Rettet das Huhn Geschwister suchen für Hühner ein Zuhause

Beckingen · Sonja und Andreas Lauer aus Beckingen retten alt gediente Legehennen vor dem Schlachthof.

 Sonja und Andreas Lauer aus Beckingen engagieren sich seit vergangenem Jahr im Verein „Rettet das Huhn“, der sich gegen die Tötung ausgedienter Legehennen einsetzt.

Sonja und Andreas Lauer aus Beckingen engagieren sich seit vergangenem Jahr im Verein „Rettet das Huhn“, der sich gegen die Tötung ausgedienter Legehennen einsetzt.

Foto: Daniel Bonenberger

Sie sind jung, sie sind aktiv und sie sind die bislang einzigen ihrer Art im Saarland. Sonja und Andreas Lauer aus Beckingen engagieren sich seit vergangenem Jahr im Verein „Rettet das Huhn“, der sich für das Wohl ausgedienter Legehennen aus der Massentierhaltung einsetzt und für diese ein neues, artgerechtes Zuhause sucht.

Insgesamt 40 aktive Mitglieder hat der Verein mit Sitz in Wolfsburg derzeit bundesweit, Sonja und Andreas Lauer sind nun die ersten Vereinsvertreter im Saarland: „Eigentlich komme ich aus dem klassischen Tierschutz, also Hund, Katze, Maus, ich habe alleine 14 Jahre lang im Dillinger Tierheim gearbeitet“, berichtet der studierte BWLer Andreas Lauer beim Besuch der Saarbrücker Zeitung.

Um das Wohl der Tiere bemüht ist der seit einigen Jahren ausschließlich vegan lebende Beckinger und seine sich bereits seit 20 Jahren vegetarisch ernährende Schwester schon immer. „Wir haben schon mehrere Hunde aus Tierheimen bei uns aufgenommen und gepflegt, auch aktuell haben wir zwei Hunde bei uns“, sagt Sonja Lauer. „Auf das Huhn“ seien sie allerdings im letzten Jahr erst gekommen: „Ich wollte mir schon länger Hühner anschaffen. Daher habe ich recherchiert und bin sehr schnell auf den Verein „Rettet das Huhn“ gestoßen, der in diesem Bereich äußerst aktiv ist“, sagt Andreas Lauer.

Der Verein rettet jährlich bis zu 12 000 Legehennen, deren Legeleistung nicht mehr den Anforderungen der Eierindustrie entsprechen, vor dem sicheren Tod beim Schlachter, sagt der Tierschützer: „Sie legen immer noch Eier, aber eben nicht mehr so viele wie zuvor, deshalb sind sie in den Augen der Betriebe nicht mehr rentabel“, betont Sonja Lauer.

Die Mitglieder von „Rettet das Huhn“ nehmen sich dieser Tiere an und suchen private Paten, an die sie die Hühner dann vermitteln.

Die Krux an der Sache sei dabei, dass die Betriebe immer nur ihren gesamten Bestand an Hühnern abgeben, da die Kosten für ein „Entsorgungsunternehmen“ ansonsten dennoch anfallen würden: „Deshalb müssen wir vor einer Abholung immer bereits die Leute zusammenhaben, die die Tiere aufnehmen“, sagt Sonja Lauer.

Dabei komme allerdings nicht jeder in Frage, der Verein habe ganz genaue Vorgaben, die erfüllt sein müssen, um Hühner adoptieren zu dürfen.

Berechtigt sind dabei lediglich Privatpersonen, die sowohl ausreichend Platz, als auch einen geeigneten, vor Raubtieren gesicherten Hühnerstall haben. Zudem müssen sie sich verpflichten, die Tiere nicht zu schlachten: „Für die sehr kranken Tiere haben wir bei der Abholung immer einen Tierarzt dabei, der entscheidet, ob das Tier in eine Pflegestation gebracht werden soll“, sagt Andreas Lauer. Im Regelfall seien aber alle Tiere in einem jämmerlichen und verwahrlosten Zustand, so hätten die meisten Tiere zahlreiche Verletzungen, Geschwüre und im Prinzip kein Gefieder mehr: „Es ist wirklich erschreckend, wir haben zwar gewusst, dass die Zustände so schlimm sind, aber so etwas live zu sehen, ist nochmal etwas ganz anderes“, erinnert sich Sonja Lauer.

