Die zweite Runde fest im Blick

Beckingen · 688 Stimmen Vorsprung schaffte Thomas Collmann, der Kandidat der SPD für die Bürgermeisterwahl in Beckingen, auf seinen CDU-Kontrahenten Daniel Minas. Dass Collmann für viele (nicht zuletzt für ihn selbst) unerwartet deutlich die Nase vorn hatte, lag insbesondere an dem starken Ergebnis in seinem Heimatort Beckingen.

 Thomas Collmann (3. v.r.) freut sich mit seinen Parteigenossen über sein gutes Abschneiden bei der Bürgermeisterwahl. Fotos: rup

Thomas Collmann (3. v.r.) freut sich mit seinen Parteigenossen über sein gutes Abschneiden bei der Bürgermeisterwahl. Fotos: rup

Glückwünsche lehnt er ab, ebenso wie eine Fete auf seinen vorläufigen Sieg. "Ich halte es da mit Felix Magath , der mal sagte: Der Drops ist noch nicht gelutscht", begründet SPD-Kandidat Thomas Collmann seine Weigerung - obwohl er bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag in Beckingen die Nase vorn hat (wir berichteten). Mit 3720 Stimmen holt er einen Vorsprung von 688 Stimmen auf seinen Mitbewerber, den CDU-Kandidaten Daniel Minas (3032 Stimmen), heraus. Der freie Bewerber Michael Petto schafft 978 Stimmen.

Vorsprung klarer als erwartet

Kurz nach 18.30 Uhr betritt er den Sitzungssaal in der Deutschherren-Halle, frenetisch gefeiert von seinen Freunden. "Ich fühle mich richtig gut", strahlt der 54-Jährige mit der Spätsommersonne um die Wette. Er hat nach seinem Bekunden auf ein gutes Wahlergebnis gehofft, mit einem solchen Vorsprung aber nicht gerechnet. Via Handy hat er die Zahlen in Empfang genommen. Daher: "Zu den einzelnen Ergebnissen will ich noch nichts sagen." Doch eines weiß er bereits an diesem Abend: "Ich will und ich werde es schaffen." Mitbewerber Michael Petto drückt seinem Nachbarn freundschaftlich die Hand, ebenso wie Ehefrau Manuela und die Kinder Joline und Colin, ein angeregtes Gespräch schließt sich an. "Wir sind auf Papa sehr stolz", kommentieren die 13-jährige Tochter und der zehnjährige Sohn unisono - eine Aussage, die Manuela Petto nur unterstreichen kann. "Er hat die Sache gut gemeistert. Innerhalb von drei Monaten hat er sich bekannt gemacht und 12,7 Prozent der Stimmen eingefahren. Das beweist, dass die Leute eine Veränderung wollen."

Derweil ist CDU-Kandidat Daniel Minas enttäuscht - von Beginn an. "Was mich freut, ist die breite Zustimmung in meinem Heimatort", kommentiert der Erbringer Ortsvorsteher die 69,3 Prozent, die er eingefahren hat und damit haushoch über Collmann (24,1 Prozent) und Petto (6,6 Prozent) siegte. Aber auch Collmann hat seinen Heimatort ganz klar in der Tasche. Ob in den beiden Wahlbezirken in der Beckinger Grundschule oder im Feuerwehrgerätehaus: Der 54-jährige zweifache Familienvater gewinnt überdeutlich. "Es war ein knappes Ergebnis", meint Roland Collmann zu den 48,1 Prozent für seinen Bruder und den 39,2 Prozent für Minas. Der macht sich selbst Mut: "In 14 Tagen werden die Karten neu gemischt" - die Hoffnung will er nicht aufgeben.

Frühschicht nach der Wahl

"Ich bin k.o.", gesteht Collmann am Morgen nach der Wahl. "Wir waren bis 22 Uhr am Sonntagabend unterwegs, gegen 22.30 Uhr war ich daheim", erzählt er. Um fünf Uhr klingelte für den Dienstgruppenleiter bei der Saarlouiser Polizei der Wecker - zur Schicht bis um 14 Uhr. Doch so richtig Feierabend dürften weder der Polizeihauptkommissar noch Minas, leitender Angestellter eines bundesweit tätigen Bauunternehmens, in den nächsten 14 Tagen haben. Beide wissen: Bei der Stichwahl am Sonntag, 25. September, geht es um alles oder nichts. Bis dahin wollen beide noch kräftig für sich die Werbetrommel rühren und sich als Nachfolger von Amtsinhaber Erhard Seger empfehlen. "Natürlich hätte ich gerne gesehen, wenn ein CDU-Mann vorne gelegen hätte", kommentiert der Verwaltungschef, zugleich auch Wahlleiter. "Daniel hat sich in den vergangenen zwei Jahren die Hacken abgerannt." Doch gegen einen solch populären Kandidaten wie Collmann habe es Minas nach Segers Bekunden schwer gehabt. Was ihn als Wahlleiter freut: "Der reibungslose Ablauf im Rathaus, der faire Wahlkampf und die hohe Wahlbeteiligung von 61,3 Prozent." Jetzt konzentriert sich das Team im Rathaus auf die Stichwahl. "Wir werden zwei bis drei Tage brauchen." Briefwähler müssen erneut benachrichtigt werden, Wahlhelfer für alle 17 Wahlbezirke rekrutiert werden. "Vielleicht ist der ein oder andere verhindert, dann muss für Ersatz gesorgt werden." 978 Stimmen (oder 12,7 Prozent) holte Einzelbewerber Michael Petto im ersten Durchgang der Beckinger Bürgermeisterwahl am Sonntag. Die Antwort auf die Frage, wie sich die Petto-Wähler bei der Stichwahl am 25. September verhalten werden, könnte von entscheidender Bedeutung für den Ausgang dieser Wahl sein. Werden jene, die im ersten Anlauf für den unabhängigen Kandidaten stimmten, bei der Stichwahl mehrheitlich zu Hause bleiben? Und wie werden jene Petto-Wähler, die sich auch am zweiten Wahlgang beteiligen, ihre Stimmen verteilen?

