Mathematische Wege zum Ruhm

Vielleicht wollen Sie berühmt werden. Wenn es bei "Deutschland sucht den Superstar" nicht klappt, versuchen Sie es doch einmal mit der Lösung eines offenen mathematischen Problems. Ich stelle Ihnen zwei mathematische Probleme vor, die jeder verstehen kann, deren Lösung aber trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen ist

 Die Mathematik gibt auch manchem Experten Rätsel auf. Foto: SZ

Die Mathematik gibt auch manchem Experten Rätsel auf. Foto: SZ

Vielleicht wollen Sie berühmt werden. Wenn es bei "Deutschland sucht den Superstar" nicht klappt, versuchen Sie es doch einmal mit der Lösung eines offenen mathematischen Problems. Ich stelle Ihnen zwei mathematische Probleme vor, die jeder verstehen kann, deren Lösung aber trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen ist. Das erste Problem ist die Goldbachsche Vermutung, hier in ihrer starken Form. Sie wurde zum ersten Mal (in etwas anderer Form) von dem deutschen Mathematiker Christian Goldbach (1690 bis 1764) in einem Brief an Leonard Euler formuliert: "Jede gerade Zahl größer als 2 lässt sich auf mindestens eine Art als Summe von zwei Primzahlen darstellen."Diese Vermutung ist leicht zu verstehen. Untersuchen wir die ersten zehn Fälle:4 = 2 + 26 = 3 + 38 = 5 +310 = 3 + 7 = 5 + 512 = 5 + 714 = 3 + 11 = 7 + 716 = 3 + 13 = 5 + 1118 = 5 + 13 = 7 + 1120 = 3 + 17 = 7 + 1322 = 3 + 19 = 5 + 17 = 11 + 11Wie gesagt: Bewiesen ist die Sache nicht, auch nicht widerlegt. In einem großen Internetprojekt hat Tomás Oliveira e Silva alle geraden Zahlen bis 12·(10 hoch 17) überprüft, Stand 14. Juli 2008, immer mit positivem Ergebnis (http://www.ieeta.pt/~tos/goldbach.html ). Das Projekt läuft weiter. Die vielleicht beste Annäherung an einen Beweis hat der chinesische Mathematiker Kuo Tsai Chen 1966 gefunden. Er konnte zeigen, dass jede hinreichend große gerade Zahl sich darstellen lässt als Summe aus einer Primzahl und einer Zahl, die höchstens zwei Primfaktoren besitzt. Oliver Ramaré bewies 1996, dass jede gerade Zahl größer als 2 sich als Summe von höchstens 6 Primzahlen darstellen lässt. Da ist noch viel Luft bis zur Goldbachschen Vermutung. Das zweite offene Problem, das Problem der Collatz-Folge, ist eine Art Wiedergänger an mathematischen Instituten, es taucht immer wieder auf, beschäftigt dann viele Mathematiker. Ein Amerikaner hat einmal in den Zeiten des Kalten Krieges geäußert, das Collatz-Problem sei eine Schöpfung des KGB, um die amerikanischen Mathematiker von ernsthafteren Arbeiten abzuhalten, das stimmt aber nicht.Lothar Collatz (1910 bis 1990) war ein bedeutender deutscher Mathematiker, der vor allem durch Beiträge zur numerischen Mathematik bekannt wurde. Von ihm stammt möglicherweise die folgende Vermutung, möglicherweise, sicher ist dies nicht: n sei eine natürliche Zahl.Ist n gerade, so wird die Zahl halbiert. Ist n ungerade, so berechnet man 3n +1. Mit der neuen Zahl macht man dann das gleiche, immer weiter. Die Vermutung lautet: Man landet am Ende immer bei 1. Ein Beispiel: n = 10. 10 ist gerade, also lautet die nächste Zahl 5. 5 ist ungerade, daher bildet man 3·5 + 1 = 16. 16 ist gerade: Halbieren: Man erhält 8; 8 ist gerade, halbieren: 4. Dann 2 dann 1. Man erhält von 10 ausgehend: 10, 5 ,16, 8, 4, 2, 1. Endpunkt: 1.Ein weiteres Beispiel, jetzt mit Startpunkt n = 7:7, 22, 11, 34, 17, 52, 26, 13, 40, 20, 10, 5, 16, 8, 4, 2, 1. Endpunkt 1. Auch hier gibt es ein Internet-Projekt zur Überprüfung der Vermutung durch verteiltes Rechnen; Leiter ist der Niederländer Eric Rosendaal. (http://ericr.nl/wondrous/ )Alle Zahlen bis 715·(10 hoch 15) sind überprüft, Stand 5.Oktober 2008. In diesem Projekt werden auch einige Rekorde geführt, zumd Beispiel die größte bekannte Länge einer Collatz-Folge oder die größte bisher in einer Collatz-Folge aufgetretene Zahl. Ein wirklich guter Ansatz zum Beweis oder zur Widerlegung der Vermutung ist nicht bekannt. Und das ist Ihre Chance. Verzichten Sie heute aufs Fernsehen, nehmen Sie sich etwas Zeit, beweisen oder widerlegen Sie die Goldbachsche Vermutung oder die Vermutung von Collatz. Das unzweifelhaft berühmteste offene mathematische Problem ist die Riemannsche Vermutung, nicht ganz leicht zu verstehen. Wenn Sie sich damit beschäftigen wollen, so empfehle ich Ihnen als Einstieg den wunderbaren Artikel im "Spektrum der Wissenschaft", Ausgabe Oktober 2008. Noch ein kleiner Nachtrag zum letzten Beitrag über Rekordprimzahlen: Es gibt eine neue größte bekannte Primzahl, eine Mersenne-Zahl.. Sie wurde am 23. August 2008 gefunden: Die Zahl lautet: (2 hoch 43112609) - 1; sie besitzt 12 978189 Stellen, also deutlich mehr als 10 Millionen. Der Preis von 100000 Dollar für die erste Primzahl mit mehr als 10 Millionen Stellen ist damit vergeben.

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