Interview mit Daniela Schlegel-Friedrich Das Virus bleibt auch jetzt weiterhin präsent

Die Landrätin des Kreises Merzig-Wadern berichtet von den Herausforderungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie.

 Da Coronavirus – hier eine elektronenmikroskopische Aufnahme – hat den Landkreis Merzig-Wadern seit vielen Wochen fest im Griff. Derzeit gibt es keine nachgewiesenen Infektionen.

Da Coronavirus – hier eine elektronenmikroskopische Aufnahme – hat den Landkreis Merzig-Wadern seit vielen Wochen fest im Griff. Derzeit gibt es keine nachgewiesenen Infektionen.

Foto: dpa/Uncredited

Im Landkreis Merzig-Wadern gibt es seit dem Wochenende keine nachgewiesenen Corona-Infektionen mehr. Wie ist es gelungen, als einer der ersten Landkreise im Saarland an diesen Punkt zu kommen?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Die Tatsache, dass wir uns streng an die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) gehalten haben und mit großem Personalaufwand (internes und externes Personal) eine strikte Kontaktpersonen-Nachverfolgung und Quarantäne-Überwachung betrieben haben, ist sicher Teil des Erfolges. Wir haben darüber hinaus sehr viel getestet (mit bis zu drei Abstrich-Teams wurden 1981 Abstriche im Landkreis Merzig-Wadern gemacht) und konnten so einige symptomlose Personen ausfindig machen und sofort in Quarantäne setzen. Dann wurde die Kontaktpersonen-Nachverfolgung sofort und konsequent durchgeführt. Durch innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen konnten die Fälle sehr zeitnah bearbeitet werden.

War es in einem eher ländlich geprägten Kreis wie Merzig-Wadern einfacher oder schwieriger, die Pandemie in den Griff zu bekommen? Inwiefern?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Eher einfacher, weil die großen Ballungszentren/Sammlungspunkte, wie in einer Stadt fehlen. Auch wird in ländlich geprägten Strukturen ein anderes Zusammenleben praktiziert. Die Menschen helfen sich gegenseitig und die soziale Kontrolle ist höher. Die Menschen konnten die Beschränkungen auch besser einhalten, weil sie im eigenen Garten und im Freien viele Bewegungsspielräume behalten haben.

 Daniela Schlegel-Friedrich

Daniela Schlegel-Friedrich

Foto: Landkreis Merzig-Wadern/LandkreisMerzig-Wadern

Wo lagen in den vergangenen Monaten die größten Herausforderungen und wie wurden diese gemeistert?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Die größten Herausforderungen lagen in der Kontaktpersonen-Nachverfolgung, Strukturierung der internen Organisationsabläufe und der Einweisung/Schulung von externem Personal. Die Kontaktpersonen-Nachverfolgung wurde durch Fachpersonal des Gesundheitsamts durchgeführt. Es wurden spezielle Teams gebildet, wie Quarantäne-Überwachung, Schreibdienst für Anordnungen, Erfassung in der Software, Abstrich-Teams (mobil und stationär), Schulung externer Mitarbeiter, damit diese in den Teams eingesetzt werden können.

Wie sieht nun der Alltag im Gesundheitsamt des Landkreises aus? Werden weiter Tests durchgeführt oder treten derzeit keine Verdachtsfälle mehr auf?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Schritt für Schritt werden wir nun versuchen, in einen annähernden Normalbetrieb zur Durchführung unserer sonstigen Dienstaufgaben überzugehen, ohne jedoch zu vergessen, dass das Virus noch präsent ist und eine zweite Welle drohen kann. Es ist deshalb erforderlich, dass wir, was Covid-19 betrifft, weiterhin auf dem Laufenden bleiben und Augen sowie Ohren offen halten müssen. Wir bearbeiten jetzt auch viele Hygienekonzepte, die von Vereinen und Einrichtungen an uns herangetragen werden. Nach wie vor führen wir Tests durch, die nun aus der nationalen Teststrategie resultieren und bei neuen Fällen gemäß den RKI-Vorgaben.

Generell hat das Saarland genauso wie Deutschland allgemein seit Wochen sehr wenige Neu-Infektionen zu verzeichnen. Was haben wir Ihrer Meinung nach richtig gemacht?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Durch die Sensibilisierung der Bevölkerung und die Masken-Pflicht konnten viele neue Fälle vermieden werden. Aufgrund der umfassenden Teststrategie konnten auch symptomlose Virenträger gefunden und unter Quarantäne gestellt werden.

Was kann unternommen werden, damit die Infektionszahlen bei Null – oder zumindest niedrig – bleiben?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Durch immer mehr Lockerungen werden die Zahlen wohl nicht bei Null bleiben, da das Virus weiterhin präsent ist und symptomlose Bürger das Virus weiterverbreiten können. Wir raten deshalb nach wie vor, Kontaktbeschränkungen und Hygieneregeln wo immer möglich einzuhalten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Lage durch den nationalen und internationalen Reiseverkehr entwickelt.

An einigen Stellen wird derzeit über eine Abschaffung der Masken-Pflicht diskutiert. Wie stehen Sie dazu?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Wir sehen die Abschaffung der Masken-Pflicht als kritisch an, weil das Virus noch präsent ist. Ohne Mund-Nasen-Schutzmasken ist der Übertragungsweg durch Aerosole wieder offen. Die Masken-Pflicht sollte noch einige Zeit bestehen bleiben, bis eine konstante Lageentwicklung ersichtlich ist.

Sollte doch eine zweite Welle kommen, in der die Anzahl der Fälle in kurzer Zeit wieder stark ansteigt: Wie schnell können Gesundheitsamt und weitere relevante Stellen im Kreis wieder in den Krisenmodus umschalten?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Durch die Zusicherung des Landkreises, dass wir auf dieselben Hilfskräfte im Bedarfsfall wieder zugreifen können, wären wir schnell wieder in der Lage, in den Krisenmodus zu wechseln. Einige Hilfskräfte wurden bereits in der Weiterentwicklung (Integration von Tagebuch, Kontaktpersonen-Nachverfolgung, Anordnung) unserer Software geschult und wären diesbezüglich auch wieder schnell arbeitsbereit. Die bewährte Organisation des Gesundheitsamtes wie bei der ersten Welle kann sofort wieder aufgebaut werden und wäre schnell einsatzbereit. Die Einteilung der einzelnen Teams würde beibehalten werden, um den Wiedereinstieg zu erleichtern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort