Flüchtlingsunterbringung in Ensdorf „Menschenunwürdig“ – Juso-Chefin fordert Minister Jost zum sofortigen Handeln auf

Update | Saarbrücken/Ensdorf · Rund 300 Flüchtlinge sollen auf dem Gelände der ehemaligen Grube Ensdorf untergebracht werden. Knapp 9,7 Millionen Euro wird die SPD-Landesregierung dafür ausgeben. Scharfe Kritik erntet die Partei dafür nun auch von ihrer eigenen Jugendorganisation. Der Städte- und Gemeindetag verteidigt die Unterbringung.

Hier sollen demnächst 300 Geflüchtete einziehen.

Hier sollen demnächst 300 Geflüchtete einziehen.

Foto: Ruppenthal

Kritik aus den eigenen Reihen an der SPD-Landesregierung: Die Jusos Saar prangern die geplante Unterbringung von Geflüchteten in einem Lager aus Containern in Ensdorf an. „Ein Stacheldrahtzaun und 4,8 Quadratmeter pro Person sind menschenunwürdig. Die Fotos der geplanten Unterkunft tun im Herzen weh! Die Bedingungen in der Unterkunft müssen deshalb direkt geändert und angepasst werden“, sagt Emily Vontz (SPD), Bundestagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Jusos Saar.

Emily Vontz (SPD) am Stausee in Losheim. Die 22-jährige Saarländerin rückt für Maas (SPD) in den Bundestag nach und ist dort künftig das jüngste Mitglied.

Emily Vontz (SPD) am Stausee in Losheim. Die 22-jährige Saarländerin rückt für Maas (SPD) in den Bundestag nach und ist dort künftig das jüngste Mitglied.

Foto: dpa/Harald Tittel

Die SPD-Landesregierung und der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) planen, ab Ende Januar 300 Flüchtlinge, vorwiegend aus Syrien, für je sechs bis acht Wochen, für ein Jahr in einem Containerlager in Ensdorf unterzubringen, bevor diese auf Kommunen weiterverteilt werden sollen. Das Lager befindet sich auf einer Industriebrache auf dem Gelände des ehemaligen Bergwerks Saar in Ensdorf.

Die Geflüchteten sollen dabei zu dritt in kleinen Wohncontainern (14,8 Quadratmeter) schlafen und sonst in Gemeinschaftshallen wohnen. Die Ausstattung der Wohncontainer: Je drei Stahlbetten, Spinde, Stühle, ein Tisch und ein Kühlschrank. Vorschriften oder Mindeststandards zum Betrieb von Flüchtlingsunterkünften gibt es im Saarland nicht. In anderen Bundesländern darf eine Fläche von sechs Quadratmeter pro Person nicht unterschritten werden.

Jusos: „Geflüchtete brauchen Schutz, keine Bedingungen wie in einem Gefängnis!“

Janina Wolf, stellvertretende Vorsitzende der Jusos Saar, sagt dazu: „Andere Bundesländer legen Mindeststandards für die Unterbringung von Geflüchteten fest. Hier muss das Saarland mitziehen. Statt der geplanten 4,8 Quadratmeter fordern wir, dass mindestens sechs Quadratmeter pro Person eingeplant werden.

Darüber hinaus sei es inakzeptabel, dass die Geflüchteten hinter Stacheldrahtzaun untergebracht werden sollen. Geflüchtete bräuchten Schutz, keine Bedingungen wie in einem Gefängnis, so Wolf.

Kritik auch von Jungen Liberalen und Grüner Jugend

Zuvor hatten auch die Jugendorganisationen von FDP und Grünen die Ensdorf-Pläne kritisiert.

Das Sprecher-Duo der Grünen Jugend Saar Jeanne Dillschneider und Santino Klos teilte mit: „Die Unterbringung von Geflüchteten unter der saarländischen Landesregierung ist in den geplanten Wohncontainern mit 4,8 Quadratmeter pro Person schlechter als die vom Bundesverfassungsgericht festgelegte Mindestgrenze von 7 Quadratmeter pro Häftling in einem deutschen Gefängnis.“ Sie forderten Innenminister Jost auf, sich seiner Verantwortung zu stellen.

Der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen Saarland, Julien Francois Simons, appellierte an Jost, die Nutzung der Flüchtlingsunterkunft auf dem Gelände der ehemaligen Grube Hirschbach zu überprüfen. Der Innenminister solle „endlich ein stringentes Konzept zur menschenwürdigen Unterbringung von Flüchtlingen“ vorlegen.

Lager soll nur Zwischenlösung sein

Der Saarländische Städte- und Gemeindetag (SSGT) verteidigten dagegen erneut die Errichtung des Containerlagers in Ensdorf. „Der Aufbau einer Dependance zur Landesaufnahmestelle bleibt angesichts der aktuellen, dynamischen Lage richtig und wichtig“, so der Präsident des SSGT Oberbürgermeister Jörg Aumann (SPD, Neunkirchen) und sein Stellvertreter Oberbürgermeister Ulli Meyer (CDU, St. Ingbert) in einer gemeinsamen Presseerklärung.

Das Lager sei nur eine Zwischenlösung und es bleibe das Ziel, Geflüchtete mit guter Bleibeperspektive in den Kommunen unterzubringen und zu Integrieren. Die saarländischen Kommunen leisteten im Jahr 2022 bei sehr begrenzten Ressourcen mit großem Einsatz einen wichtigen humanitären Beitrag durch die Unterbringung und Versorgung von mehr als 14 000 Geflüchteten aus der Ukraine. Man arbeite überall im Saarland mit Hochdruck daran, im Jahr 2023 neue zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen, so die Vertreter der saarländischen Kommunen.

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