Lyrik zum Erlebnis machen

Marpingen. "Die Leere . . . aus Glas . . . Häuserflucht, Menschheit abgedichtet!" Schon mit ihren ersten Versen aus Durs Grünbeins Gedichtsammlung "Transparenz in Blau" gelang es Eva Coenen und Nicolas Bertholet, Schauspieler des Saarländischen Künstlerhauses und tätig beim Theater Überzwerg in Saarbrücken, die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen

 Nicolas Bertholet und Eva Coenen fesselten die Schüler mit einer szenischen Lesung.Foto: Schule

Nicolas Bertholet und Eva Coenen fesselten die Schüler mit einer szenischen Lesung.Foto: Schule

Marpingen. "Die Leere . . . aus Glas . . . Häuserflucht, Menschheit abgedichtet!" Schon mit ihren ersten Versen aus Durs Grünbeins Gedichtsammlung "Transparenz in Blau" gelang es Eva Coenen und Nicolas Bertholet, Schauspieler des Saarländischen Künstlerhauses und tätig beim Theater Überzwerg in Saarbrücken, die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Beide setzten an zwei Donnerstagen im Dezember vor insgesamt 90 Schülern der Stufe 13 der Gemeinschaftsschule Marpingen eine Auswahl an Großstadtgedichten gekonnt in Szene.Ungewohnt hierbei war vor allem die Umsetzung lyrischer Texte in kleine Theaterstücke, die jeweils eine besondere, die Großstadt und ihre Facetten thematisierende Problematik aufgriffen: Einsamkeit in der Anonymität, Bedrohung durch unerwartete Intimität, Zerstörung durch Krieg und Bindungsunfähigkeit, Manipulation durch die allgegenwärtige "Reclame", wie Ingeborg Bachmanns bekanntes Gedicht lautet. Engagiert und einfühlsam, unterhaltend und nachdenklich stimmend gelang es den beiden Akteuren aus Saarbrücken, die Gedichte zum Leben zu erwecken, Spannung aufzubauen, Interesse, ja sogar Begeisterung für Lyrik zu entfachen.

Das sprichwörtliche Fallen der Stecknadel war zu hören, wenn zwischenzeitlich eine zum Nachdenken anregende Pause entstand. So lässt der Autor Wolfgang Bittner die Zuhörer fragen, "Wessen Stadt" es eigentlich sei, in der Großbanken und Investoren mit dem Lebensraum der Einwohner spekulierten. Eberhardt Rumbke fand sich ebenso wieder, in dessen "1468 Godwin" die Erfahrung des ruhe- und heimatlosen Menschen im Mittelpunkt steht. Und mit dem Songtext "Ich will nicht nach Berlin" der Gruppe Kraftclub war das Eis gänzlich gebrochen. Minutenlanger Applaus und interessierte Rückfragen zeigten, dass das Experiment, lyrische Texte sichtbar, hörbar, greifbar zu machen, geglückt war. red

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