfalls hat es zugelassen. Eine Stunde vor Schließung der Wahllokale meldete der SR für die Europa-Wahl, dass sich eine historisch niedrige Wahlbeteiligung von 20 Prozent europaweit abzeichne. Im Saarland hätten bis 14 Uhr 26 Prozent gewählt, auch wesentlich weniger als früher, meinte der Sender. Dass diese Prognosen zumindest im Kreis Merzig-Wadern keinen Bestand haben würden, das zeichnete sich schon kurz nach der Mittagszeit bei der SZ-Rundreise zu einigen Wahllokalen ab.Um 13 Uhr ist Helmut Turner, der Ortsvorsteher, in Wadern. Gerade hat er im Wahllokal Graf-Anton-Schule mit einigen Helfern "die Mittagsschicht" übernommen. Es herrscht die pure Gelassenheit. Bis jetzt hat sich keiner der Mühe unterzogen, die Wahlbeteiligung bis zum Mittag auszurechnen. In der Schule Beckingen haben sie um 15 Uhr schon über 50 Prozent. In Zahlen: 501 von 932 Wahlberechtigten haben ihren Stimmzettel abgegeben. "Ein gutes Ergebnis für diese Uhrzeit", sagen Wahlvorstand Thomas Collmann und seine Helfer Jochen Jungmann und Peter Zenner: "Besser als beim letzten Mal!" Im Oppener "Gasthaus Zum Lückner" meldet Dirk Maxem ebenfalls über 50 Prozent. Ralf Selzer und der stellvertretende Ortsvorsteher Dieter Beckinger rechnen mit etwa 70 Prozent: "Das letzte Mal hatten wir 77 Prozent!" Um 15.40 Uhr war am Wahllokal Schule Nunkirchen kein Durchkommen mehr. "Hier geht es heute um die Wurscht", begründete ein Wähler die Warteschlange. Am Abend werden alle mehr wissen. "Rechtsgrundlage zur Europawahl" heißt das vom Bundeswahlleiter herausgegebene Standardwerk, das am Sonntag in jedem Wahllokal liegen musste. Keine Muss-Sache war dagegen Kaffee und Kuchen, wie im Wahllokal Überlosheim. Das Buch haben sie hier gebraucht. Ein Ausländer wollte hier seine Stimme für die Europa-Wahl abgeben. Dumm nur, dass er für diese Wahl in Deutschland einen Sperrvermerk im Wählerverzeichnis hatte. Um dessen Aufhebung hätte sich der Mann vorher in seiner Heimat kümmern müssen. Auf die 199 regulären Wahlberechtigten in Überlosheim hatten am Sonntag ein Auge: Der SPD-Kreisschatzmeister Albert Lang als Wahlvorsteher, assistiert von Bernd Marx von der Stadtverwaltung, Werner Geibel und Ortsvorsteher Armin Fuchs. Es war ein ruhiger Tag in dem Waderner Stadtteil. Um 16 Uhr hatten sie 50 Prozent. "Wir liegen gut im Rennen", meinte das Quartett. 60 Prozent maximal sind sie hier gewohnt. Eine lange Schlange hatte sich um 17.15 Uhr im Wahllokal Seffersbach-Halle in Brotdorf gebildet, der größte Andrang des Tages. 60 Prozent haben bis jetzt gewählt. In den letzten 45 Minuten könnte es sich noch bei 63 bis 64 Prozent einpendeln, mutmaßt Wahlvorsteherin Nicole Leinen.Einen Stau im Wahllokal gab es auch in Weierweiler, dem kleinsten Ortsteil der Gemeinde Weiskirchen. Das war gegen 16.30 Uhr. "Die Wahlbeteiligung war um diese Zeit auch schon mal höher", hatte gerade der frühere Ortsvorsteher Franz-Josef Müller festgestellt. Doch der Mann irrte. Der aktuelle Ortsvorsteher Arno Schmitt hat nachgezählt: "123 von 199 haben bis jetzt gewählt." Doch davon morgen mehr. "Das letzte Mal hatten wir 77 Prozent!"Dieter Beckinger, stellvertretender Ortsvorsteher in Oppen"Jeden Tag gibt es Beschwerden über brenzlige Situationen." Wahlhelferin Silvia Hurth"Warum erst Ampeln, wenn etwas passiert ist."Wahlhelfer Helmut Dillmann

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort