Lehren aus dem "Fall GSW"

Völklingen. Am Tag nach dem einstimmigen Beschluss des Völklinger Stadtrats, der der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GSW) finanziell wieder Luft verschafft für den Weiterbau des Völklinger Carré an der Ecke Poststraße/ Bismarckstraße: Erleichterung bei GSW- und Rathausspitze, Ernüchterung und Kopfschütteln bei den Ratsfraktionen

Völklingen. Am Tag nach dem einstimmigen Beschluss des Völklinger Stadtrats, der der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GSW) finanziell wieder Luft verschafft für den Weiterbau des Völklinger Carré an der Ecke Poststraße/ Bismarckstraße: Erleichterung bei GSW- und Rathausspitze, Ernüchterung und Kopfschütteln bei den Ratsfraktionen. Und Einigkeit hier wie dort: Es gilt zu lernen aus den Fehlern beim Bau des Völklinger Carré. Wie, ist aber noch offen. SPD-Fraktionschef Erik Kuhn (Foto: privat), der vor der Ratssitzung am Dienstagabend den sofortigen Rücktritt der GSW-Geschäftsführer Dieter Füchsle und Klaus Lorig gefordert hatte, berichtet, dass seine Fraktion diskutiert habe: "Was kommt für die Stadt teurer?" Ergebnis: Auch ohne die jetzt beschlossenen Finanzhilfen hätte die Stadt, als Gesellschafterin der GSW, zahlen müssen fürs Völklinger Carré. Der Verwaltungsvorschlag (siehe "Hintergrund") koste die Stadt weniger. Also habe die Fraktion zugestimmt. Einen Wechsel in der GSW-Geschäftsführung will die SPD weiterhin, aber nicht sofort: "Es macht ja keinen Sinn, Regelungen für einen Kredit zu beschließen, wenn dann niemand die Verhandlungen mit den Banken weiterführt." In der nächsten Ratssitzung am 31. August will die SPD jedoch über "personelle Konsequenzen" bei der GSW reden. Das, bestätigen Manfred Jost (Grüne), Berthold Annel (Freie Wähler) und Stefan Rabel (CDU), sei ein übereinstimmender Wunsch aller Fraktionen; "so etwas" - sprich: eilige Rats-Sondersitzungen in den Ferien, dabei nur mündlich vorgetragene Information - dürfe sich nicht wiederholen. Für Jost und Annel hat die Ratssitzung immer noch viele Fragen offen gelassen. Rabel spricht von "strukturellen Veränderungen", die bei der GSW nun nötig seien. Annel sagt: "Das Vertrauen ist weg." Und Kuhn hält fest: "Wir sind belogen worden von den beiden GSW-Geschäftsführern, das lassen wir uns als Stadtrat nicht bieten."Die GSW-Geschäftsführer Dieter Füchsle (Foto: bub) und OB Klaus Lorig (Foto: privat) erklären, wie die Finanzklemme zustande kam: Man wollte einen Groß-Mieter fürs Carré gewinnen, damit auch günstigere Kredit-Konditionen; als das misslang, wurde die Zeit knapp - ja, Fehler, räumen sie ein. Auch sie wollen "Strukturen verändern". Und mit Blick auf den Rat sagt Lorig: "Wir müssen mehr Informationsmaterial herausgeben." Aufsichtsratsvorsitzender Wolfgang Bintz (Foto: privat) seinerseits will den Aufsichtsrat öfter einberufen, "mindestens einmal pro Quartal". Das Gremium soll ständig informiert sein über Liquiditätsfragen und jeden Baubeginn ausdrücklich genehmigen. Kredit-Fragen will Bintz künftig früh "im Stadtrat vorbereiten".

HintergrundGeschäftszweck der Gemeinnützigen Städtische Wohnungsgesellschaft (GSW) mbH ist laut Gesellschaftervertrag "eine sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung". Außerdem kann sie Bauten aller Art errichten, betreuen, bewirtschaften und Aufgaben "des Städtebaus und der Infrastruktur" übernehmen. Das hat die GSW etwa bei den Neubauten für Arbeitsagentur und Arge in der Poststraße getan. Für die Bau-Kredite bürgte die Stadt. Beim Neubau des Völklinger Carré sollten Kredite ohne städtische Hilfe eingeworben werden. Das misslang. Um die GSW vor der Insolvenz zu bewahren, beschloss der Stadtrat am Dienstag - einstimmig - auf Vorschlag der Verwaltung, dass die Stadt mit Hilfe eines Sonderkredits das GSW-Kapital um 1,1 Millionen Euro aufstockt. Und dass zudem ein Bankkredit über 1,7 Millionen Euro in der Grundschulden-Rangfolge vor die städtischen Forderungen rückt.Ende 2008 hatte die GSW ein Anlagevermögen von 29 Millionen Euro und Verbindlichkeiten von rund 14 Millionen Euro, davon 12,2 Millionen Euro bei der Stadt. Die hatte der GSW bei deren Gründung 1983 kommunale Häuser übertragen. Diese städtischen Forderungen, zins- und tilgungslos, werden in der GSW-Bilanz als "Eigenkapital ersetzendes Darlehen" behandelt. dd

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