"Man will natürlich für die Patienten da sein"

Kreis Neunkirchen. Heute geht der Honorarstreit zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenkassen in eine neue Runde. Während Ärzte einen realen Einkommensverlust von bis zu zehn Prozent beklagen, lag das Angebot der Kassen zunächst bei einem Plus von 0,9 Prozent

Kreis Neunkirchen. Heute geht der Honorarstreit zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenkassen in eine neue Runde. Während Ärzte einen realen Einkommensverlust von bis zu zehn Prozent beklagen, lag das Angebot der Kassen zunächst bei einem Plus von 0,9 Prozent. Dieses wurde mittlerweile auf drei Prozent nachgebessert - die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) findet das allerdings inakzeptabel und fordert deutlich mehr.Auch die Ärzte im Landkreis Neunkirchern schauen heute gespannt auf die Verhandlungen auf Bundesebene. Dr. Georg Leipnitz ist Facharzt für Innere Medizin mit Praxis in Neunkirchen und Vorsitzender der Gemeinschaft Neunkircher Vertragsärzte (Geneva). "Aus unserer Sicht müsste es einen Ausgleich für Inflation und Lohnerhöhung der Angestellten geben", erklärt Leipnitz. Drei bis fünf Prozent halte er für realistisch. Die von der KBV propagierten elf Prozent sind seiner Meinung nach eine taktische Forderung, "von der jeder weiß, dass es nicht klappt." Eine Einigung erwartet Leipnitz für heute indes nicht. Als zu groß schätzt er das Drohpotenzial der beiden Seiten ein. Sollte es zu Streiks oder vorübergehenden Praxisschließungen kommen, werde man lokal eine Notfallversorgung organisieren. "Niemand der ein ernstes Problem oder eine akute Behandlungssituation hat, soll darunter leiden", versichert Leipnitz. Als Vertreter der Ärzte-Gemeinschaft Geneva sieht er die Probleme der Zukunft aber an ganz anderer Stelle. "Die aktuelle Honorardiskussion ist ein Nebenkriegsschauplatz." Der Elversberger Allgemeinmediziner Dr. Hans Georg Müller, weiß, was Leipnitz Sorgen bereitet. "Wir haben, wenn die Entwicklung so weitergeht, ab etwa 2018 nur noch zwei Praxen in Spiesen-Elversberg", prognostiziert Müller und spricht damit die sich vielerorts ankündigende Hausarztknappheit an. Hausärzte, auch Müller, müssen rechnen. Nachdem eine neue Bewertung des Punktesystems, mit dem Ärzte ihre Leistungen bei den Krankenkassen abrechnen, erfolgt war, seien beispielsweise 120 Punkte für eine bestimmte Dienstleistung plötzlich nur noch etwa die Hälfte wert gewesen - bei gleicher Arbeit.

Beim Thema Ärztehonorare warnt Georg Leipnitz indes vor einem Fehler in der öffentlichen Wahrnehmung: "Wenn Zahlen wie 250 000 Euro durch die Öffentlichkeit geistern, ist das in der Regel der Jahresumsatz." Über 60 Prozent davon entfielen davon auf Praxis- und Personalkosten, dazu kämen Altersvorsorge, Steuern, Re-Investitionen und sonstige Ausgaben des Selbstständigen. Gerade Haus- und Kinderärzte seien am schlechtesten dran. "Jeder, der keine apparative Medizin macht, die man planen kann, sondern Service und Hausbesuche, ist nicht besonders toll gestellt."

Dr. Eva Schirra-Meiser betreibt ihre Praxis in Humes. Auch sie weiß um die Nachwuchssorgen in der Branche - gerade auf dem Land. "Es ist einfach die Frage, ob sich junge Leute den Beruf mit der zeitlichen Belastung und der finanziellen Unsicherheit antun wollen", sagt sie. Zehn bis zwölf Arbeitsstunden pro Tag seien die Regel. Sie hofft auf eine Einigung im Sinne der Haus- und Kinderärzteschaft. Besonders wichtig sei ihr aber, dass junge Ärzte einen Anreiz bekommen, aufs Land zu gehen, um die Versorgung der Menschen auch weiterhin zu gewährleisten. "Man wird eine gewisse Eskalation hinnehmen müssen."

Dr. Georg Leipnitz über die aktuellen Honorarverhandlungen

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