Zum Gedenken an NS-Opfer

Beckingen · 70 Jahre nach dem Tod von Aline Söther ist dieser Tage in Beckingen der Aline-Söther-Platz offiziell eingeweiht worden. Zudem wurde auf dem Platz eine Gedenktafel enthüllt. 1944 wurde die gebürtige Beckingerin im Konzentrationslager Ravensbrück erschossen.

 Der stellvertretende Ortsvorsteher Elmar Seiwert (vorne links) und Claudia Marchand, Enkelin der Namensgeberin (vorne, 2.v.r.), enthüllten zusammen mit dem Beckinger Bürgermeister Erhard Seger (vorne rechts) die Namens- und Erinnerungstafel am neuen Aline-Söther-Platz. Foto: Norbert Becker

Der stellvertretende Ortsvorsteher Elmar Seiwert (vorne links) und Claudia Marchand, Enkelin der Namensgeberin (vorne, 2.v.r.), enthüllten zusammen mit dem Beckinger Bürgermeister Erhard Seger (vorne rechts) die Namens- und Erinnerungstafel am neuen Aline-Söther-Platz. Foto: Norbert Becker

Foto: Norbert Becker
 Die Aktion 3. Welt Saar hat eine Schrift zum NS-Terror im Landkreis Merzig-Wadern verfasst. Foto: Aktion 3. Welt Saar

Die Aktion 3. Welt Saar hat eine Schrift zum NS-Terror im Landkreis Merzig-Wadern verfasst. Foto: Aktion 3. Welt Saar

Foto: Aktion 3. Welt Saar

An die 100 Beckinger Bürger, Politiker und Verwandte kamen zusammen, um mit der Benennung eines Platzes eine bleibende Erinnerung an ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte zu dokumentieren. Es ging um die am 10. September 1923 in Beckingen geborene und bis zum 17. Lebensjahr dort und dann in Lothringen lebende Aline Söther, die also an diesem Tag 92 Jahre alt geworden wäre.

Aber sie wurde, wie eine Zeitzeugin aus Beckingen berichtete, kurz vor der Befreiung durch die Rote Armee 1945 von SS-Bewachern im KZ Ravensbrück, wohin sie 1944 hin gebracht worden war, erschossen (die SZ hatte in der Donnerstagsausgabe ausführlich berichtet). 70 Jahre nach ihrem Tod wurde ihr nun mit der offiziellen Namensgebung in Aline-Söther-Platz und eine entsprechende Gedenktafel mit Ruhebänken in der Talstraße gewidmet. Im Rahmen der Ortskernsanierung war nach dem Abriss des Hauses dafür ein Parkplatz und eine Grünfläche entstanden.

Der stellvertretende Ortsvorsteher Elmar Seiwert, dessen Linke-Fraktion die am 29. Mai 2015 vom Ortsrat beschlossene Namensgebung für den Platz beantragt hatte, hieß die Gäste, darunter Angehörige der Familie Söther, MdL Dagmar Ensch-Engel und Frank Finkler, Bürgermeister Erhard Seger , die Beigeordneten, den Ortsvorsteher, Orts- und Gemeinderatsmitglieder, Gemeindeoberamtsrat Volkmar Schommer, Vorstandsmitglied Wolfgang Johann von der Aktion 3. Welt Saar und andere willkommen.

"Bei meinen Recherchen im Internet über Aline Söther bin ich auf die Publikationen von Wolfgang Johann zusammen mit Roland Röder und auch von Volkmar Schommer gestoßen. In der Broschüre ‚Gegen das Vergessen', deren Mitautor Johann ist, endet ein Artikel mit ‚In Beckingen erinnert nichts an Aline Söther'. Das hatten auch wir in unserem Antrag geschrieben. Diesem Zustand wollen wir heute ein Ende setzen. Stellvertretend für alle Opfer, die in Beckingen unter der Nazi-Herrschaft gelitten haben, wollen wir diesen Ort der Erinnerung und gegen das Vergessen nach Aline Söther benennen und ihr damit 70 Jahre nach ihrem Tod die Würde, die ihr die Nazis genommen haben, zurückgeben", sagte Seiwert.

Bürgermeister Erhard Seger wies in seinem Grußwort darauf hin, dass mit der jetzigen Namensgebung alle Plätze im Kernort, außer dem Marktplatz, benannt seien. "Dieser bisher namenlose Platz hier, lapidar nach dem ehemaligen Haus Braun bezeichnet, hat heute mit der Benennung in Aline-Söther-Platz eine Seele bekommen. Die Größe des Platzes ist dabei nicht entscheidend." Seger dankte den Initiatoren der Namensgebung, besonders Elmar Seiwert. Die Verwaltung habe alles getan, um diese bis zum Geburtstag der Namensgeberin umzusetzen. Nach seinen Worten soll der Name die Erinnerungskultur fördern. Faschismus dürfe keinen Platz mehr in Deutschland haben. Die Menschenrechte müssten uneingeschränkt gelten.

Jeder sei willkommen, der diese Grundrechte anerkenne. Volkmar Schommer, der in seinem Buch "Bewegte Jahre - Band II", auch das Schicksal von Aline Söther ausführlich behandelt, ging in Kurzform auf dieses und die zu dieser Zeit vorherrschenden nationalsozialistischen Vorschriften und Vorstellungen ein. Der stellvertretende Ortsvorsteher Elmar Seiwert, Bürgermeister Erhard Seger und Claudia Marchand aus Rehlingen, Enkelin von Aline Söther, enthüllten dann gemeinsam die Namens- und Erinnerungstafel am Aline-Söther-Platz. Wolfgang Johann, Vorstandsmitglied der Aktion 3. Welt Saar, meinte in seinem Grußwort: "Ich freue mich heute hier zu sein und zu sehen, wie die Anregung aus unserer Broschüre Früchte getragen hat. Als wir in dem Artikel zu Aline Söther geschrieben haben "An Aline Söther erinnert in Beckingen nichts"; da wollten wir natürlich eine Denkanregung für die Gemeinde geben. Aber das gilt auch für andere Gemeinden, die wir aufgeführt haben. Ich bin froh, dass dies aufgegriffen wurde und wir heute in Beckingen einen Aline-Söther-Platz haben. Herzlich Dank dafür."

Johann erläuterte kurz die von ihm mitverfasste Broschüre "Orte des NS-Terrors und Widerstands im Landkreis Merzig-Wadern", über die die SZ ebenfalls berichtet hatte. Er und sein Mitautor Roland Röder wollten nach ihren Worten zeigen, dass die große Politik auch an Orten im Grünen Kreis stattgefunden hat. Beide widmeten den Opfer des Nazi-Regimes dieses Schriftstück, ebenso Leuten, die Widerstand gegen den NS-Terror leisteten.

Johannes Hoffmann, der erste Ministerpräsident des Saarlandes, aus Düppenweiler war ebenso ein entschiedener Gegner der Nazis wie der Schriftsteller Gustav Regler , der katholische Lehrer Heinrich Graach und der kommunistische Bergmann Josef Wagner. "Unser Anliegen ist es, durch die Broschüre Erinnerungsorte anzuregen, um das Gedenken in der Mitte der Gesellschaft zu verankern. So kann eine aktive und lebendige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ein Beitrag zur zivilgesellschaftlichen Gestaltung der Gegenwart sein", begründet Johann.

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