Wohl keine Wahlempfehlung

Angesichts eines Vorsprungs von fast 690 Stimmen für den SPD-Kandidaten Thomas Collmann muss sein CDU-Kontrahent Daniel Minas in der Stichwahl wohl auch anstreben, möglichst viele Stimmen aus dem Petto-Lager zu sich herüberzuziehen. Gerade in einwohnerstarken Ortsteilen wie Haustadt (1447 Wahlberechtigte ), Düppenweiler (2406 Wahlberechtigte ), Beckingen (3372 Wahlberechtigte ) oder Reimsbach (1662 Wahlberechtigte ) sammelte der Einzelbewerber dank seines guten Abschneidens allein zwei Drittel seiner Stimmen. Petto selbst erklärte am Sonntagabend gegenüber der SZ, dass er sich nicht vorstellen könne, eine Wahlempfehlung für einen der verbliebenen Kandidaten abzugeben. Somit dürfte eine der interessantesten Fragen rund um den zweiten Wahlgang bis zu dessen Termin offen bleiben. Damit ging die Strategie der Sozialdemokraten auf, einen Kandidaten aus einem einwohnerstarken Ortsteil zu nominieren: Dort, wo Collmann zehn Jahre lang (von 1999 bis 2009) Ortsvorsteher gewesen war, sammelte er satte 685 Stimmen mehr als Daniel Minas. In Prozentpunkten bedeutete dies: 60,0 Prozent für Collmann, nur 28,9 Prozent für Minas. Dieses Stimmenpolster wusste der SPD-Kandidat am Sonntag in den meisten übrigen Ortsteilen erfolgreich zu verteidigen.

Lediglich in seinem Heimatort Erbringen konnte Daniel Minas den SPD-Bewerber deutlich distanzieren: Dort, wo er seit acht Jahren das Amt des Ortsvorstehers inne hat, kam der CDU-Kandidat auf fast 70 Prozent der Wählerstimmen, Thomas Collmann blieb bei 24 Prozent hängen. Allerdings: Erbringen hat nur 744 Wahlberechtigte , so dass Daniel Minas in absoluten Zahlen lediglich 232 Stimmen gut machen konnte.

Und, auch das machte dem CDU-Bewerber im ersten Wahlgang zu schaffen, einstige Hochburgen der Christdemokraten gingen mehr oder minder verloren. Beispiel Düppenweiler: Hier holte Noch-Bürgermeister Erhard Seger bei seinen beiden Wahlsiegen 2003 und 2010 deutlich mehr Stimmen als seine Gegenkandidaten, 2010 kam der CDU-Rathauschef in seinem Heimatort sogar nahe an die 80-Prozent-Marke heran.

Bei der Wahl 2016 lagen indes die beiden Kandidaten der großen Parteien nahezu gleichauf: Daniel Minas hatte mit 595 Stimmen (44,0 Prozent) nur knapp die Nase gegenüber Thomas Collmann mit 578 Stimmen (42,8 Prozent) vorn. Oder Reimsbach: 2010 mit 58,5 Prozent noch eine Bank für die CDU , stimmte diesmal eine klare Mehrheit der Wähler (439/ 46,2 Prozent) für den SPD-Kandidaten Collmann. Daniel Minas (39,2 Prozent) lag mehr als 60 Stimmen dahinter.

Ganz gravierend war der Stimmungsumschwung in Saarfels: Bei der Bürgermeisterwahl 2010 hatten dort noch 76 Prozent der Wähler für den CDU-Amtsinhaber Erhard Seger gestimmt. Sechs Jahre später gewann am Sonntag der SPD-Kandidat Collmann mit 54,6 Prozent der Stimmen den Ort klar für sich, lag mit mehr als 80 Stimmen vor Daniel Minas (35,6 Prozent).

 Ernste Mienen: Daniel Minas (3. v.r.) analysiert mit seinen CDU-Parteifreunden das für ihn ernüchternde Wahlergebnis.

Ernste Mienen: Daniel Minas (3. v.r.) analysiert mit seinen CDU-Parteifreunden das für ihn ernüchternde Wahlergebnis.

Eine wichtige Rolle spielte am Sonntag auch Einzelbewerber Michael Petto, der mit fast 13 Prozent ein sehr beachtliches Ergebnis einfuhr als ein Kandidat, der kommunalpolitisch bislang nicht in Erscheinung getreten war und auch nicht die Unterstützung einer Partei oder Wählervereinigung hinter sich hatte. Sein bestes Einzelergebnis schaffte Petto in dem kleinsten Beckinger Ortsteil Hargarten, wo er fast 20 Prozent der Stimmen erreichte. In absoluten Zahlen gerechnet, war der Unabhängige in seinem Wohnort Beckingen am stärksten, dort sammelte er 245 Stimmen und damit fast ein Viertel seiner Gesamt-Stimmenzahl. Am knappsten war der Wahlausgang in Haustadt, hier trennten den CDU-Kandidaten Minas (328) und den SPD-Kandidaten Collmann (340) nur zwölf Stimmen. Michael Petto war auch dort gut im Rennen, holte 112 Stimmen oder 14,4 Prozent.

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