Turbulenzen bei Whitesell: Angst um Arbeitsplätze

Beckingen · Mit Sorge blickt die Belegschaft auf die Zukunft von Whitesell (ehemals Karcher) in Beckingen. Das Werk ist von Schließung bedroht, die Mitarbeiter von Arbeitslosigkeit. Dagegen wird am Montag demonstriert.

 Beckingen bangt um die Zukunft von Whitesell, ehemals Kracher. Foto: Peter Detzen

Beckingen bangt um die Zukunft von Whitesell, ehemals Kracher. Foto: Peter Detzen

Foto: Peter Detzen

Vom Fenster der alten Wäscherei loten Beckingens Bürgermeister Erhard Seger und SPD-Fraktionsmitglied Gerfried Lauer den Platz für die Demo am Montag, 15. Dezember, aus. Unter dem Motto "Eine Region steht auf! Für eine Zukunft unserer Standorte und Arbeitsplätze " hat die IG Metall zu einer Kundgebung vor dem Rathaus aufgerufen. Einer der Redner: Sozialdemokrat Gerfried Lauer, Betriebsratsvorsitzender von Whitesell (früher Karcher) in Beckingen . Nachdem BMW als Kunde abgesprungen ist, ist die Angst bei den Mitarbeitern größer geworden, dass das traditionsreiche Schraubenwerk für immer schließt und sie ihre Jobs verlieren.

Für die Fraktionen des Gemeinderates und die Verantwortlichen im Rathaus steht fest: Sie werden ausloten, wie sie den rund 340 Mitarbeitern von Whitesell helfen können. Der Zuspruch, den Lauer erhält, tut ihm gut, kann aber über die Sorgen nicht hinwegtrösten, dass sich die ohnehin schon prekäre Lage im Schraubenwerk Beckingen weiter zugespitzt hat. Damit bestätigt sich die Befürchtung vieler Mitarbeiter nach der Betriebsversammlung Mitte November. Damals hatten die Verantwortlichen des US-Unternehmens zugesagt, am Standort Beckingen festzuhalten, jedoch angekündigt, Jobs zu streichen.

Vor wenigen Tagen musste Lauer der Belegschaft die Hiobsbotschaft überbringen, dass sich jetzt auch BMW als Auftraggeber verabschiedet hat. Damit hat der Betrieb den letzten Großkunden verloren, nachdem bereits VW und Ford abgesprungen waren. "Das ist ein Schlag für das Beckinger Werk. Die Belegschaft ist in Schockstarre", kommentierte Guido Lesch, zweiter Bevollmächtigter der Gewerkschaft IG Metall in Völklingen, die Situation. Die Belegschaft fürchtet mehr denn je um ihre Jobs und um die Zukunft des Standorts. Zumal sich dem Vernehmen nach ein weiterer Kunde, der Autozulieferer Brose, im Absprung befindet. "Mit Whitesell wird es keine Zukunft geben", sagte Lesch fast resigniert auf SZ-Anfrage.

Solidarität beweist die Gewerkschaft am Montag, 15. Dezember, ab 11.59 Uhr. Die ungewöhnliche Uhrzeit für den Start der Demo will zeigen: Es ist fünf vor zwölf! Die Teilnehmer treffen sich auf dem Werksparkplatz in der Bahnhofstraße und ziehen vor das Rathaus. Dort werden Guido Lesch, Lauer und Jürgen Barke , Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr, reden.

In einem Manifest, eigens für die Kundgebung herausgegeben, geht die IG Metall mit den Eignern aus den USA, die die vier Schraubenwerke am 1. Januar 2014 in Beckingen , Neuss, Neuwied und Schrozberg übernommen hatten, hart ins Gericht. "Schon vor der Übernahme Ende 2013 warnten Belegschaft, Betriebsräte, IG Metall und betriebliches Management vor der Übernahme durch Whitesell, da sein Auftreten gegenüber den Kunden mit aggressiven Preiserhöhungen alle Beteiligten aufschreckte", heißt es in dem Schreiben. Alle Mahnungen und Warnungen, seriös mit Kunden umzugehen, habe Whitesell ignoriert.

Waren die Werke Anfang 2014 nach Worten der Gewerkschaft weit über 100 Prozent ausgelastet gewesen, "so sind heute gerade mal eine Handvoll Kunden da, mit denen die Werke nur noch rund 30 Prozent ausgelastet sind". Die Bilanz, die die Gewerkschaft nach einem Jahr zieht: "Heute, am Ende des Jahres 2014, stehen wir vor dem Aus." Whitesell hat nach Ansicht der Gewerkschaft 1300 Beschäftigte und ihre Familien in die Hoffnungslosigkeit getrieben und dem Ansehen der amerikanischen Wirtschaftspolitik zutiefst geschadet. "Seinen persönlichen Profit hat er über die Interessen anderer gestellt."

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