"Manchmal mehr Fahrerin als Pfarrerin"

Hermeskeil/Nonnweiler. Ihr Kennzeichen ist, dass der Gemeinde auf einem geographisch großen Gebiet verhältnismäßig wenige Gläubige angehören. Im Raum Hermeskeil hat es sehr lange gedauert, bis die evangelische Kirche Fuß fassen konnte. Vor 1807 ist überhaupt kein protestantischer Bürger in Hermeskeil nachweisbar

 Heike Diederich hat das Pfarramt in der 1998 fusionierten Kirchengemeinde Hermeskeil/Züsch inne. Foto: Munsteiner

Heike Diederich hat das Pfarramt in der 1998 fusionierten Kirchengemeinde Hermeskeil/Züsch inne. Foto: Munsteiner

Hermeskeil/Nonnweiler. Ihr Kennzeichen ist, dass der Gemeinde auf einem geographisch großen Gebiet verhältnismäßig wenige Gläubige angehören. Im Raum Hermeskeil hat es sehr lange gedauert, bis die evangelische Kirche Fuß fassen konnte. Vor 1807 ist überhaupt kein protestantischer Bürger in Hermeskeil nachweisbar. Danach konnte sich das evangelische Leben erst formieren, als die Region unter den Einfluss Preußens geriet. Dessen Politik lief darauf hinaus, in katholisch geprägten Gebieten Protestanten auf wichtige Verwaltungspositionen zu setzen. Einer von ihnen war Alexander von Konarsky, der Bürgermeister des "Amts" Hermeskeil wurde. Ihm und dem Unternehmer Maximilian Pasterts war es maßgeblich zu verdanken, dass zunächst 1852 in der Saarstraße eine Kirche gebaut werden konnte, bevor 1858 die offizielle Gemeinde-Gründung erfolgte. "Bis heute sind wir eine Diaspora-Gemeinde geblieben", betont die aktuelle Pfarrerin Heike Diederich. Evangelisch sind in der Region weniger als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung. Nach der Fusion mit Züsch 1998 umfasst die Kirchengemeinde Stadt und Verbandsgemeinde Hermeskeil, den östlichen Teil der Verbandsgemeinde Kell sowie die Gemeinde Nonnweiler. "Manchmal bin ich schon mehr Fahrerin als Pfarrerin", sagt Diederich, die etwa 2600 Gemeindemitglieder unter ihrer Obhut hat. Bedingt durch die Größe ihres Wirkungskreises sei von ihr eine seelsorgerische Arbeit gefordert, die "eher aufsuchenden Charakter, weil Gemeindemitglieder aus den weiter entfernten Orten wie Primstal oder Lampaden eben nur selten hier nach Hermeskeil ins Pfarrhaus kommen". Ein weiteres Merkmal ist laut Diederich, "dass gerade in der Diaspora ökumenische Offenheit ein wichtiger Punkt ist. In diesem Bereich haben sich die Zeiten doch enorm verändert", sagt sie mit Blick auf die Anfänge evangelischen Lebens in der Region, als das Verhältnis zur katholischen Konfessionen noch unter stärkeren Spannungen litt. Als wichtige Stationen in der Geschichte der Gemeinde nennt Diederich unter anderem den Bau der Kirche in Mariahütte, die 1956 zu den Gotteshäusern in Züsch und Hermeskeil hinzukam. "Man hat damals festgestellt, dass es einfacher ist, sonntags einen Pfarrer über die Grenze zu bringen, als gleich eine ganze Gemeinde", sagt Diederich schmunzelnd. Zu dieser Zeit stand das Saarland nämlich noch unter französischer Verwaltung. Ein weiterer Meilenstein war die Errichtung des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses in Hermeskeil 1967 als Gemeindezentrum. Aktuell ist vor allem eine Entscheidung für die Protestanten im Hochwald von Bedeutung. Nachdem Anfang 2008 Peter Sorg das Pfarramt in Züsch abgegeben hat, steht inzwischen fest, dass die Pfarrstelle dort nicht mehr neu besetzt wird. Das heißt: Diederich ist künftig allein für die fusionierte Gemeinde zuständig. Zwar wird damit noch mehr Verantwortung auf ihren Schultern liegen; die Pfarrerin sieht diese Entscheidung im Zuge des Strukturprozesses in der Evangelischen Kirche im Rheinland aber auch als "Chance und Gestaltungsaufgabe". Sie erinnert an den lutherischen Grundsatz vom "Priestertum aller Gläubigen", der nun in der Gemeinde verstärkt zur Geltung kommen kann und muss. Denn: "Das ehrenamtliche Engagement wird auch bei uns eine immer größere Rolle spielen", schaut Diederich voraus.

Auf einen BlickBei der Jubiläums-Veranstaltung "150 Jahre evangelisch in Hermeskeil" steht am Samstag, 9. August, ab 19 Uhr ein Orgel-Konzert in der Kirche auf dem Programm. Es spielt der Ludwigshafener Organist Wolfgang Werner. Im Anschluss ist ein Sektempfang geplant. Schauplatz der Feierlichkeiten am Sonntag, 10. August, ist der Stadtpark. Nach dem Jubiläumsgottesdienst mit dem Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde Trier (10 Uhr) folgt ab 11.30 Uhr ein musikalischer Frühschoppen mit der Stadtkapelle. Die Frauen der Kirchengemeinde organisieren einen Basar, für die kleinen Gäste wird ein abwechslungsreiches Kinderprogramm geboten. Auch für das leibliche Wohl der Besucher ist bestens gesorgt. Zum Abschluss findet um 19 Uhr eine ökumenische Andacht statt. Der Erlös des Fests ist für die Renovierung des Bonhoeffer-Hauses bestimmt. red

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