Linke muss Landesliste neu wählen

Saarbrücken · Die Saar-Linke muss ihre Liste für die Bundestagswahl neu aufstellen. Die bisherige Wahl wurde für ungültig erklärt. Eine erneute Stimmauszählung sieht nun Thomas Lutze knapp vor Kontrahentin Yvonne Ploetz.

 Zu früh gefreut: Yvonne Ploetz nahm bereits die Gratulation von Oskar Lafontaine entgegen. Sie will erneut um Platz 1 kämpfen. Foto: B&B

Zu früh gefreut: Yvonne Ploetz nahm bereits die Gratulation von Oskar Lafontaine entgegen. Sie will erneut um Platz 1 kämpfen. Foto: B&B

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Die eigentlich beendet geglaubte Auseinandersetzung um die Spitzenkandidatur der Saar-Linken für die Bundestagswahl hat eine dramatische Wendung genommen. Nach einem völlig unerwarteten Urteil der Landesschiedskommission der Partei muss die Wahl der Landesliste und damit auch die Wahl des Spitzenkandidaten wiederholt werden. Landesparteichef Rolf Linsler bestätigte gestern, dass eine Nachzählung der Ergebnisse einer Mitgliederversammlung vom 5. Mai ergeben habe, dass die Wahl ungültig war. Die 28-jährige Bundestagsabgeordnete Yvonne Ploetz muss damit wieder um ihren Spitzenplatz bangen. Diesen hatte sie in der Stichwahl mit nur 13 Stimmen Vorsprung gegenüber ihrem Bundestagskollegen Thomas Lutze, 43, behaupten können. Dieser hatte gemeinsam mit anderen die knappe Wahl angefochten. Das bestätigte der stellvertretende Parteivorsitzende Heinz Bierbaum.

Nach der Neuauszählung liegt Lutze nun mit sieben Stimmen vor Ploetz. 260 zu 253 Stimmen, bestätigte ein Notar. Lutze selbst wollte sich gestern nicht mehr zu der Angelegenheit äußern.

Die Schiedskommission wird in Kürze offiziell über die Neuwahlen entscheiden. "Aber die Rechtslage ist laut Wahlordnung klar: Es muss die gesamte Liste neu aufgestellt werden", sagte Bierbaum. Der Landesvorstand müsse für die Neuwahlen eine weitere Mitgliederversammlung einberufen. Als Termin ist das letzte Juni-Wochenende im Gespräch. Spätestens bis zum 15. Juli muss die Liste für die Bundestagswahl aufgestellt sein.

Eine Erklärung dafür, wie sich die Stimmzählkommission, die die Wahlzettel der Stichwahl bei der Versammlung ganze drei Mal ausgezählt hat, um 20 Stimmen bei 519 abgegebenen Stimmen verzählen konnte, hatte Bierbaum nicht. Anhaltspunkte auf eine Manipulation sehe er nicht. "Das Ergebnis der Neuauszählung war überraschend, aber wir müssen es jetzt zur Kenntnis nehmen." Bis zur Neuauszählung waren die Stimmzettel in einem versiegelten Umschlag in der Landesgeschäftsstelle aufbewahrt. "Ich tippe auf menschliches Versagen", meinte Parteisprecher Martin Sommer.

Neue Brisanz dürfte ein öffentlich gewordenes Chat-Protokoll zwischen Ploetz und einem örtlichen Linken-Vorsitzenden aus dem Kreis Neunkirchen erhalten. Darin hatten die beiden diskutiert, wie Lutzes Wahl verhindert werden könne. Ploetz' Gesprächspartner deutete dabei an, dass sich Andreas Pollak hinter den Kulissen für Ploetz einsetzen solle. Der Arzt verbüßt wegen Abrechnungsbetrugs derzeit eine Haftstrafe.

Yvonne Ploetz kündigte an, erneut für Listenplatz 1 kandidieren zu wollen. "Es ist gut, wenn die Basis noch mal die Möglichkeit bekommt, über die Spitzenkandidatur zu entscheiden, sodass wir dann ein klares Ergebnis bekommen", verkündete sie per Mitteilung. Nicht mehr kandidieren wird die ehemalige Weltklasse-Tennisspielerin Claudia Kohde-Kilsch, seit 2012 Pressesprecherin der Linken-Landtagsfraktion. Für sie hatte sich der Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine wiederholt stark gemacht, nach dem er erst kurz vor Aufstellung der Listen seinen Verzicht auf eine Bundestagskandidatur erklärt hatte. "Ich konzentriere mich jetzt ganz auf meinen Wahlkreis Saarbrücken, wo ich Direktkandidatin bin", sagte Kohde-Kilsch. Bereits 2009 hatte es eine Anfechtung gegen die Listenaufstellung gegeben. "Das hat bei uns leider Tradition", bekannte Bierbaum. Damals hatte die nachträgliche Auszählung allerdings das Ergebnis der Versammlung bestätigt.

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