Menachem Kallus' Schicksal fesselt Leibniz-Gymnasiasten

St. Ingbert. "Den ganzen Tag sind wir marschiert, auch die komplette Nacht, dann noch einmal den ganzen Tag, ohne zu wissen wohin." Menachem Kallus hat nicht vergessen, was er vor 67 Jahren, genauer gesagt im Februar 1945, durchgestanden hat. Zu diesem Zeitpunkt hat der 13-Jährige schon mehr erlebt, als manche in ihrem ganzen Leben

 Menachem Kallus erzählt, wie er als Kind den Holocaust erlebt und überlebt hat. Foto: Oliver Bergmann

Menachem Kallus erzählt, wie er als Kind den Holocaust erlebt und überlebt hat. Foto: Oliver Bergmann

St. Ingbert. "Den ganzen Tag sind wir marschiert, auch die komplette Nacht, dann noch einmal den ganzen Tag, ohne zu wissen wohin." Menachem Kallus hat nicht vergessen, was er vor 67 Jahren, genauer gesagt im Februar 1945, durchgestanden hat. Zu diesem Zeitpunkt hat der 13-Jährige schon mehr erlebt, als manche in ihrem ganzen Leben. Erst vor wenigen Jahren brach Kallus sein Schweigen und schrieb ein Buch über seine Kindheit in Holland, die ganz plötzlich endete, als es morgens an der Tür klingelte. Die Polizisten gaben der fünfköpfigen Familie eine halbe Stunde Zeit, um das Nötigste zu packen. Dann ging es in ein Lager für holländische Juden. Auch die Ziele der Züge, die dort täglich hielten, kennt der heute in Israel Lebende noch ganz genau. "Die transportierten die Menschen nach Auschwitz und Buchenwald. Auch Menachem musste bald einsteigen. In einen Zug, der im 100 Kilometer nördlich von Berlin gelegenen Frauen-KZ Ravensbrück sein Ziel fand. Dort arbeitete er in einer Fabrik, die Schuhe für die Wehrmacht produzierte. "Damit war ich Teil des Systems. Ich arbeitete jetzt für die Deutschen und half der Wehrmacht", schildert Kallus. Er spricht frei in fließendem Englisch und steht ununterbrochen die kompletten 80 Minuten - als Einziger im Musiksaal des Leibniz-Gymnasiums, der mit Schülern der Jahrgänge zehn bis zwölf bis auf den letzten Platz besetzt ist.Sie folgen dem Jungen, der über Nacht zu einem Mann werden musste, weiter nach Sachsenhausen. Hier war er im Flugzeugbau eingesetzt. "Das Ganze lag in einem Industriegebiet, das häufig bombardiert wurde. Daran merkten wir, dass der Krieg bald vorbei sein musste."

Zurück in Holland, traf Kallus seine Schwester und seinen Bruder wieder - die Eltern haben das Konzentrationslager nicht überlebt. Dank Menschen wie Menschen wie Kallus, der in Begleitung seiner Schwester Emmie und seiner Schwägerin, der Schauspielerin Alice Hoffmann, nach St. Ingbert kam, lebt auch die Erinnerung an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte weiter. obe

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