Der Zustand der Tiere sei deshalb auch der Hauptgrund, warum die Betriebe, die die Hühner abgeben, anonym bleiben wollen. Eine gewisse Scham haben die beiden Tierschützer von Zeit zu Zeit auch bereits verspürt. Dennoch seien sie froh, dass es Hühnerhalter gibt, die mit dem Verein zusammenarbeiten: „Einige Hühnerhalter haben ihre Haltungsbedingungen auch schon geändert und suchen in ihrem Bestand gezielt nach kranken Tieren, um ihnen zu helfen“, weiß Andreas Lauer.

Im Saarland gebe es derzeit allerdings noch keinen Hühnerbetrieb, von dem der Verein Tiere bezieht, die meisten hätten ihren Standort in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Im April stehen weitere Tierrettungen mit rund 6000 Hühnern an, berichten die Aktivisten, weshalb sie derzeit dringend auf Suche nach tierlieben Menschen seien, die Hennen adoptieren würden: „Wir bringen zwischen 100 und 150 Tiere ins Saarland, derzeit haben wir ein Zuhause für rund die Hälfte gefunden – wir suchen also weitere Menschen, die den Tieren ein artgerechtes Leben bieten können“, sagt Sonja Lauer.

Auch sie selbst freuen sich bereits darauf, einige der Hühner bei sich in Beckingen aufzunehmen. Der Stall, in dem sie ein neues Zuhause finden sollen, steht bereits hinter dem Haus und ist bezugsfertig: „Zu unseren derzeit zwei Pflegehunden gesellen sich dann noch sechs bis zehn Hühner, je nachdem, für wie viele wir keine Paten finden“, erklärt Andreas Lauer.

Gerne würden sie noch mehr Tiere aufnehmen, aber Sinn und Zweck sei ja ein artgerechtes Leben mit viel Platz: „Es wäre sinnlos, die Tiere von einem Elend in das nächste zu führen.“

Dass Hühner aber auch ihren neuen Besitzern große Freude bereiten können, wissen die beiden aus zahlreichen Erzählungen: „Hühner sind sehr soziale Tiere mit einer hohen Intelligenz, sie spüren Trauer, Freude und Schmerz, zeigen Mitgefühl und suchen auch die Nähe zu den Menschen“, weiß Sonja Lauer. So kennen sie beispielsweise ein Huhn, dass immer auf einer Kinderschaukel schaukeln will, andere nehmen mit Vorliebe auf einer Hängematte Platz und wieder andere folgten ihren Besitzern auf Schritt und Tritt.

Auch kleinere Kunststücke könne man mit ihnen trainieren, und ihnen beibringen, dass sie auf einen bestimmten Namen hören – wie bei einem Hund: „Wir sehen eine unserer Hauptaufgabe darin, Hühner als das darzustellen, was sie sind, nämlich liebenswerte, intelligente und soziale Lebewesen – und nicht nur Nutztiere“, sagen die beiden.

Daher sei ihnen so wichtig, mit ihrem Handeln dazu beizutragen, dass Menschen sich über ihren Lebenswandel Gedanken machen und ihren Konsum hinterfragen. Die Arbeit werde ihnen sicher nicht ausgehen, gestehen die beiden ein. Mehrere Stunden die Woche würden für die ehrenamtliche Tätigkeit schon benötigt: „Wir machen es aber sehr gerne und würden uns freuen, wenn wir mit unserer Arbeit etwas verändern können.“ Auch wären die beiden Saarländer froh darüber, wenn sich im Land noch weitere Mitstreiter für diese Sache finden ließen. Aber auch jeder, der einem Huhn ein neues Zuhause geben wolle, sei herzlich eingeladen, sich zu melden.

 Sonja und Andreas Lauer mit einem geretteten Huhn, das nun einen schönen Lebensabend haben soll.

Sonja und Andreas Lauer mit einem geretteten Huhn, das nun einen schönen Lebensabend haben soll.

Foto: Sonja Lauer

Weitere Infos unter www.rettetdashuhn.de. Kontakt zu Sonja und Andreas Lauer per Mail an: team-saarland@rettetdashuhn.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort