Lothringische Lockrufe

Metz. Ein Chef, der sich hinterm Schreibtisch die Haare rauft. Eine Büroangestellte, die mit einem Stuhl auf ihren Vorgesetzten losgeht. Ein Baby, das untröstlich weint. Der Grund für die Verzweiflung, die Wut und das Unglück dieser drei Personen, die große Werbeplakate zieren, ist immer der gleiche: Sie würden lieber in Metz leben und arbeiten

 Emotionsgeladen: Zwei Beispiele aus der Serie der Werbeplakate für Metz. Fotos: Wirtschaftsförderung Metz

Emotionsgeladen: Zwei Beispiele aus der Serie der Werbeplakate für Metz. Fotos: Wirtschaftsförderung Metz

Metz. Ein Chef, der sich hinterm Schreibtisch die Haare rauft. Eine Büroangestellte, die mit einem Stuhl auf ihren Vorgesetzten losgeht. Ein Baby, das untröstlich weint. Der Grund für die Verzweiflung, die Wut und das Unglück dieser drei Personen, die große Werbeplakate zieren, ist immer der gleiche: Sie würden lieber in Metz leben und arbeiten. "Je veux Metz" ist die unkonventionelle Kampagne überschrieben, mit der die Metzer Wirtschaftsförderung jetzt Unternehmer, Führungs- und Fachkräfte für den Standort Metz Métropole (Stadtverband) gewinnen will.

Den Auftrieb, den die Stadt gerade durch den Ansturm auf das Centre Pompidou erfährt, will man so nutzen, um endgültig das negative Image der vermeintlich grauen Kasernenstadt abzuschütteln. Dass diese Vorstellung noch immer in den Köpfen vieler Franzosen verankert ist, beweist nicht zuletzt das nationale Pariser Statistik-Institut Insee. Dessen Belegschaft wehrt sich mit Händen und Füßen gegen Sarkozys Pläne, einen Teil der Insee-Arbeitsplätze zur Kompensation des abgezogenen Militärs nach Metz zu verlegen.

Die 800 000 Euro teure Kampagne "Je veux Metz" wird denn auch zu 80 Prozent vom Staat finanziert und vom Europäischen Regionalfonds Efre. Den Kampagnenstart feierte man mit viel Prominenz in Paris, am edlen Place Vendôme.

Sich in einer Kampagne mit den schönen Seiten der Stadt in Szene setzen - das können und machen alle, sagt Marina Lallement-Wagner, Direktorin der Abteilung Kommunikation bei der Metzer Wirtschaftsförderung. In Metz hat man sich deshalb entschieden, die Sache anders anzugehen: Mit frechem Selbstbewusstsein und einem Humor, der an den Film "Willkommen bei den Sch'tis" erinnert. Metz dreht den Spieß einfach um. In einem Video-Spot wird ein smarter Nachwuchs-Kader an seinen neuen Arbeitsplatz geführt. Was der Chef ihm in höchsten Tönen anpreist - Büro, Kantine, Küchenchef - ist in Wahrheit die reinste Tristesse. "Warum habe ich mich bloß nicht in Metz niedergelassen?" fragt sich der Neue verzweifelt und rennt schreiend davon. Der Werbespot läuft seit Ende Oktober im französischen Fernsehen und auf online-Portalen. Für die drei Plakatemotive hat Metz Werbeflächen in der eigenen Stadt, in Pariser Metro-Stationen, den TGV-Bahnhöfen der französischen Großstädte und an den Flughäfen von Paris, Metz, Brüssel, Luxemburg und Frankfurt gebucht.

Im Saarland wirbt Metz nicht, weder am Flughafen noch am Saarbrücker Eurobahnhof. Ebenso wenig am Frankfurter Hauptbahnhof, wo der TGV Est über Saarbrücken nach Paris abfährt. "Wir mussten wegen der Kosten eine Auswahl treffen", sagt Marina Lallement-Wagner dazu. Die Resonanz auf die Kampagne sei bisher sehr positiv, erklärt die Direktorin. Durch das Centre Pompidou sei die Bekanntheit von Metz enorm gestiegen, erklärt Lallemant-Wagner. Jetzt gilt es zu zeigen, was man zu bieten hat: Neben Lebensqualität, Kunst und einer 82-Minuten-TGV-Entfernung von Paris auch jede Menge neuerschlossener Gewerbegebiete.

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