Mer wille e Schnäbbsje honn!

Weihnaachde iss e scheenes Feschd, därf awwer aan die Faasenaachd nidd tibbe." (Weihnachten ist ein schönes Fest, darf aber an die Fastnacht nicht tippen.) Diese alte Volksweisheit bewahrheitet sich nirgendwo mehr als im saarländischen Ort Ensheim.

Ich hatte schon vor einigen Jahren davon gehört; man erzählte mir, dass an den närrischen Tagen die Ureinwohner von Ensheim "vun der Kedd loss sinn" (außer Rand und Band sind); "uff der Schdròòs iss mer seines Lääwens nimmeh sicher, dòò laafe die grusselichde Faasebòòdse erum" (Auf der Straße ist man seines Lebens nicht mehr sicher, da laufen die gruseligsten Maskierten herum).

Meine Informanten hatten nicht übertrieben; was sich in seiner Gemeinde an diesen Tagen abspielt, hat Paul Glass in seinem Buch "Faasenachd in Ensemm" dokumentiert. Zur Tradition gehört, dass man sich verabredet und - ob Mann, ob Frau - als "Aldi" (Alte) verkleidet. Der Kreativität ist dabei keine Grenze gesetzt, "jee wiechder, desdo schänner" (je hässlicher, desto schöner); es ist erstaunlich, welch monströse Weibsgestalten sich mit verknautschten Gesichtsmasken "ussschdaffierd honn" (ausstaffiert haben), die mit den Rufen "Eieieieiei" und "Brrrrrt" durch die Straßen ziehen und mit der Forderung: "Mer wille e Schnäbbsje honn!" in die Häuser von Bekannten und Unbekannten eindringen. Das Trinken wird allerdings zum Problem; weil man die "Fraddsegesichder" nicht lüften will, werden die Schnäpschen "meddem Rehrche" (mit dem Röhrchen) inhaliert. Zum Thema Fastnacht passt auch der Spruch von Elisabeth Kaicher: "Abbedidd kammer sisch drause holle, awwer gess gebbd dehemm."

Ein weiterer Spruch kommt von N. Carlos aus Saarbrücken: "Dehemm iss jò scheen, awwer fremd bleibd hald doch fremd."

Karl-Werner Desgranges aus Ludweiler schreibt, in seinem Ort gebe es eine alte Redensart: "Heirade Dich Pärdsbowe, doann vageht Da das Pruuse." Er übersetzt: "Verheirate Dich, dann vergeht Dir der Übermut."

Zu den unwilligen Antworten auf die Frage, was es zum Mittagessen gibt, steuert Edmund Birk aus Dillingen die Redewendung bei: "Hóndsfotten én Bótter gebròòt".

Otto Schäfer aus Saarbrücken kennt aus seiner Kindheit im Lahn-Dill-Kreis "aut" (etwas) und "naut" (nichts). Dort bringt das Christkind : "È sélwernes Nixche ón è góldenes Nautche!" Wie vielseitig man diese Wörtchen verwenden kann, demonstriert er an einer kleinen Geschichte von einem jungen Mann, der in der Person eines jungen Mädchens sein "aut" gefunden hat: "Aut fér sei Herz, aut fér sei Gemóit ón aut fér's ganze Läèwe. Ón da wèrd dè Huèsèt gefeiert." (Etwas für sein Herz, etwas für sein Gemüt und etwas fürs ganze Leben. Und dann wird Hochzeit gefeiert.) Saarländische Autoren haben "ebbes" ähnlich in Gedichten verarbeitet.

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