"Man ist direkt unter Leuten"

St. Johann. Idyllisch im Grünen leben? Ja, das hat was, sagt Wiltrud Poss. "Zum Kindergroßziehen ist das gut", erklärt sie. Aber ein Leben lang im Grünen sitzen? Nein, das musste nicht sein. Und so sind Wiltrud Poss und ihr Mann Gerhard vor zehn Jahren vom Fuße der schwäbischen Alb nach Saarbrücken gezogen - mitten in die Stadt, direkt neben das Rathaus St. Johann

St. Johann. Idyllisch im Grünen leben? Ja, das hat was, sagt Wiltrud Poss. "Zum Kindergroßziehen ist das gut", erklärt sie. Aber ein Leben lang im Grünen sitzen? Nein, das musste nicht sein. Und so sind Wiltrud Poss und ihr Mann Gerhard vor zehn Jahren vom Fuße der schwäbischen Alb nach Saarbrücken gezogen - mitten in die Stadt, direkt neben das Rathaus St. Johann. "Uns hat der Asphalt gefehlt", erklärt Gerhard Poss. Er, inzwischen 72, stammt aus Burbach. Sie, 66 Jahre alt, kommt aus Alt-Saarbrücken. Nach Schwäbisch-Gemünd wollten sie nur für fünf Jahre, des Berufs wegen. Aus den fünf sind 30 Jahre geworden. Als es aber auf die Rente zuging, waren sich die beiden einig: Sie wollten heim nach Saarbrücken. Zwei Wohnungen standen zur Auswahl: eine in der Nähe der Herz-Jesu-Kirche in Burbach und die neben dem Rathaus. Die Entscheidung sei schnell gefallen, sagt Gerhard Poss. Im oberen Burbach sei es viel zu grün. Die Wohnung in St. Johann sei da viel praktischer. Geschäfte, Ärzte aller Fachbereiche, Behörden und das geliebte Theater sind zu Fuß zu erreichen. "Ich brauche keine Tiefkühltruhe mehr, was ich brauche, haben die Geschäfte für mich", sagt Wiltrud Poss. "Wenn wir aus der Haustür gehen, sind wir mittendrin. Man ist nicht alleine, man ist direkt unter Leuten. Das hat mich schon angemacht", sagt ihr Mann. Aber ist es nicht zu laut? "Als ich das erste Mal wieder hier war, habe ich mich auf die Wilhelm-Heinrich-Brücke gestellt und den Lärm genossen", erzählt Wiltrud Poss. Aber so laut, wie man vermuten könnte, sei es direkt neben dem Rathaus gar nicht. "Wenn etwas los ist, zum Beispiel eine Demonstration, dann erfahren wir das meistens erst am nächsten Tag aus der Zeitung", sagt sie. Neulich habe ein Besucher gesagt: "Ihr lebt im Auge des Orkans." Und da sei es bekanntlich ruhig. Natürlich gebe es auch Ärgernisse. Dass die Stadt die Gastronomie, die immer mehr Freiheiten habe, offenbar ernster nimmt als die Menschen, die in der Stadt wohnen. Da müsse mit Augenmaß gehandelt werden. "Die Gastronomie muss leben, aber man muss auch daran denken, dass da Leute leben. Wenn da keiner mehr wohnt, und die Leute nur noch zum Arbeiten und Feiern in die Innenstadt kommen, verliert die Stadt ihre Seele", warnt Gerhard Poss. Ihre Entscheidung haben Wiltrud und Gerhard Poss nie bereut. Und wenn die Lust auf Grün kommt, dann ist man in wenigen Minuten an der Saar.

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