„Man ist nicht bereit“

Lauterbach/ Carling · Das jüngste Lauterbach-Hochwasser hat die fällige Bachsanierung neu in die Diskussion gebracht. Auf französischer Seite sind erste Schritte dazu bereits getan, berichtet Carlings Bürgermeister Gaston Adier.

 Überschwemmung nach einer Starkregen-Nacht: der Garten des Lauterbach-Anwohners Marcus Huwig am Mittwochmorgen – das Wasser schwappte bis auf die Terrasse. Foto: Huwig

Überschwemmung nach einer Starkregen-Nacht: der Garten des Lauterbach-Anwohners Marcus Huwig am Mittwochmorgen – das Wasser schwappte bis auf die Terrasse. Foto: Huwig

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Land unter am Lauterbach: Am vorigen Mittwoch machte sich der Bach, sonst nur ein Rinnsal, in den Anwohner-Gärten breit. Vorausgegangen war rekordverdächtiger Starkregen. So maß SZ-Wetterfrosch Jörg Hoffmann im Köllertal binnen zehn Stunden 58,8 Liter Niederschlag pro Quadratmeter, den höchsten Tageswert seiner 25-jährigen Messreihe.

Und bei den Lauterbachern kochte der Zorn. Ist doch lange bekannt, was geschehen müsste, um Lauterbach-Hochwassern vorzubeugen oder wenigstens schädliche Folgen einzugrenzen (siehe "Hintergrund"). Passiert ist bisher aber nichts.

Die Lauterbacher zeigen nach Frankreich. In Carling, wo der Lauterbach herkommt, reiche die Kanalisation nicht aus. Daher bringe der Bach bei Stark regen nicht nur reichlich Wasser mit, sondern obendrein Fäkalien und sonstigen unappetitlichen Schmutz. Der erste Anlauf zur grenzüberschreitenden Bachsanierung, den Völklingens Bürgermeister Wolfgang Bintz (CDU) und der Carlinger Maire Gaston Adier 2012 unternahmen, schlug fehl, die Europäische Union lehnte den Förderantrag ab. Zweite Runde? Schwierig, sagt Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU) auf SZ-Nachfrage. Denn die Rechtslage in Deutschland und Frankreich sei verschieden, nach französischem Recht reiche die Carlinger Kanalisation aus. 2012 war von einem neuen französischen Gutachten die Rede; doch dessen Ergebnis kenne er nicht, sagt Lorig: "Wir müssen wohl mit unserem Teil allein anfangen, auch wenn das nur die halbe Miete ist." Rund eine Million Euro werde es kosten, das Bachbett samt Durchlässen und Brücken aufzuweiten. Dabei müssten die Anwohner das Ihre tun und private Abflusshindernisse entfernen. Das Land habe Zuschüsse versprochen; er hoffe, dass die Sanierung 2015 beginnen könne.

Das neue französische Gutachten? Danach reiche die Carlinger Kanalisation in der Tat aus, sagt Bürgermeister Gaston Adier: "Würde man die Kanäle vergrößern, käme ja noch mehr Wasser in den Lauterbach." Nicht ausreichend aber seien nach Ansicht der Gutachter die Auffangmöglichkeiten für Regenwasser. Deshalb würden nun zwei neue Rückhaltebecken errichtet. Eins in Carling. Das zweite, ein "Gewitter-Rückhaltebecken" in L'Hôpital, sei schon im Bau. Im bisherigen Carlinger Rückhaltebecken sei zudem im vorigen Jahr ein Schmutzfangrechen installiert worden, der Fäkalien und dergleichen zurückhält. Diese Investition, 150 000 Euro, habe die Gemeinde allein finanziert, "wegen der Dringlichkeit". Jedoch: "Aus Lauterbach habe ich noch nichts gehört", sagt Adier. Den deutschen Teil der Problemlösung, die Bachbett-Sanierung, könne er von Carling aus ja schlecht planen, oder?

Ein neuer gemeinsamer Antrag auf Interreg-Förderung? Die EU, sagt Adier, habe signalisiert, dass sie derzeit noch Geld im Topf habe. Aber das müsse blitzschnell abgerufen werden, schon Ende 2014 müsse man fertig sein mit dem Umbau. So rasch aber, meint Adier, seien die Arbeiten kaum zu schaffen. Denn es gebe sehr viel zu tun - und "on n'est pas prêt". Auf Deutsch: "Man ist nicht bereit."

 Abflusshindernis auf Privatgrund: Kleine Brücken und Stege engen den Lauterbach ein; an Zäunen kann sich Grünschnitt fangen, so dass sich dahinter Wasser staut. Foto: Jenal

Abflusshindernis auf Privatgrund: Kleine Brücken und Stege engen den Lauterbach ein; an Zäunen kann sich Grünschnitt fangen, so dass sich dahinter Wasser staut. Foto: Jenal

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 Als Schmutz-Transporteur unter Verdacht: der Lauterbacher Sammler des Entsorgungszweckverbandes Saar (dieses Bild ist im September entstanden). Foto: Huwig

Als Schmutz-Transporteur unter Verdacht: der Lauterbacher Sammler des Entsorgungszweckverbandes Saar (dieses Bild ist im September entstanden). Foto: Huwig

Foto: Huwig

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HintergrundIn einer Studie, die 2008 veröffentlicht wurde, haben Wasser-Experten den Lauterbach auf beiden Seiten der Grenze gründlich vermessen und untersucht. Das Ergebnis: Um die regelmäßigen Überschwemmungen, die das Gewässer verursacht, zu mindern, muss es grenzüberschreitend saniert werden. Die Fachleute empfahlen Verbesserungen bei der Kanalisation in Carling (damals geschätzte Kosten: 2,2 Millionen Euro), damit Hochwasser keine Fäkalien-Fracht mehr mitbringen kann. Und auf deutscher Seite müsse der Wasserabfluss verbessert werden. Die Bachsohle gehöre repariert, das Bachbett aufgeweitet (damals geschätzte Kosten: 600 000 Euro, heutige Schätzung eine Million Euro). Aufgestaut wird der Bach nach den Berechnungen der Fachleute nicht nur durch zu enge Brücken-Durchlässe, sondern auch durch illegale Anlieger-Bauten. Nach den wasserrechtlichen Vorschriften müssen auf beiden Seiten eines Gewässers jeweils fünf Meter frei gehalten werden. Dieser Abstand wird aber am Lauterbach auf etlichen Privatgrundstücken deutlich unterschritten. dd

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