Lesung bei schummerigem Kerzenlicht unter der Erde

Sulzbach. Im Dunkel des Kellers brannten zahlreiche Kerzen und ein modriger Geruch lag in der Luft. Das rohe Mauerwerk war zu sehen und der Salzbrunnen mit seinem verwitterten Gebälk aus dem Jahr 1570 - gestützt und gehalten von Holz und gesichert von einem Eisengeländer. Dazwischen waren die Stühle platziert, auf denen etwa 25 Leute Platz genommen hatten

Sulzbach. Im Dunkel des Kellers brannten zahlreiche Kerzen und ein modriger Geruch lag in der Luft. Das rohe Mauerwerk war zu sehen und der Salzbrunnen mit seinem verwitterten Gebälk aus dem Jahr 1570 - gestützt und gehalten von Holz und gesichert von einem Eisengeländer. Dazwischen waren die Stühle platziert, auf denen etwa 25 Leute Platz genommen hatten. Ein Tisch mit Mikrofon befand sich am oberen Ende des Brunnens, denn auf dem Programm stand die Lesung "Karl May im Salzbrunnenhaus" - übrigens die erste an diesem historischen Ort, der weitere folgen sollen, wie es Jörg Bier in seiner Funktion als Leiter der VHS kundtat.

Doch nun war der Karl-May-Stammtisch Saar am Zuge. Vier seiner insgesamt 18 Mitglieder waren angetreten, in chronologischer Ordnung verschiedene Passagen aus den Abenteuerberichten des weltweit bekannten Autors zu lesen. Hans-Albert Eiswirth machte den Anfang mit einer Lesung aus dem Orientzyklus "Durch die Wüste", die sich auf die Befreiung Senitzas durch den Wasserstollen bezog. Man hatte sich geeinigt auf Ausschnitte, die sich unter der Erde abspielen, "stilecht" eben, wie es Hubert Dörrenbächer aus Sulzbach verkündete. Von ihm war alsdann über eine Verfolgungsjagd im Bergwerksstollen aus dem Werk "Der verlorene Sohn" zu hören - also aus einer dieser weniger bekannten Geschichten, die eben nicht in fernen Kontinenten spielen, sondern bei den Webern des Erzgebirges und damit in der Heimat Karl Mays. Da aber die Gestalten Winnetou und Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi mit dem Namen des erfindungsreichen Abenteuerschriftstellers aufs engste verbunden sind, kamen auch sie zur Sprache: Old Shatterhand und sein rothäutiger Freund in der von Werner Cappel gelesenen Szene im Quecksilberbergwerk aus "Satan und Ischariot I (Die Felsenburg)" und Kara Ben Nemsi im Roman "Im Reiche des Silbernen Löwen", aus dem Frank Rainer Huck die Fahrt über einer unterirdischen See vortrug.

Wenn auch schon lange kein Wasser mehr im Schacht des Salzbrunnens zu sehen ist, so ließ doch die Enge der Umgebung und dieser Geruch nach Feuchtigkeit und Moder ein wenig von dem Geschehen unter der Erde erahnen, das Karl May so bildhaft und wortreich beschreibt. Und eines ist klar: wärmende Kleidung ist hier auch im Sommer angesagt.

Hintergrund

Karl May wurde 1942 als Carl Friedrich May in Ernstthal im Erzgebirge als fünftes von 14 Kindern eines Webers und einer Hebamme geboren und war bis zu seinem fünften Lebensjahr blind. Als ausgebildeter Lehrer arbeitete er nur kurze Zeit, da er wegen Diebstahls zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Danach verdiente er seinen Lebensunterhalt mit Privatunterricht, Rezitationen und Gelegenheitsarbeiten und wurde immer wieder straffällig - unter anderem saß er vier Jahre im Zuchthaus Waldheim (Sachsen), wo er sich intensiv weiterbildete. Von 1875 bis 1978 war er in Dresden als Redakteur tätig und veröffentlichte seine ersten Erzählungen.

Ab 1888 arbeitete er als Mitarbeiter in einem Stuttgarter Verlag und veröffentlichte ab 1892 Reiseerzählungen, die im Nordwesten der USA oder im Vorderen Orient spielten. Es folgten seine erfolgreichen Roman "Winnetou", "Old Shatterhand", "Kara Ben Nemsi" und viele andere, in denen er den Leser in weit entfernte Länder entführte, die er selbst nie kennengelernt hatte. qb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort