Als die Reblaus den "Schwarzen Tod" brachte

Perl. Ein Höhepunkt des saarländischen Obermoselweinjahrs ist die Weinsegnung am Namenstag des heiligen Johannes am 27. Dezember im Rahmen eines Dankgottesdienstes, der gestern in der Pfarrkirche Perl stattfand. Nach dem Gottesdienst tragen vier Winzer ein Fass mit dem gesegneten neuen Wein zur Verkostung ins Vereinshaus

Perl. Ein Höhepunkt des saarländischen Obermoselweinjahrs ist die Weinsegnung am Namenstag des heiligen Johannes am 27. Dezember im Rahmen eines Dankgottesdienstes, der gestern in der Pfarrkirche Perl stattfand. Nach dem Gottesdienst tragen vier Winzer ein Fass mit dem gesegneten neuen Wein zur Verkostung ins Vereinshaus.Wurzeln der Rebe zerstört An diesem Tag gedenken die Winzer aber auch der großen Katastrophe, die am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts über die Weinberge hereinbrach: Die Reblaus, ein Schadinsekt, das die Wurzeln der Weinreben zerstörte. Die Reblaus wurde von Amerika nach Europa eingeschleppt und wütete als eine Art "Schwarzer Tod" in den Weinbergen. Ein französischer Winzer bezeichnete die geschädigten Anbauflächen einmal als "Reihe von kahlen Holzstümpfen", die Flächen "wie riesige Friedhöfe" aussehen ließ. Auch die Winzer beiderseits der Obermosel waren stark betroffen. Der erste Reblausherd wurde am 27. Juli 1907 in Wormeldingen entdeckt. Sofort wurde die Königliche Preußische Regierung von dem Auftreten der Reblaus in Kenntnis gesetzt und bereits am 29. Juli haben sich Landrat Dr. Brügman, Saarburg, und Weinbau- Inspektor Klein aus Nennig an Ort und Stelle über den Reblausherd informiert. Bald darauf wurden weitere Weinberge in den angrenzenden luxemburgischen Obermoselorten mit der Reblaus entdeckt. Um die auf deutscher Seite liegenden Weinberge vor dem Rebfeind zu schützen, erließ am 12.August 1907 der Oberpräsident der Rheinprovinz in Koblenz eine Verordnung betreffend die Bekämpfung der Reblaus. Für die Bevölkerung der Obermosel brachte die Verordnung für den kleinen Grenzverkehr eine starke Einschränkung mit sich. Durch eine weitere Bestimmung vom 7. September war es allen Arbeitern, die in luxemburgischen Weinbergen beschäftigt waren, egal welcher Nationalität, sogar verboten, im Regierungsbezirk Trier einen Weinberg zu betreten, auch wenn sie Eigentümer waren. Deutsche Weinbergsarbeiter, die täglich oder saisonal in den luxemburgischen Weinbaugemeinden ihrer Arbeit nachgingen, mussten sich bei der Rückkehr nach Hause auf der Brücke in Schengen/Perl und in Remich/Nennig den vorgeschriebenen strengen Desinfektionsregeln unterziehen. Das Gleiche galt auch für die Arbeiter, die die Fähre in Anspruch nahmen. Trotz aller großen Vorsichtsmaßnahmen auf deutscher Seite war der Siegeszug des gefährlichen Rebfeindes nicht aufzuhalten. Im Jahre 1912 war in den Weinbergen von Nennig zum ersten Mal auf deutscher Seite die Reblaus festgestellt worden. Nachdem der Herd in Nennig aufgefunden worden war, wurde er peinlich genau mit dem entsprechenden Sicherheitsgürtel vernichtet. Aber die Reblaus schien auch an anderen Stellen bereits Fuß gefasst zu haben, von wo aus sie sich an Saar und Richtung Mosel ausbreiten konnte.Alle Reben ausgrabenDie Winzer waren in ihrer Existenz bedroht, wenn nicht bald eine Lösung zur Bekämpfung der Reblaus gefunden wird. Die französische Regierung schrieb sogar eine Belohnung von 300 000 Francs für ein Mittel gegen die Krankheit aus. Frankreich litt besonders stark unter der Reblausplage. Die Lösung war schnell gefunden und einfach. Pflanzenzüchter entdeckten, dass die Reben gerettet werden konnten, wenn man sie auf Wurzelstöcke von amerikanischen Reben aufpfropfte, die gegen die Reblaus resistent waren.Für die Winzer war es ein langer und kostspieliger Prozess. Sämtliche Weinstöcke mussten ausgegraben und neu gepflanzt werden. Und dann dauerte es drei Jahre, bis die Reben Früchte trugen. Der Schaden, der den Winzern an der saarländischen Obermosel durch die Reblaus entstanden ist, hielt sich zum Glück in Grenzen, weil es damals noch keine Vollerwerbswinzer in Perl-Nennig gab, sie betrieben Ackerbau und hatten ein zweites wirtschaftliches Standbein.

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