"Menschen müssen sterben dürfen"Geld kommt von Kassen, Trägern und Spendern

Saarlouis. Schwerstkranke, Sterbende und ihre Angehörigen zu begleiten, ist ein Ehrenamt, das Diskretion verlangt. Es findet nicht auf öffentlicher Bühne statt. Trotzdem stehen dem ökumenischen ambulanten Hospiz- und Palliativberatungszentrum im Kreis Saarlouis (AHPZ) 70 aktive Hospizbegleiterinnen und -begleiter zu Verfügung

Saarlouis. Schwerstkranke, Sterbende und ihre Angehörigen zu begleiten, ist ein Ehrenamt, das Diskretion verlangt. Es findet nicht auf öffentlicher Bühne statt. Trotzdem stehen dem ökumenischen ambulanten Hospiz- und Palliativberatungszentrum im Kreis Saarlouis (AHPZ) 70 aktive Hospizbegleiterinnen und -begleiter zu Verfügung. Offenbar teilt sich mit, was eine Runde in dem AHPZ in Saarlouis vermittelt: Dass ihre Arbeit Sinn hat, auch wenn sie die Helfer zuweilen selbst belaste. Aber dafür gibt es Helfergruppen, die einander stärken, wenn's mal nötig ist.13 Männer und Frauen befinden sich in einer Ausbildung. Und mit einem Wochenende vom 20. bis 22. Januar in Wallerfangen beginnt ein weiterer Kurs für Ehrenamtliche. Neun Monate, alle 14 Tage ein Abend, dazu vier Samstage. Ein paar Plätze sind noch frei. Ob jemand dann wirklich Hospizbegleiter werde, könne und brauche er erst nachher zu entscheiden, sagt Hermann-Josef Niehren, Geschäftsführer der Caritas in Saarlouis.

Die Hospizbegleiter werden bei Schwerstkranken eingesetzt, denen die Medizin nur noch zur Schmerzfreiheit verhelfen kann, und bei Sterbenden: zuhause, im Alltag der Angehörigen. Die Ausgangslage: Der familiäre Alltag ist nicht auf Sterben zuhause eingestellt. Angehörige finden sich dann oft in einer Situation wieder, die sie nicht mehr überblicken könnten, berichtet die hauptamtliche Helferin Gabriele Andler. Das, sagen die Helfer, sei normal. "Dafür braucht sich niemand zu schämen", sagt Karin Ebert, eine der drei Hauptamtlichen im AHPZ. Die Begleiter entlasten die Angehörigen und den Kranken mit Gespräch, mit Rat, mit Zuhören. Sie verpflichten sich zur Verschwiegenheit.

"Familie muss das aushalten"

"Menschen müssen sterben dürfen", fasst der evangelische Pfarrer Jörg Beckers zusammen. Das sagt er beiden, den Sterbenden wie den Angehörigen. Denn da stünden beiden oft Sorgen und Ängste im Weg.

Gibt es zum Beispiel eine Patientenverfügung, "müssen das alle in der Familie aushalten." Der Verfügung zu folgen, etwa keine lebensverlängernden Maßnahmen einzuleiten, folge nicht selten ein schlechtes Gewissen. Hilflos fühlten sich Angehörige oft, gerade, wenn es um diese konkrete Entscheidung gehe. Auch da könne der Hospizdienst helfen, sagt Beckers, zum Beispiel im Gespräch mit den Ärzten.

Hintergrund-Hilfe halten auch die Hauptamtlichen des AHPZ bereit. "Wir haben ein Netzwerk mit Ärzten, Pflege, Seelsorgern, Heimen und anderen Einrichtungen", erklärt Gabriele Andler.

Wie sie das Netzwerk handhaben, wissen sie: Alle drei Hauptamtlichen, Gabriele Andler, Susanne Amore und Karin Ebert haben neben ihrer einschlägigen Berufsausbildung intensive Weiterbildungen absolviert. Sie sind es auch, die das Erstgespräch in den Familien führen. Wünscht es die Familie, übernimmt ein Ehrenamtlicher, in der Regel einmal die Woche drei Stunden. Manche Begleitung ist nur kurz, andere können Monate, sogar Jahre dauern.

Das AHPZ bietet sich auch als Berater für Menschen an, die für sich selbst rechtzeitig Fragen ihres Sterbens rechtzeitig regeln möchten, "solange sie es können. Das würde man sich öfter wünschen", unterstreicht Susanne Amore.

Hermann-Josef Niehren zitiert als Leitwort der Hospizhelfer ein Wort von Cicely Saunders, einer Begründerin der Hospizbewegung: "Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben."

Christa Debrand, Ehrenamtliche im Vorstand des Christlichen Hospizkreises, übersetzt den Satz in ihre Arbeit: "Es geht um Leben bis zum Tod, nicht um das Sterben." Saarlouis. Die Begleitung durch das ambulante Hospiz- und Palliativberatungszentrum (AHPZ) ist kostenlos. Die Helfer können inzwischen auch in Heimen arbeiten.

Finanziert werden die Personalkosten des Dienstes von den Krankenkassen. Die Sachkosten bezahlen das Land, die beiden Träger der Einrichtung und Spender. Das AHPZ in Saarlouis tragen der Caritas -Verband Saar-Hochwald und der evangelische Christliche Hospizkreis Saarlouis. Unter dem Dach gibt es ganzeGruppen in Wallerfangen/Rehlingen-Siersburg, Dillingen/Nalbach, Wadgassen/Überherrn, Saarlouis und Schwalbach/Bous.

Das Büro befindet sich in der Titzstraße 2 in Saarlouis (leicht zu erkennen an einem "Taxi"-Schild). Ein ähnliches Zentrum für Lebach/Schmelz gibt es in Lebach: Mottener Straße 61, Telefon (0 68 81) 537 996. An den ambulante Hospizdienst kann sich jeder wenden. we

Kontakt zum AHPZ Saarlouis: Telefon (0 68 31) 7 69 89 53; ahpzsls@arcor.de.

Meinung

Zeit, wenn Zeit zu Ende geht

Von SZ-RedakteurJohannes Werres

Zeit, sich um den Tod zu kümmern, hat man nicht. Nicht, wenn die Welt einen zum rastlosen Konsum des Lebens drängt. Nicht, wenn man mitnehmen will, was man kriegen kann. Keine Zeit für den Tod, ihn einfach vergessen, als gäbe es ihn nicht.

Und dann stirbt einer. Wohin jetzt mit sich? Woher das nehmen, was man braucht für solche Tage? Dafür bieten Hospizbegleiter ihren stillen Dienst an. Es ist ein klassischer Dienst der Barmherzigkeit: Sterbende nicht allein zu lassen. Und es ist ein Reflex auf unsere Zeit, weil damit vor allem die Begleitung Angehöriger gemeint ist. Es ist tröstlich zu wissen, dass sich gar nicht so wenige Leute als Begleiter des Sterbens zur Verfügung stellen. Ihr großes Verdienst ist, dass sie sich Zeit nehmen und sie anderen geben, damit sie sich um den nahenden Tod zu kümmern. Das ist gemeint mit dem Satz von Christa Debrand, einer Hospizbegleiterin: "Es geht um Leben bis zum Tod, nicht um das Sterben."

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