Mehr Toleranz bei Kinderlärm

Saarbrücken. Auch das Saarland will sich im Bundesrat für mehr Toleranz bei Kinderlärm einsetzen. Das Land unterstützt nach Angaben der Staatskanzlei von gestern eine Bundesratsinitiative gegen klagefreudige Nachbarn und geräuschempfindliche Anlieger, die sich über spielende Kinder aufregen

Saarbrücken. Auch das Saarland will sich im Bundesrat für mehr Toleranz bei Kinderlärm einsetzen. Das Land unterstützt nach Angaben der Staatskanzlei von gestern eine Bundesratsinitiative gegen klagefreudige Nachbarn und geräuschempfindliche Anlieger, die sich über spielende Kinder aufregen. Gestartet worden war die Initiative zur Klarstellung diverser Gesetze von Rheinland-Pfalz, mehrere Länder, darunter jetzt auch das Saarland, haben sich ihr mittlerweile angeschlossen.

"Es ist völlig absurd, Kinderlärm rechtlich mit Verkehrs- oder Gewerbelärm gleichzusetzen. Deshalb streben wir zusammen mit weiteren Bundesländern eine entsprechende gesetzliche Klarstellung an", erklärte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU, Foto: dpa) in einer schriftlichen Mitteilung. Nach Angaben von Regierungssprecherin Marlene Mühe-Martin wird das Thema voraussichtlich am 12. Februar im Bundesrat behandelt.

Bislang wird Kinderlärm den Angaben zufolge rechtlich mit Lärm von Autos oder Rasenmähern gleichgesetzt und als schädliche Umwelteinwirkung eingestuft. Dies habe auch mehrere erfolgreiche Klagen ermöglicht - etwa gegen die Baugenehmigung von Kindertagesstätten. "Mit dieser Initiative wollen wir Rechtssicherheit schaffen, etwa für Kindertagesstätten in Wohngebieten", sagte Müller, der weiter erklärte: "Kinder sind Zukunft - und Kindergeschrei ist nicht Lärmemission, sondern Zukunftsmusik."

Im Saarland hatte im Spätsommer 2008 ein Rechtsstreit über eine neue Kinderkrippe in Merzig die Justiz beschäftigt. Nachbarn hatten damals gegen eine neue Krippe in einer Reihenhaussiedlung geklagt, in der Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam spielen und lernen sollen. Das Oberverwaltungsgericht sprach sich damals für den Krippenausbau aus. Eine Kinderkrippe in einem reinen Wohngebiet sei zulässig und von der Nachbarschaft hinzunehmen. Damit wurde die Klage eines Rentnerehepaares aus Merzig gegen die Änderung des 35 Jahre alten Bebauungsplanes für ihre Reihenhaussiedlung abgewiesen. Die Krippe ist mittlerweile in Betrieb. Träger ist die Lebenshilfe Merzig-Wadern. dpa/red

Meinung

Gut gebrüllt, Peter Müller!

Von SZ-Redakteur

Dietmar Klostermann

Endlich setzt sich auch in Deutschland die Erkenntnis durch, dass Kindergeschrei Zukunftsmusik ist. Wenn Peter Müllers bekannt kräftige Stimme in Berlin gegen die hinterwäldlerischen Gesetzesnormen, die Kinder- und Industrielärm gleichsetzen, erschallt, werden diese Mauern gewiss fallen. Dass dabei nicht nur die Liebe zum Kinde mitswingt, ist klar: Die dramatisch schrumpfende Saarländer-Zahl macht das Thema Kinderfreundlichkeit zur Überlebensfrage dieses Bundeslandes. Dazu gehören Krippen, Hallenbäder und moderne Schulen: Alles teurer, aber genauso wichtig wie der leichte Federstrich durch altbackene Gesetze.

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