Neues Buch über Lothringen Lothringen, die spröde Schöne

Saarbrücken · Der Saarbrücker Autor Georg Bense stellt in seinem neuen Reiseband unsere Nachbarregion vor.

 Stille Tage an der Saar: Diese Aufnahme aus Niederstinzel ist zugleich das Titelbild von Georg Benses neuem Buch „Gesichter Lothringens“.

Stille Tage an der Saar: Diese Aufnahme aus Niederstinzel ist zugleich das Titelbild von Georg Benses neuem Buch „Gesichter Lothringens“.

Foto: Georg Bense

Lothringen also. Neudeutsch gesprochen gewiss keine der Top-Destinationen Frankreichs, ein Land, das ja Touristenlockstoff im Überfluss bietet. Lothringen, unsere Nachbarregion, kommt da eher als Liebe für den zweiten Blick daher. Dafür aber kann diese Liebe andauern. Georg Bense, den Saarbrücker Autor, Regisseur und Filmemacher, trägt diese Liebe fast schon so lang, wie er die Kamera zur Hand nimmt. Seit den 60er Jahren lebt er im Saarland; seitdem hat er für den Saarländischen Rundfunk (SR) und diverse andere ARD-Sender, aber auch für ZDF und Arte gedreht. In der halben Welt. Immer wieder zog es ihn aber auch in die direkte Nachbarschaft. Und dass Lothringen, dessen Anmut wie die des Saarlandes lange von Rauch und Ruß zugedeckt war, doch so entdeckenswert sein kann, das haben just Benses Filme für den SR gelehrt. Doch der gebürtige Kölner, dem das Geschichtenerzählen als Sohn des Philosophen und Sprachspielers Max Bense quasi schon in den Genen steckt, ist nicht nur ein Könner mit der Kamera. Auch Zeitungstexte trägt sein unaufgeregter Erzählton, seine Kunst, das Besondere aus dem Allgemeinen heraus zu destillieren.

Für die Saarbrücker Zeitung ist Georg Bense wieder nach Lothringen gereist – mit Stift, Block und Fotoapparat, dem Wissen des Kenners, aber auch von unstillbarer Neugier getrieben. Natürlich war er in Nancy, hat der goldglänzenden Prachtlust des polnischen Exilkönigs Stanislaus nachgespürt, folgte den Wegen der Jugenstil-Künstler. Als Flaneur bummelte er über „La Serp“, die sich modern und geschäftig durch Metz schlängelt, unterm Pflaster aber zweitausendjährige Geschichte birgt. Schon die Römer gaben ihr den Namen Via Scarponensis. Peu à peu hat Bense Lothringen durchkreuzt, mal scheinbar unspektakuläre Orte besucht, folgte etwa dem Lauf der noch jungen Saar, mal schärfte er den Blick für bereits Gekanntes, nahm die Leser etwa mit nach Géradmer, wo Grand Hotels einst auch die Großen der Welt anzogen; heute präsentiert sich das Ausflugsvergnügen provinzieller. Aber, mais oui, André Gide war auch mal da, als er vom Literaturnobelpreis bestenfalls träumte. Als Teenager musste er nach Géradmer, wo Frau Mama es für angezeigt hielt, die pubertären Erregungszustände des Knaben mit Kaltwassergüssen abzukühlen.

Georg Bense hat ein untrügliches Gespür für die pikante Historie, findet hinter der Fassade des Alltäglichen das Bemerkenswerte. Und mit seinen knapp 40 Reisefeuilletons im Gepäck, die jetzt in einem Buch, „Gesichter Lothringens“, gebündelt sind, kann man selbst zum Lothringen-Entdecker werden. Kundig führt er durch dieses Land der alten Residenzen, aber auch einer Region, in der Festungen, Zitadellen und Bunker mahnen, das Lothringen immer wieder Schlachtfeld war.

Die Zeitungstexte, das schnelle Tageslesen sozusagen, hat Georg Bense nun in einem liebevoll gemachten Buch für eine dauerhaftere Lektüre konserviert. Die meisten Episoden auch ausführlicher erzählt, ergänzt und bebildert und um zusätzliche Ziele erweitert. Es gibt also noch viel Neues zu entdecken. Und wer den Band gelesen hat, muss sich einfach in Lothringen vergucken, diese spröde Schöne von nebenan.

 Der Autor und  Filmemacher Georg Bense

Der Autor und Filmemacher Georg Bense

Foto: Georg Bense

Georg Bense: Gesichter Lothringens, Geistkirch-Verlag, 167 Seiten, 19,80 Euro.
Buchvorstellung: am 23. November, 19 Uhr, im Domicil Leidinger, (Saarbrücken, Mainzer Straße 10).

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